Reispudding mit Zimt (German Edition)
hat es mit deinem Vorstellungsgespräch geklappt?“
„Stell dir vor, man hat mich genommen. Ich bin jetzt Chef de Partie im 'Seaview'.“
„Hey, super'“, freut sich Freddy mit mir, „du hast es verdient. Ich wünsche dir viel Glück in deinem neuen Job.“
Chris zieht mich mit ernstem Gesicht weg von dem Stand. „Komm, wir setzten uns dort drüben auf die Bank.“
Zufälligerweise ist es ausgerechnet „unsere Bank“, die er ansteuert, die Bank auf der ich gelegen habe, als er mich von der Gräte befreit hat.
Ich stehe davor. „Soll ich mich drauf setzten, oder gleich wieder drauf legen?“, scherze ich.
Aber Chris ist nicht zum Scherzen zumute.
„Ich habe ein wenig über das, was du vorhin gesagt hast nachgedacht“, sagt er. „Du hast natürlich Recht. Die Tatsache, dass du für meinen Vater arbeitest, ist schon problematisch. Und ja, ich weiß schon seit einiger Zeit, dass das Restaurant nicht gut läuft. Es ging etwa vor vier Jahren los. Bis dann lief das Restaurant ganz gut. Wir hatten immer einen satten Profit zum Ende des Monats. Da entwickelte mein Vater auf einmal einen ungeheuren Ehrgeiz. Er wollte partout einen Michelin Stern für sich ergattern. Ich glaube, er wollte Liz beeindrucken. Sie war die Tochter eines Member of Parliament und kam regelmäßig mit ihren Eltern zum Essen. Er dachte wohl, dass er den vermeintlichen Rangunterschied mit einem Stern ausgleichen könnte. Er entwickelte ein ungeheuer anspruchsvolles Menü und – siehe da – es klappte. Damals hatten wir noch ein Riesenpersonal und es gab ein rauschendes Fest zur Feier des Sterns. Die Fotos hängen übrigens eingerahmten im Eingangsbereich des Restaurants. Ich weiß nicht, ob sie dir aufgefallen sind.“
Ich nicke. Ja, die Fotos sind so stolz ausgehängt, dass man sie gar nicht übersehen kann.
„Und letztendlich hat er auch sein Ziel erreicht“, fährt Chris fort, „Liz hat sein Werben erhört und sie haben geheiratet.“
„Na dann ist doch alles toll“, sage ich, „Happy End inklusive.“
„Eben nicht Happy End“, sagt Chris.
Er wischt seine Finger mit der Papierserviette ab, knüllt sie zusammen und wirft sie mit dem Pappdeckel in den Abfall.
„Du siehst unwahrscheinlich süß aus, wie du deinen Fisch so genussvoll verspeist“, sagt er nun und küsst mich auf den Nacken. Ich kaue noch.
„Mm. Schmeckt auch gut. Aber zurück zu deinem Vater: Wieso ist es kein Happy End?“
„Das herauszufinden, überlasse ich am besten dir“, meint Chris, „Ich glaube sogar, du hast schon eine Ahnung.“
Nun werfe ich meinen Abfall weg. Wir stehen auf und schlendern am Strand entlang.
„Warum sagst du mir nicht einfach alles?“, frage ich ungeduldig.
„Aus dem einfachen Grund, dass ich mich aus allem, das zwischen dir und meinem Vater beruflich oder auch sonst passiert, heraus halten möchte. Ich glaube, das ist die allerbeste Lösung für unser Problem. So kann mein Vater sich nicht mir gegenüber über dich äußern und du brauchst nicht mit mir über ihn reden. Ich wäre sozusagen neutrales Terrain, wie die Schweiz.“
Ich bücke mich nach einem Karneol und halte ihn gegen das Sonnenlicht. Ich muss nachdenken. Eigentlich hatte ich mich darauf gefreut, mit Chris über meine Arbeit zu sprechen. Und ich muss mir eingestehen, dass ich gehofft hab, von ihm so einiges an Insider-Wissen zu bekommen, damit mir der Zustand des Restaurants leichter verständlich wird.
Der Karneol glüht rot. „Schau, wie schön“, sage ich Chris.
Er nimmt den Stein in die Hand. „Die haben wir als Kinder auch immer gesammelt.“
„Ich auch“, sage ich, „wir haben unsere Ferien ganz oft in Aldeburgh verbracht.“
Chris sieht mich an. „Stell dir vor, vielleicht sind wir uns damals am Strand schon begegnet und wissen es heute nicht mehr. Irgendwie ein eigenartiger Gedanke, nicht?“ Er steckt den Stein als Andenken in seine Jeanstasche.
„Hey, den wollte ich behalten“, protestiere ich.
„Der gehört mir. Such dir selber einen neuen“, entgegnet Chris.
Aber er kennt mich wohl noch nicht gut genug. Von meiner Sturheit hat er keine Ahnung, der Arme.
Ich greife in seine Tasche und schon habe ich den Stein wieder. Wir kitzeln uns gegenseitig und rangeln ein wenig, aber letztendlich bin ich der Sieger.
Lachend gehen wir Arm in Arm weiter.
Dann fällt mir unser Gespräch wieder ein. Chris hat Recht. Sicher ist das die beste Lösung für unsere Situation.
„Wir machen es so:“, sage ich, „wir reden nicht über
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