Reispudding mit Zimt (German Edition)
hoffnungslos überschuldet ist? Würde das bedeuten, dass Chris sein Musikstudium an der Royal Academy an den Nagel hängen muss?
Ich merke, dass ich mich wegen meiner Beziehung mit Chris in das Wohl oder Weh des „Seaview“ viel mehr hereinhänge, als die normale Angestellte es tun würde. Wenn es um ein anderes Lokal ginge, könnte ich einfach mit einem Schulterzucken kündigen und mich nach etwas Neuem umsehen. Wie der Sous Chef es wahrscheinlich getan hat. Aber hier geht es um Chris' Vater und um seine Familie. Und Chris bedeutet für mich alles.
Als ich elf Uhr am 'Seaview' ankomme, steht Gregory schon vor dem Restaurant und hält ungeduldig Ausschau nach mir.
„Wir müssen doch einkaufen gehen, schon vergessen?“
„Ach ja. Gut, du weißt den Weg, ich folge dir.“
Gregory steuert zu meiner Verwunderung einen kleinen, exklusiven Lebensmittelladen an, der mitten in der teuersten Ecke der Altstadt liegt, zwischen Luxusläden und Galerien.
Er hat die Hand schon am Türgriff, als ich ihn frage: „Warum gehen wir denn um Himmels Willen hier in diesem teuren Laden einkaufen? Was steht denn alles auf deiner Liste?“
Gregory liest vor.
Ich runzle die Stirn. „Das kriegen wir alles auch im Coop am Ende der High Street. Komm, da gehen wir jetzt hin.“
Aber Gregory erbleicht regelrecht. „Nein, das dürfen wir nicht“, wehrt er ab. „Da kriege ich einen Mordsärger mit dem Chef.“
„Hä?“, frage ich ungläubig, „Wieso?“
„Weil Mr. Grantley meint, dass man nicht für eine Sterne-Restaurant im Coop einkaufen kann. Die Leute sehen das und reden dann.“
„So ein Quatsch“, sage ich, „Das ist den Leuten doch schnurzegal. Auf das Ergebnis auf dem Tisch kommt es doch an.“
„Ja aber...“,
„Nichts aber, ich nehme das auf meine Kappe“, sage ich energisch, „Komm mit!“
Ich muss den Jüngling fast körperlich und unter seinen heftigsten Protesten zum Coop zerren. Dort nehme ich einen Einkaufswagen, wähle die beste und frischste Ware aus, die ich finden kann und schiebe damit zur Kasse. Gregory hat die vom Chef mitgegebene Geldbörse. Darin sind hundert Pfund in kleinen Scheinen. Hundert Pfund! Na gut, denke ich, es handelt sich schon um ein etwas edleres Lokal, da muss man schon etwas investieren. Doch an der Kasse bezahlen wir nur vierzig Pfund. Gregory staunt nicht schlecht. Er gibt zu, dass die hundert Pfund in dem anderen Laden manchmal nicht gereicht hätten, um die Einkäufe zu decken.
Ich bin ziemlich zufrieden mit meiner Leistung und gehe gut gelaunt mit Gregory zurück zum Restaurant.
Da wartet Adrian tatsächlich schon auf mich. „Wir wollten doch über den Betrieb sprechen.“
Er sitzt schon am Tisch mit einem dampfenden Kaffeebecher vor sich. Ich versorge mit Gregory nur schnell die Einkäufe, dann setze ich mich dazu und sehe meinen Chef erwartungsvoll an.
„Moment noch“, sagt er und schnippt in Gregorys Richtung. „Hast du nicht etwas vergessen, junger Mann?“
Gregory zieht den Kopf ein, sucht die Einkaufsquittung heraus und blättert Adrian das Wechselgeld hin. Dabei macht er ein Gesicht, als hätte er etwas ausgefressen.
„Ich achte immer darauf, eine genaue Abrechnung zu bekommen“, sagt Adrian zu mir. „Das wäre dann auch schon Punkt Eins von meinen Ausführungen. Wir wollen nicht, dass es irgendwelche finanziellen Unregelmäßigkeiten gibt.“ Dabei blickt er beiläufig auf den Bon. Plötzlich erstarrt er. Er sieht Gregory finster an. „Das ist eine Quittung vom Coop.“
Gregory sieht mich an, als wolle er sagen: „Siehst du? Was habe ich gesagt?“
Adrians Stimme ist eisig. „Seid ihr etwa im Coop einkaufen gewesen?“
Gregory bringt kein Wort heraus, sondern zeigt mit dem Finger auf mich.
Adrian sieht nun mich an. „Hier liegt anscheinend ein Missverständnis vor“, sagt er, „Gregory hat dir wohl nicht gesagt, dass wir ausschließlich im Bioladen in der Dorfmitte einkaufen.“
„Doch“, sage ich, „aber ich konnte den Sinn nicht einsehen, Chef. Sehen Sie sich die Quittung an und das Wechselgeld. Sie werden sehen, dass wir über die Hälfte gespart haben, weil wir den großen Lebensmittelhandel bevorzugt haben.“
Adrian scheint sich nur mit Mühe beherrschen zu können. „Bin ich hier der Chef, oder du, Anna? Wenn ich sage, dass ihr im Dorf einkauft, dann tut ihr das auch, verstanden?“
„Aber warum?“, wage ich dennoch zu fragen.
„Aus einem ganz einfachen Grund. Wie du weißt, ist das hier ein Dorf. Jeder Mensch in
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