Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
darum herum. Das wäre ein Segen, sie hatte weiß Gott schon genug hinter sich.
So leise wie möglich schloss sie die Haustür auf. Alles blieb totenstill. Dann sah sie die Bescherung. Das Wohnzimmer sah aus wie ein Schlachtfeld. Der Fußboden war übersät mit Glassplittern. In einer Wasserlache lagen die Rosen oder vielmehr das, was von ihnen noch übrig war. Dann sah sie den Zettel. Sie starrte auf die kleine, gestochen scharfe Handschrift ihres Mannes. Es las sich wie eine Kündigung.
‚Wir sind quitt.’
„Kommen Sie nur herein, Sie kennen sich ja schon aus!“
Herr Winkler hatte sich Mühe mit seinem Aussehen gegeben, das war nicht zu übersehen. Nur seine Frisur war eine echte Katastrophe. Leni musste sich das Lachen verbeißen. Er gehörte zu den Männern, die ihre verbliebenen Haare in langen Strähnen über die kahlen Stellen auf dem Kopf drapierten. Mit ihren Pumps war sie etwas größer als er und hatte einen guten Ausblick auf das kunstvolle Arrangement. Als würde er ihren Blick spüren, nestelte er prompt auf seinem Kopf herum.
„Das ist ja eine nette Begrüßung!“, lenkte sie ab.
Er deutete eine Verbeugung an und ließ ihr den Vortritt. Leni staunte nicht schlecht, im Wohnzimmer hatte sich einiges verändert. Der Couchtisch war gedeckt, es gab sogar Blätterteigstückchen. Sie machte es sich in einem Sessel bequem, während Arthur in die Küche ging. Etwas drückte sie im Rücken. Sie tastete hinter das lose Kissen und fand ein zusammengeknülltes T-Shirt. Gerade als sie es herausgezogen hatte, kam Arthur mit der Kaffeekanne zurück. Er starrte entgeistert auf das Hemd und stellte hastig den Kaffee auf dem Tisch ab.
„Geben Sie das her.“ Er riss ihr das Hemd aus der Hand. Tür auf, reinwerfen, Tür zu, blitzschnell ging das. Mit rotem Kopf setzte er sich auf die Couch ihr gegenüber. Leni hatte eine düstere Phantasie von einem Zimmer, in dem sich ein riesiger Berg schmutziger Wäsche türmte.
„Machen Sie sich nichts draus. Ich bin auch nicht besonders ordentlich“, behauptete sie tapfer.
Schweigend goss er Kaffee ein. Warum konnte dieser Mensch sie nicht ansehen? Und so richtig gesprächig war er auch heute nicht.
„Sie sehen viel besser aus als vor ein paar Tagen“, begann Leni die Unterhaltung.
„Ich muss mich noch bei Ihnen bedanken. Oder besser: entschuldigen. Das ist mir alles sehr unangenehm“, nuschelte er in seine Tasse. Männer und ihre Eitelkeit!
„Denken Sie sich nichts dabei. Das Wetter war drückend, da hat Ihr Kreislauf verrückt gespielt.“
Einfacher konnte sie es ihm nun wirklich nicht machen. Jetzt war er wieder dran, aber er rührte stumm in seinem Kaffee. Leni rutschte unbehaglich in ihrem Sessel herum. Wollte sie wirklich mit diesem seltsamen Kerl zusammen wohnen? Aber sie hatte keinen Plan B.
Die Stückchen sahen lecker aus. Sie nahm eines und biss ab. Es knackte laut, und einige Brösel fielen herunter. Schnell nahm sie ihren Teller und hielt ihn sich unters Kinn. Das trockene Gebäck blieb ihr im Hals stecken, und sie griff nach ihrer Tasse.
„Der Kaffee ist gut“, lobte sie. Immerhin konnte er Kaffee kochen, das war mehr, als Thomas drauf hatte. Aber sonst?
„Wieso wollen Sie eigentlich untervermieten?“
„Das war die Idee meiner Frau.“
Er nahm seine Hände von den Armlehnen und faltete sie über dem Bauch.
„Von meinen Söhnen habe ich ja schon erzählt. Seit die weg sind, ist das Haus viel zu groß. Außerdem wollten wir schon immer reisen. Hauptsächlich ich“, fügte er hinzu.
„Meine Maria brauchte nur ihren Garten, dann war sie glücklich.“
Beim Stichwort Garten beugte sich Leni erwartungsvoll vor.
„Na ja, damit das Haus dann nicht leer steht, kam Maria auf diese Idee. Wir dachten an eine ältere Dame.“
Er schaute aus dem Fenster und schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein. Leni erhob sich und ging zur Terrassentür. Von hier aus hatte man einen schönen Blick auf den Rasen. Dahinter stand der kleine Pavillon, den sie neulich schon gesehen hatte.
„Ich habe auch ein Kind, eine Tochter. Die ist natürlich auch schon erwachsen und wohnt nicht mehr bei uns.“
„Ich dachte, Sie sind alleinstehend?“
Leni biss sich auf die Lippen. Zu blöd, sie hatte Thomas gar nicht erwähnen wollen.
„Wenn, würde ich hier allein einziehen.“
So konnte sie das nicht stehen lassen.
„Mein Mann und ich haben zurzeit ein paar Probleme. Und ich halte es für besser, wenn wir uns eine Zeitlang trennen. Ich kann also nicht
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