Reptilia
stimmt. Es ist ein Impakt.«
»Ein was?«
»Ein Meteoritenkrater.«
Ein merkwürdiges Kribbeln breitete sich über meinem Rücken aus. »Bist du sicher?«
»Das berichten jedenfalls die Fachzeitschriften. Grobe Schätzungen gehen davon aus, dass der Einschlag vor ungefähr achtzig Millionen Jahren stattfand.«
»Das hieße: in der oberen Kreidezeit.«
Tief in Gedanken versunken murmelte ich vor mich hin: »Kreidezeit, Saurierzeit.«
»Was hast du gesagt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nichts Wichtiges. Nur so ein Gedanke. Die obere Kreidezeit war die Blütezeit der Dinosaurier, ehe sie vor fünfundsechzig Millionen Jahren, am Ende der Kreidezeit, ausstarben. Neueste Forschungen gehen davon aus, dass sie durch eine kosmische Katastrophe ums Leben kamen. Durch den Einschlag eines Asteroiden von den Ausmaßen einer Großstadt. Er schlug auf der Yukatan-Halbinsel in Mexiko ein, mit einer solchen Wucht, dass sich ein Krater von zweihundert Kilometern Durchmesser bildete. Die Ränder sind noch heute zu erkennen. Der Einschlag blies so viel Staub in die Atmosphäre, dass die Sonneneinstrahlung getrübt wurde und sich die globale Temperatur um einige Grad abkühlte. Für die Saurier und andere hoch spezialisierte Tiergattungen bedeutete es das Aus. Sie konnten sich nicht schnell genug anpassen. Die Zeit der Säugetiere war angebrochen.«
Sarah berührte mich wie zufällig am Knie. »Unsere Zeit.«
Ich schlürfte an meinem Absinth und grinste. »Es gibt allerdings Theorien, dass zumindest eine Saurierart die Katastrophe überlebt hat. Kleine, fleischfressende, warmblütige Saurier, die ein Federkleid ausgebildet hatten.«
Sarah sah mich erstaunt an. »Ich verstehe nicht …«
»Vögel. Unsere netten, zwitschernden Gartenbewohner sind nichts anderes als eine Weiterentwicklung kleiner Raubsaurier. Wenn du mal einen Strauß in vollem Galopp gesehen hast, kannst du es sogar ein Stück weit nachvollziehen.«
Sie grinste. »Woher weißt du das alles, wo du dir doch nicht mal eine Einkaufsliste merken kannst?«
»Steht alles in meinem Playboy-Abonnement«, grinste ich. »Du weißt schon, in den Artikeln, die man liest, wenn man mit den Hochglanzbildern und den Artikeln über schnelle Autos durch ist.«
Sie hob abwehrend die Hände und lachte. »Hätte ich bloß nicht gefragt. Aber was haben die beiden Einschläge miteinander zu tun? Dir ist doch vorhin ein Gedanke gekommen, den du nicht ausgesprochen hast.«
»Weil er zu abwegig ist. Zu unwissenschaftlich. Es war nur so eine Idee: Falls ein Meteoriteneinschlag in der Lage war, die Saurier auszulöschen, könnte ein anderer es vielleicht einer kleinen Gruppe ermöglicht haben zu überleben, verstehst du?«
»Nicht wirklich.«
Ich seufzte und blickte auf die Uhr. Es war schon nach zwölf. »Ich eigentlich auch nicht. Ich weiß nur, dass ich hundemüde bin und morgen um Viertel vor sieben ins Flugzeug steigen muss. Wenn ich jetzt gleich in meine Wohnung fahre, bleiben mir noch etwa vier Stunden Schlaf.«
»Dann bleib doch hier.« Sie schaltete den Computer aus und blickte mir tief in die Augen. Ich hielt ihrem Blick stand, und plötzlich entdeckte ich wieder diesen grünen Schimmer.
»Ich weiß nicht, ob das so gut wäre.«
»Du könntest jetzt sowieso nicht schlafen. Absinth wirkt wie ein Aufputschmittel.«
»Hab ich auch schon gemerkt.«
»Schlafen kannst du auch im Flugzeug.« Mit diesen Worten begann sie den Reißverschluss ihres Kleides zu öffnen. Sehr langsam. Die Träger glitten von ihren Schultern und entblößten ihre Brüste. Ich fühlte, wie meine Widerstandskräfte schwanden. Und als sie mich küsste und meine Hand auf ihre nackte Haut legte, spürte ich, dass ich den Kampf verloren hatte.
12
Dienstag, 9. Februar
Lac Télé Reservat
Das Gewitter, das den Himmel zerriss, war schlimmer als alles, was Egomo bisher erlebt hatte. Prasselnder Regen in einem Inferno aus Licht und Schatten. Angsterfüllt drückte er sich an den Stamm eines Gummibaums. Er konnte nicht glauben, dass dieses Unwetter ausgerechnet ihn heimsuchte und ausgerechnet an diesem Ort. Ein weiterer Blitz tauchte den Dschungel bis hinunter ins Unterholz in grelles Licht. Keine Sekunde später donnerte es ohrenbetäubend. Ein Knall, wie ihn Egomo noch nie zuvor gehört hatte, brandete durch den Wald, brach sich und wurde vielfach zurückgeworfen. Egomo lief ein Schauer über den Rücken. Er hatte schon viele Gewitter erlebt, aber dies war kein gewöhnlicher Donner gewesen. Es hatte
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