Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout (German Edition)
und Konflikte‹. Es gehe vielmehr darum, dass Kinder und Jugendliche auchselbst Aktivität entwickeln können. Dass sie ihr eigenes Leben mitgestalten und ihre Probleme zupackend bewältigen. Allerdings können sich Kinder auf Dauer nicht selbst resilient machen, betont Corina Wustmann Seiler. »Denn Kinder sind viel stärker von ihrem Lebensraum abhängig als Erwachsene und aufgrund dessen wesentlich mehr auf stützende Systeme angewiesen.«
Alle Erziehenden können und sollen deshalb dazu beitragen, »dass das Kind Vertrauen in die eigene Kraft und die eigenen Fähigkeiten gewinnt, dass es sich selbst als wertvoll erlebt und dass es durch seine eigenen Handlungen Veränderung bewirkt«, so Georg Kormann.
Wenn Kinder beispielsweise von früh auf in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden werden, können sie ein Gefühl entwickeln, selbstwirksam zu sein und Kontrolle über ihr eigenes Leben zu haben.
Wenn Kindern realisierbare kleine Verantwortlichkeiten übertragen werden – zum Beispiel Ansprechpartner für einen Erstklässler zu sein oder vor dem Unterricht den Raum zu lüften –, dann gewinnen sie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und lernen, selbstbestimmt zu handeln.
Wenn Kinder schon zu einem frühen Entwicklungszeitpunkt erfahren, dass sie sich mit ihren Problemen an ihre Eltern oder andere Personen aus ihrem Umfeld wenden können, wird ihnen vermittelt, sich in schwierigen Situationen um soziale Unterstützung zu bemühen.
Wenn Kinder frühzeitig lernen, sich auf ihre Stärken zu besinnen und das Positive an sich selbst und an belastenden Situationen zu sehen, werden sie sich von Problemen weniger verunsichern lassen und weniger Stress erfahren.
Wenn Kinder erleben, dass man sich mit Problemen bewusst auseinandersetzen kann und sich Konflikte gemeinsam lösen lassen, weichen sie Problemen nicht aus, sondern lernen, nach Lösungen zu suchen.
Wenn Kindern geholfen wird, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu verwirklichen, und wenn sie frühzeitig mitentscheiden dürfen, können sie einen Sinn in ihrem Leben entdecken.
Zusammengefasst, sagt Kormann, brauchen wir »Schulen und Bildungseinrichtungen, die die Kompetenz der Kinder belohnen und ihnen Glauben an das Leben geben«.
Wie viel Mutti braucht das Kind?
Die irritierten Blicke ist Raina Cravciuc schon gewohnt. Wenn die Gruppenleiterin einer Kinderkrippe in München-Sendling mit ihren Schützlingen im Sechser-Wagen ausfährt, begegnet sie immer wieder besorgten Passanten: »So klein und schon im Kindergarten«, sagen sie voller Mitgefühl. Die Ansicht, Kinder gehörten drei Jahre lang ausschließlich in die Obhut der Mutter, ist in Deutschland noch weit verbreitet. In kaum einem anderen Land der Welt werden Mütter derart von schlechtem Gewissen verfolgt, wenn sie ihre Kinder vor dem dritten Geburtstag Fremden anvertrauen. »Ein Vorschulkind leidet wahrscheinlich darunter, wenn die Mutter berufstätig ist« – dieser Aussage stimmten im Jahr 2006 in einer Eurobarometer-Umfrage noch 60 Prozent der Westdeutschen zu. Das wirkt sich auch auf das Verhalten der Mütter aus: Nur 44 Prozent der Frauen mit Kindern unter fünf Jahren arbeiten hierzulande. Damit liegt Deutschland auf dem letzten Platz in der EU.
Aber sind die Sorgen überhaupt begründet? »Nein«, sagt die Psychologieprofessorin Stefanie Jaursch. Alle neueren wissenschaftlichen Untersuchungen zum Wohlbefinden von Krippenkindern lassen nur einen Schluss zu, so Jaursch: dass »die politischen Auseinandersetzungen um die Berufstätigkeit von Müttern mehr auf Ideologien als auf Fakten beruhen«.
Im Jahr 2010 haben US-Psychologen sämtliche Literatur zur Krippenforschung aus den vergangenen 50 Jahren zusammengefasst. »Kinder, deren Mütter schon vor dem dritten Lebensjahr an den Arbeitsplatz zurückkehren, leiden später nicht häufiger unter Schul- oder Verhaltensproblemen als Kinder, deren Mütter zu Hause bleiben«, lautete das Fazit der Entwicklungspsychologen um Rachel Lucas-Thompson; sie haben sich 69 Studien aus den Jahren 1960 bis 2010 noch einmal genauer angeschaut. Viele von diesen Studien waren alles andere als Momentaufnahmen.Manche verfolgten die Kinder sogar bis ins Erwachsenenalter. »Frauen, die bald wieder anfangen zu arbeiten, sollten sich nicht zu sehr um das Wohlbefinden ihrer Kinder sorgen«, resümiert Lucas-Thompson. Witzigerweise ergab sich unter allen zusammengefassten Daten nur ein statistisch aussagekräftiger Unterschied zwischen den Kindern von
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