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Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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berufen.«
    Brand stand auf und stellte sich neben Markes. »Ein solches Talent ist aber auch nicht gerade gewöhnlich, Lenoir.«
    »Ist es dein Wunsch, in das Komitee aufgenommen zu werden, Markes?«
    Markes hob den Kopf und sah jedem der am Tisch Sitzenden in die Augen, Lenoir zuletzt. Retra fand, dass sein Blick glasig und abwesend wirkte. Was hatte er genommen, bevor er hierhergekommen war? Was hatte Modai ihm gegeben?
    »Es wäre mir eine Ehre, Wächter«, erwiderte Markes.
    Lenoir zuckte die Achseln. »Na gut.«
    »Der Eid, bitte, Brand«, sagte Varonessa.
    Die narbige Frau fuhr sich mit der Zunge über die Lippe und stieß ein kehliges Lachen aus. »Sprich mir nach … Ich gelobe, die Charta von Ixion zu achten und ihre Grundsätze bis zu meinem letzten irdischen Atemzug zu befolgen.«
    »Ich gelobe …«
    Kaum hatte Markes die ersten Worte gesprochen, stieg eine Furcht in Retra auf, und sie sah, wie ein Dämon aus dem kalten Steinboden und an Markes hochkroch, die feucht glänzenden Zähne wie ein weiteres Paar Hände einsetzend. Zielstrebig kletterte er auf seinen Hals zu.
    Nein! Retra sprang von der Bank auf und rannte zu dem Tisch hinüber.
    Doch bevor sie bei Markes war, fing ein Riper sie ab. Seine starken Finger bohrten sich in ihren Oberarm.
    Sie versuchte sich loszureißen. »Markes, nicht!«
    Der Dämon hielt inne und drehte den abscheulichen Kopf. Viele feuchte Augen blinzelten sie an.
    Retra unterdrückte einen Schrei. Es konnte nicht wahr sein, und doch sah es so echt aus. Was geschah da gerade mit ihr? Sie hatte die Pastille doch gar nicht genommen, so wie das Mal davor.
    Alle Riper drehten sich um und starrten sie an, wie sie im Arm des Ripers hing. Auch Lenoir.
    »Was ist los, kleine Fledermaus? Warum störst du unsere Sitzung?« Lenoirs Ton war zwar mild, doch seine Stimme drang in die dunkelsten Ecken ihres Geistes wie eine Fackel. Retra brachte keinen Ton heraus. Vor Verlegenheit und Angst fehlten ihr die Worte. Als sein Blick auf ihr brannte, sah sie das Erkennen darin. Er wusste, wer sie war.
    Sie riss den Blick von Lenoir los und sah Markes an, um ihn anzuflehen, sich zu verweigern.
    Auch er betrachtete sie, und jetzt las sie Überraschung und Verwirrung in seinen Augen.
    Lenoir sah es und runzelte die Stirn. »Aaaah … hast du dich verliebt, Fledermäuschen? So bald schon? Du beweist zwar einen ausgezeichneten Geschmack, jedoch wenig Sinn für Anstand oder den rechten Zeitpunkt. Nun frage ich dich erneut: Warum willst du diesen Jungen davon abhalten, Ixion zu dienen?«
    Retra rang um Worte. »I-ich sehe Gefahr auf ihn zukommen – auf euch alle.«
    »Du siehst Gefahr?« Jetzt schenkte ihr Lenoir seine ganze Aufmerksamkeit. Sein Körper war angespannt, als er sich zu ihr vorbeugte. Seine Präsenz und die Autorität in seinen glitzernden Augen lähmten sie, hielten sie fest. Seine vollkommenen Lippen öffneten sich leicht, was sein Gesicht weicher werden ließ und ihm etwas Edles verlieh.
    Retras Haut begann zu schmerzen, als hätte sie sich verbrannt oder gestochen oder geschnitten. Und sie wusste sofort, dass es ein Fehler gewesen war, von ihrer Vision zu sprechen. »Ich meine … wir sind neu hier, und ich habe Angst um ihn.«
    Überrascht hoben sich Lenoirs Augenbrauen. »Ist das so?«
    Retra versuchte alle Überzeugungskraft in ihre Antwort zu legen. Das Entsetzen, das sie fühlte. »Ja.«
    Er lehnte sich zurück, und für einen Moment schien es Retra, als wäre er unsäglich traurig. »Aber Ixion ist ein Ort der Freude, nicht der Angst.«
    »So habe ich es nicht erlebt.« Retra richtete sich auf und sah zu Brand hinüber.
    Die narbige Frau war überraschend schnell an ihrer Seite. »Darf ich sie nehmen, Lenoir?«
    »Nehmen, Brand?« Wieder so eine milde Frage.
    »Ich meine … ich wollte sagen … an einen passenderen Ort bringen.«
    Lenoir sah die Riper-Frau durchdringend an. »Wie zuvorkommend von dir, Brand. Ich hoffe, deine Absichten sind auch wirklich ehrenhaft? Anders als bei deinem früheren Zusammentreffen mit ihr.«
    »Sie scheint freimütiger zu sein als die meisten anderen. Ich möchte ihr erklären, dass es sich nicht schickt, sich so zur Schau zu stellen. Das ist alles.«
    Retra hörte den Ärger in Brands sanftem Ton.
    Argwöhnisch kniff Lenoir die Augen zusammen, lehnte sich dabei aber ein weiteres Mal zurück und legte sogar ein Bein über die Armlehne des hochlehnigen Stuhls. »Bring sie nach Vank zurück. Charlonge hat ein Händchen für die Tollpatsche.«
    »Nicht

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