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Richard Dübell

Richard Dübell

Titel: Richard Dübell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allerheiligen
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herbestellt, Bruderherz?« Er beugte sich vor und griff nach der Pistole. »Du gestattest, dass ich öffne?«
    Eric legte eine schweißnasse und eiskalte Pranke auf Konstantins Hand und die Pistole.
    Konstantin sah auf und blickte seinem Bruder in die Augen. »Aber nicht doch«, sagte er mit leiser Stimme.
    Eric zog die Hand weg.
    Konstantin stand auf und nahm die Pistole an sich. Seine Verachtung war jetzt so groß, dass sie ihm wie ein bitterer Geschmack in den Mund stieg.
    »Bitte …«, flüsterte Eric mit weißen Lippen. »Bitte, Stani …«
    Es klingelte erneut, länger diesmal. Konstantin bahnte sich an einem herumstehenden Staubsauger, einem Putzeimer, der schon so lange dort stand, dass der Dreck im Wasser zu Boden gesunken war, und an einem Stapel benutzter Pizzakartons vorbei einen Weg zur Haustür, die Pistole in der rechten Hand an den Oberschenkel gepresst. Er fürchtete, wenn er noch einen Moment länger in der Küche geblieben wäre, hätte er seinen Bruder erschossen.
20 .
    Die Adresse, die Flora dem Protokoll entnommen hatte, gehörte zu einem kleinen Reihenmittelhaus. Es stand in einer Seitenstraße, die mehrere Drei- und Fünfspänner beherbergte, alle nach demselben Muster gebaut – Behausungen früherer Bahnbediensteter, mit günstigen Krediten der Bahn gebaut und in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts begehrte Statussymbole. Heute hätte kein Mensch mehr solche winzigen Buden gebaut, in denen zwei Stockwerke und ein Keller, in dem man sich bücken musste, mit Müh und Not achtzig Quadratmeter Nutzfläche ergaben. Von den Gleisen trennten die Seitenstraße nur die vielbefahrene Oberndorferstraße und das marode Parkhaus, wegen dessen Sanierung sich die Bahn und die Stadt Landshut in schöner Tradition in den Haaren lagen.
    Robert war im Auto geblieben, Harald und Peter standen bei dem niedrigen Gartentürchen. Das Haus hatte ein Vorgärtchen, das sich mit fünf Schritten durchqueren ließ. Die Dachneigung begann bereits im ersten Stock.
    Flora hatte den Finger auf dem Klingelknopf. Ein selbstklebendes Beschriftungsband hatte vor Jahrhunderten dem Klingelknopf einen Namen zugewiesen, aber alles, was davon noch übrig war, waren die graubraunen Überreste der Klebespur auf dem Klingelbrett. Peter hörte das Glockenschrillen im Haus und von den Gleisen her das zahnplombenziehende Geräusch eines bremsenden Zuges. Mittlerweile war es sommerlich heiß geworden. Der kleine Vorgarten wies den uneinheitlichen Pflegezustand eines Gartens auf, um den man sich in der letzten Zeit zu wenig gekümmert hatte. Das lang anhaltende heiße Wetter hatte den meisten Pflanzen nicht gutgetan.
    »Hier möchte man nicht tot überm Zaun hängen«, sagte Harald und warf Peter einen Seitenblick zu, der irgendwie zu sagen schien, dass er am Zustand des Anwesens schuld war.
    Flora drehte sich um und zuckte mit den Schultern.
    »Noch mal«, sagte Harald lustlos.
    Flora hob die Hand zum Klingelknopf, ließ sie dann jedoch wieder sinken. Hinter dem Riffelglas der unmodernen Haustür konnte jetzt auch Peter einen Schatten wahrnehmen, der sich der Tür näherte. Flora hielt ihren Ausweis in die Höhe und setzte ein freundliches Lächeln auf.
    Auf einmal war Peter vollkommen klar, dass Flora in Gefahr war. Er wusste nicht, woher die Ahnung kam – aber sie war so gegenwärtig und real, wie er hier stand. Sein Mund wurde trocken. Er keuchte unwillkürlich.
    Der Schatten riss die Tür auf.
21 .
    Konstantin war an der Tür. Die Pistole in seiner Hand war schussbereit. Er fasste mit der Linken die Klinke und hob die Rechte mit der Pistole vor das Gesicht. Undeutlich konnte er durch das Türglas sehen, dass jemand draußen stand, eine Hand erhoben. Die Umrisse der Gestalt waren verzerrt, doch er war sicher, dass es eine Frau war.
    Er drückte die Klinke hinunter. Sein Finger lag auf dem Abzug. Wenn es eine Polizistin war, würde er sofort schießen. Dann würde er nach draußen laufen und ihren wahrscheinlich ungläubig erstarrten Kollegen umlegen. Wenn er nur schnell genug handelte, bliebe ihm danach genügend Zeit, unerkannt zu flüchten, ohne dass die Nachbarschaft etwas mitbekam.
    Er riss die Tür auf.
22 .
    Peter rannte los, nahm die kurze Treppe zur Haustür hinauf im Flug und lief in den Mann hinein, der die Tür aufgerissen hatte. Mit der linken Hand vollführte er die lange geübte Abwehrbewegung, die eine Waffe zur Seite stoßen würde, mit der Rechten griff er an das andere Handgelenk des Mannes und fixierte

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