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Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition)

Titel: Risse in der Mauer: Fünf Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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Atmosphären und die Temperatur auf 183 Grad gehalten wird.
    Es ist nämlich eine altbewährte Erfahrung, daß das Personal dieser Zentrale, das Schichten von 163 Tagen macht, wonach dann einige hundert Tage dem Vergnügen (zum Teil raffinierter Art) und dem Schlaf gewidmet sind, sich bei 183 Grad tatsächlich am wohlsten fühlt und am besten arbeitet.
    Das Leben auf Melahim, wie auch auf allen anderen Planeten bis zum Abstand von mehreren Lichtjahren, ist nämlich etwas konservativ organisiert auf der Basis eines Schwefel-Wasserstoffzyklus und recht solider Massenverhältnisse, es hat nichts von unserem abenteuerlichen und schmetterlingsleichten Flattern in einem Sauerstoff-Kohlendioxydzyklus unter Druckverhältnissen, die ans Vakuum grenzen, und Temperaturverhältnissen, bei denen ein Bewohner von Melahim sich binnen weniger als einer Sekunde in ein sprödes Stück Kristall verwandeln würde.
    (Übrigens kann ich erwähnen, daß die Taschenuhr meines Großvaters, die so brav hier auf meinem Schreibtisch vor sich hin tickt, auf Melahim tatsächlich ganze 208 Kilo wiegen würde.)
    Also, wir müssen uns vorstellen, daß wir in der Schwefelsäure dahinschweben (wie eine bläuliche, prachtvolle Qualle mit einem Umfang von etwa zwölf Metern an ihrer dicksten Stelle und Tausenden von Flimmerhärchen, die von dem glockigen Körper herabhängen, manche davon träge und zerstreut in der Schwefelsäure wedelnd, andere aktiv, umherspähend, plaudernd, an den vielen hundert Lichtpunkten des Kontrollpults herumfingernd), auf eines der zentralen Kontrollpulte zu, und über ein paar Kontakte streichen, um mit der Blauen Einheit Ygris 15 verbunden zu werden, die seit Oktober die 15. Flotte der Andromeda im Auge behält (daß beide mit 15 beziffert sind, ist kein Zufall).
    Es braucht ein wenig Zeit, bis die Signale ankommen; wären es normale ordinäre Radiowellen, dann würden wir ja dreieinhalb Jahre darauf warten müssen, aber jetzt beginnt der Bildschirm tatsächlich aufzuleuchten.
    Da haben wir den riesigen Schatten des Flaggschiffs der 15. Flotte, groß wie der Erdumfang am Äquator, aber ohne eine einzige Öffnung. Es sieht aus wie eine ziemlich platt gedrückte Pflaume, die mit nach oben und unten gerichteten Schmalseiten durch den Raum schwebt.
    Jetzt wollen wir doch mal sehen, wir drehen ein bißchen an diesem Knopf, der ein skorpionartiges Zeichen trägt, nein, wir drehen nicht an dem Knopf, wir legen nur ein Flimmerhärchen mit einer streichelnden Bewegung um ihn herum, hier scheint es überhaupt keine beweglichen Teile zu geben, jetzt wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht ein paar gute Innenaufnahmen kriegen können.
    Was zum Teufel ist denn das? Es sieht aus wie ein schmaler Stab oder wie eine Röhre mit ein paar kleinen farbsprühenden Körpern oder Punkten in einem Kanal inmitten des Stabs. (Ein fabelhafter Farbempfang übrigens, aber woher weiß man, daß es die richtigen Farben sind?) Im Inneren der Röhre bewegt sich immerzu etwas Glitzerndes, aber was ist es denn bloß, was sich da glitzernd bewegt?
    Jetzt hab ich’s. Das ist ja ein Virus ! Oder etwa nicht? Es ist vielleicht zwölf Meter lang. Was haben wir für einen Maßstab?
    – Ja, sagt der Hauptgefreite Is-Izt, der sich gerade über unsere Schultern beugt und ebenfalls den Bildschirm betrachtet, es ist gar nicht so leicht zu sagen, was das eigentlich ist. Andromeda ist eine weit entfernte Galaxis, das ist wirklich ein sehr fremdes Leben, man kann nicht verlangen, daß unsere Apparate es veranschaulichen , falls Sie das erwartet haben, Herr Professor Gustafsson, Verzeihung, Herr Doktor Gustafsson. Was wir hier sehen, ist in der Tat ein Virus. Viren sind in unserer Galaxis eine Grundform des Lebens, nicht wahr, was der Apparat auf dem Bildschirm zeigt, ist nicht eigentlich ein Bild, es ist ein Symbol, ein Schriftzeichen, wenn Sie so wollen.
    Er sagt nicht, dieses Schiff sei von Viren bevölkert, er sagt lediglich, daß das, was er sieht, ihn am ehesten an Viren erinnere. Jedes Wissen setzt doch voraus, daß man etwas Unbekanntes mit etwas Bekanntem vergleicht, nicht wahr?
    Was dieses dunkle Schiff eigentlich birgt, wissen wir nicht. Nur daß es Leben ist. Es ist das Flaggschiff einer Aufklärungsflotte, die von der zentralen Zivilisation der Andromedagalaxis kommt. Sie erkundet systematisch das Aufmarschgebiet für einen Angriff.
    Wir haben keine Ahnung, was sie eigentlich will.
    – Wie sieht es denn zwischen den Viren aus? Wie ist die Einrichtung ?
    –

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