ROD - Die Autobiografie
angekommen war – so gut, dass wir nach drei Nummern ausgebuht und mit Dosen beworfen wurden. Es hätte vielleicht ein schlimmes Ende genommen, wäre nicht Robert Plant von Led Zeppelin auch bei dem Konzert gewesen. Als er sah, dass wir Probleme hatten, kam er auf die Bühne und sang »It’s All Over Now« mit mir. Plant stammt aus den Midlands und war in der Gegend ein Held, was uns den Hals rettete.
Wollte man das britische Publikum für sich gewinnen, so war es von entscheidender Bedeutung, dass man dem Radio-1-DJ John Peel gefiel. Der hatte 1970 gerade die Peel Sessions ins Leben gerufen und ließ jeweils eine Band in den BBC-Studios an der Lower Regent Street live vor kleinem Publikum auftreten. Peel mochte die Faces sehr und holte uns im Juni in die Sendung. Wir nahmen »You’re My Girl«, »Wicked Messenger«, »Devotion« und »It’s All Over Now« auf, und Peel sagte viel Nettes über uns. Uns half es sehr, dass er uns den Leuten näherbrachte, die den Faces eher ablehnend gegenüberstanden. Es war der Beginn meiner langen Freundschaft mit John Peel, und ich war sogar zu seiner Hochzeit eingeladen, wo ich – wie ich mich erinnere – lange mit seiner alten Tante aus Wales plauderte. Die Faces nahmen mehrere Peel Sessions auf und machten ihrem Gastgeber regelmäßig das Leben schwer, wenn wir ihn bis zur letzten Minute vor Beginn der Sendung im Pub gegenüber festhielten. Peel wurde richtig panisch, und manchmal schickten sie sogar ein hohes Tier von der BBC, um uns rüberzuschleifen. Aber wir haben es immer geschafft.
Im Oktober 1970 kehrten wir für achtundzwanzig Gigs nach Amerika zurück. Als wir in Milwaukee ankamen, teilte man uns mit, dass die verbliebenen sechzehn Gigs schon im Vorfeld ausverkauft seien – unglaublich. Wir feierten, indem wir die Bar leer tranken und mitten in der Nacht Billy Gaffs Hotelzimmer stürmten, alle Glühbirnen rausdrehten, das Badezimmer unter Wasser setzten und ihn aus dem Bett kippten.
Natürlich waren die Faces schon bald bekannt dafür, dass sie ihre Hotelzimmer verwüsteten. Zu unserer Verteidigung möchte ich darauf hinweisen, dass vieles von dem, was wir auf diesem Gebiet anstellten, nicht so sehr wahllose Zerstörung als kreative Umgestaltung war. Dem Entfernen der Möbel aus einem Zimmer folgte in der Regel ihr Neuarrangement – und zwar in makellosem, voll funktionstüchtigem Zustand – an anderer Stelle, etwa dem Flur, einem Balkon oder dem Hotelgarten. Außerdem muss ich zu unserer Verteidigung sagen, dass wir uns schrecklich langweilten. 1970 waren wir insgesamt vier Monate in Amerika unterwegs, aufgeteilt auf zwei Tourneen. Wenn man so lange von zu Hause weg ist, wird man irgendwann zappelig. Ein langweiliger Nachmittag in Pittsburgh wurde enorm aufgewertet, wenn man den Fahrstuhl voller Matratzen stopfte und ihn runter in die Lobby schickte. Beliebt war auch, die Bolzen des Bettgestells zu lösen, und dann musste man nur noch warten, bis der Slapstick seinen Lauf nahm. Auch das Entfernen des kleinen Mikrofons aus der Sprechmuschel eines Telefonhörers – in diebischer Vorfreude auf den Wutanfall des nächsten Benutzers – hatte seine Fürsprecher, mich eingeschlossen.
Bilder an Hotelwänden sahen sich Bearbeitungen ausgesetzt. Hing da eine mittelalterliche Szene, kritzelte einer von uns vielleicht einen Düsenjet oder ein Fahrrad dazu. Woody malte immer sehr gelungene Flugzeuge, meist auf Drucke von Landschaftsszenen des 17. Jahrhunderts, die über unseren Hotelbetten hingen.
Und natürlich gab es da das allzeit beliebte, männliche Cartoon-Anhängsel – den Pimmel. Ich war damals ein ganz besonders großer Freund gezeichneter Pimmel und malte fast überall einen hin, wenn ich den Bedarf dafür sah. Unter künstlerischen Gesichtspunkten war die erste Hälfte der Siebziger mehr oder weniger meine Pimmel-Phase. Und man konnte mein Werk stets daran erkennen, dass ich die Pimmel immer »danach« zeichnete – hängend und tropfend. Mein Erkennungszeichen sozusagen. Die von allen anderen ragten kühn auf, doch ich war darauf aus, etwas Melancholischeres zu schaffen. Vermutlich war das Ausdruck meiner künstlerischen Sensibilität.
Wenn ich es recht bedenke, hielt das Pimmelzeichnen noch lange nach den Faces an, bis weit in die Achtziger hinein. Ich schäme mich, es zuzugeben: Noch heute verspüre ich, wenn ich mich – wie es ab und an vorkommt – in vornehmerer Gesellschaft einem Gästebuch ausgesetzt sehe, den instinktiven Drang, dieses mit
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