Romana Extra Band 2
sich manchmal völlig falschen Hoffnungen hin. Der zeitliche und räumliche Abstand würde ihr guttun und ihr die Möglichkeit bieten, über das Ganze hinwegzukommen. Denn wenn sie irgendwann wieder für Alexei arbeiten wollte, musste sie sich ein dickeres Fell zulegen.
Acht Monate später kehrte Billie wie versprochen nach Speros zurück. Sie stand mit Hilary und ihrem Sohn Nikolos, den sie Nicky nannte, auf der Fähre und zeigte ihrer Tante einige markante Punkte. Das kurze blonde Haar vom Wind zerzaust und einen aufgeregten Ausdruck in den braunen Augen, sprühte Hilary vor Begeisterung.
„Das ist also dein Haus … mein neues Zuhause“, sagte sie leise, während sie angestrengt nach dem kleinen Gebäude rechts von der riesigen Villa der Familie Drakos Ausschau hielt. „Und die Jacht dort hinten ist die Sea Queen ? Ich hätte nicht gedacht, dass sie so groß ist.“
„Am Georgstag kannst du sie dir ansehen“, erwiderte Billie. „Es ist der Feiertag zu Ehren von Agios Georgios , und traditionell wird dann ein Feuer am Strand gemacht, und es wird viel gegessen und getrunken.“
„Ich freue mich schon darauf. Ich weiß noch, wie du vor einigen Jahren mal davon erzählt hast“, meinte ihre Tante. „Ist es nicht typisch Nicky, dass er jetzt doch eingeschlafen ist?“
Zerknirscht betrachtete Billie ihren kleinen Sohn. Durch den ungewohnten Tagesablauf war Nicky während der Reise sehr anstrengend gewesen. Im Flugzeug hatte er fast die ganze Zeit geschrien. Alle Versuche, ihm etwas zu trinken zu geben, ihn zu wickeln und mit ihm knuddeln, hatten nichts genützt.
„Ich kann es gar nicht erwarten, mein Haus zu sehen. Die Fotos, die Damon mir gemailt hat, haben mich noch neugieriger gemacht.“ Da ihr der Arm inzwischen wehtat, nahm Billie den Kleinen auf die andere Schulter, wo er selig weiterschlief. Während sie seinen Rücken streichelte, überlegte sie, wie sie die Trennung von ihm ertragen sollte, wenn sie arbeitete. Doch sie hatte keine Wahl.
Lauren holte sie am Abend ab und stürzte sich gleich auf das Baby, das Hilary jetzt auf dem Arm hatte. „Das ist also mein … Neffe“, rief sie, und es schien Billie, als hätte sie ganz bewusst gezögert. „Du meine Güte, er sieht viel älter aus als drei Monate und wie ein Südländer, nicht? Von wem er wohl die vielen schwarzen Haare hat …“
„Nun übertreib mal nicht, Lauren. Schließlich ist er kein kleiner Werwolf.“ Nachdem Hilary ihrer Schwester das schlafende Baby wieder abgenommen hatte, stieg sie nach Billie in das Taxi.
„Welche Farbe haben seine Augen?“
„Braun.“ Schnell wich Billie dem durchdringenden Blick ihrer Mutter aus, die auf dem Beifahrersitz saß.
Zum Glück wechselte diese dann das Thema und erzählte von dem Haus. Billie hatte die Möbel und anderen Haushaltsgegenstände einlagern lassen und Lauren hatte sich zusammen mit Alexeis Haushälterin Anna um alles gekümmert. Die beiden Frauen hatten hervorragende Arbeit geleistet, doch als sie durch die Räume gingen, stellte Billie fest, dass die Möbel fast verloren wirkten, zumal die Holz- und Fliesenböden und die weiß getünchten Wände ganz nackt waren.
„Es ist so hell und freundlich!“, schwärmte Hilary, als sie sich zu Billie auf die Terrasse gesellte. „Und das Haus hat so viel Platz. Es ist wundervoll! Was meinst du, sollen wir Nicky ins Bett legen?“
„Du bist doch seine Mutter. Solltest du das nicht entscheiden?“, mischte Lauren sich mit einem bissigen Unterton ein.
„Er ist so ein süßes Baby!“, rief Anna im nächsten Moment bewundernd, um die Situation zu entschärfen.
Also legten sie Nicky in sein Bettchen und schalteten das Musikmobile ein, das er mit seinen dunklen Augen fasziniert betrachtete. Kurz darauf verzog er allerdings das Gesicht und begann zu weinen.
„Ich glaube, es irritiert ihn“, meinte Hilary.
„Das Baby gibt also den Ton an“, bemerkte Lauren von der Tür her. „Könnte ja glatt ein Drakos sein.“
„Pst!“, zischte Billie schockiert. „Deute so etwas ja nicht an!“
„Ich habe es schon vor einer ganzen Weile gemerkt. Deswegen hat Alexei dir auch das Grundstück neben seiner Villa gegeben …“
In diesem Moment rief Anna nach ihr.
Erleichtert über die Unterbrechung, eilte Billie an ihrer Mutter vorbei zu der älteren Frau, die ungewohnt unbehaglich wirkte, als sie ihr Mobiltelefon wieder einsteckte. „Was ist?“
„Calisto hat gerade angerufen. Ich soll Ihnen ausrichten, dass sie Sie sofort sehen
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