Roter Fluch - Wells, J: Roter Fluch - Mage in Black - Red-Headed Stepchild Trilogie 2
Selbsttäuschung. Ihr wollt mir etwas beweisen? Dann solltet ihr mir keine Visionen und Halluzinationen liefern, die durch irgendein seltsames Gebräu entstehen. Zeigt mir konkrete Fakten. Trockene Tatsachen. Aber erwartet nicht von mir, dass ich dieses Gerede über die Auserwählte so mir nichts, dir nichts glaube.«
Rhea lächelte. »Aha.«
Ich runzelte die Stirn. Ihre wissende Miene irritierte mich.
»Was?«
»Ach, nichts. Es ergibt jetzt nur alles einen Sinn. Du hast dein ganzes Leben damit verbracht, Befehlen zu folgen. Die Dominae haben dich dazu ausgebildet, wie eine Maschine zu funktionieren. Du solltest allein ihrer Autorität vertrauen, nicht deinem eigenen Instinkt. Doch dann hast du herausgefunden, dass sie dich die ganze Zeit über betrogen haben, und warst gezwungen, endlich
aufzuwachen. Ich kann mir vorstellen, dass ein solches Erlebnis es schwermacht, noch irgendjemandem zu vertrauen – einschließlich dir selbst.«
Meine Kiefermuskeln spannten sich an. »Hören Sie mit dem Psychoquatsch auf, Magierin.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist kein Psychoquatsch. Das sind Tatsachen. Die wolltest du doch hören, nicht wahr? Die Dominae haben dich betrogen, und du hast etwas dagegen unternommen. Aber jetzt schwimmen dir die Felle davon. Du bist daran gewöhnt, Befehle entgegenzunehmen und deine Fäuste einzusetzen, wenn es Probleme gibt. Auf einmal verlangen wir jedoch von dir, zu glauben, du seist mehr als eine bloße Tötungsmaschine. Wir wollen, dass du dich auf deinen Instinkt verlässt. Auf die Kraft, die du dein Leben lang unterdrücken musstest. Da ist es nur natürlich, dass du Angst hast.«
Ich beugte mich zu Rhea und funkelte sie drohend an. Sie begegnete meinem finsteren Starren mit einem gelassenen Lächeln. Die Tatsache, dass sie sich nicht im Mindesten einschüchtern ließ, machte mich noch wütender. »Ich habe keine Angst.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Beweise es.«
»Ich muss euch nichts beweisen.«
»Dann beweise es dir selbst. Beweise, dass die Dominae dich nicht gebrochen haben. Beweise, dass mehr in dir steckt als Fäuste und dieser Komplex, den du mit dir herumträgst.«
Mir wurde auf einmal bewusst, dass die Fäuste, auf die sie sich bezog, auch jetzt wieder geballt waren, bereit zuzuschlagen. Ich zwang mich dazu, mich zu entspannen, und lockerte meine verkrampften Schultern. Langsam kehrte das Blut in meine Fingerspitzen zurück. Meine
Wut machte mich blind, so dass ich Rheas Taktik nicht bemerkt und ihr erlaubt hatte, den Finger auf jene frische Wunde zu legen, die ich hinter meiner coolen Haltung zu verbergen versuchte. »Ich weiß genau, was Sie vorhaben, Magierin.«
»Das habe ich auch nicht anders erwartet. Du bist ein kluges Mädchen.« Sie lächelte. »Weißt du was? Wenn du nicht an die Prophezeiung glauben willst, ist das nicht schlimm. Die Zeit wird zeigen, ob sie eintrifft oder nicht. Warum konzentrierst du dich nicht stattdessen auf die anderen Vorteile, die dir das Zaubern bringt?«
Ich zog die Augenbrauen zusammen. »Und die wären?«
»Körperlich bist du zweifelsohne jetzt schon in guter Verfassung. Aber denk doch mal an die Vorteile, die du hättest, wenn du während eines Kampfes auch noch Magie einsetzen könntest.«
Ich überlegte. Ich war zu einer Killermaschine ausgebildet worden – für Vampire. Aber bei einem Kampf gegen Magier? Das Blatt wendete sich meist recht schnell, wenn ein Magier ins Spiel kam. Mit Hilfe ihrer Zauberkräfte war es diesem Geschlecht lange gelungen, trotz des Hasses zu überleben, den die Vampire gegen sie hegten. Im letzten Krieg, dem sogenannten Blutskrieg, hatten die Magier kurz vor dem Sieg gestanden, ehe sie ein Friedensabkommen unterzeichneten und der Schwarze Vertrag ausgehandelt wurde. Zum Glück für die Vampire zeigten sich die Magier nicht so blutrünstig wie sie selbst. Hätten die Vampire den Sieg in der Hand gehabt, wäre die Welt heute eine andere – eine Welt ohne Magier.
Und da die Vampire inzwischen auch zu meinen Feinden geworden waren, würde die Fähigkeit, Magie einzusetzen, mir ohne Zweifel in die Hände spielen.
»Soweit ich mich erinnere, ist deine Großmutter noch nicht tot«, fuhr Rhea nach einer Weile fort, als ich nicht antwortete. »Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass du ihr früher oder später wieder die Stirn bieten musst. Stell dir doch nur einmal vor, wie entsetzt sie sein wird, wenn sie erfährt, dass du ein paar neue Tricks auf Lager hast.«
Ich fluchte in meinen nicht
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