Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
Er ist ein
Dunkler
. Aber ich habe noch nie einen getroffen, der so mächtig ist.“
Es beunruhigte ihn, das konnte ich spüren. Die Legende kam mir wieder in den Sinn. Wenn es mehr von dieser Sorte der
Dunklen
gab, war es gar nicht so abwegig, dass sie sich gegen Armand und seine Art stellen konnten. Andererseits hatte Armand gerade anschaulich unter Beweis gestellt, dass er diesen Wesen gewachsen war. Ich wusste nicht, ob ich beeindruckt oder geschockt sein sollte über diese Demonstration von Macht.
Der Kampf war jedoch auf beiden Seiten mehr ein Kräftemessen gewesen als ernste Tötungsabsicht. Wenn die
Dunklen
den anderen Vampiren wirklich nach dem Leben trachteten, stellte sich die Frage, warum dieser hier die Gelegenheit nicht genutzt hatte. Auf diese Frage würden wir wohl so bald keine Antwort bekommen. Also wandten wir uns den gegenwärtigen Problemen zu.
Für Malèk konnten wir nichts mehr tun. Ich gab über Funk meine Position durch und schilderte im Groben, was geschehen war. Eine halbe Stunde später war Zlatan Kuvaléc vor Ort. Zusammen mit der Polizei und dem Leichenbestatter. Sie brachten Malèk in die Pathologie, nahmen meine Aussage auf und versicherten, den Fall vertraulich zu behandeln. Ich musste zur Sicherheit ins Krankenhaus, durfte aber nach der Untersuchung sofort wieder gehen. Eine Quetschung des Kehlkopfes, die mir das Sprechen und Atmen noch einige Tage erschweren würde, und ein paar Prellungen vom Aufschlag gegen die Mauer – mehr war mir nicht geschehen. Kuvaléc zog mich von den weiteren Ermittlungen ab. Zwei Tage später gab es keine Spuren mehr von den
Crawlern
. Nur ein halbes Dutzend weiterer leerer Kammern. Auch der Mann mit den gelben Augen tauchte nicht wieder auf.
Madame Serena
Mir stand der Sinn erst mal nicht mehr nach Außeneinsätzen. Lieber erklärte ich mich freiwillig bereit, als Franklins Sekretärin zu fungieren. Armand war froh darüber. Wirklich jede Außenmission für die Ashera brachte mich in Lebensgefahr. Das waren keine günstigen Zukunftsprognosen. Briefpapier und Druckerschwärze waren deutlich ungefährlicher. Also tippte ich Franklins Berichte in den Zentralrechner, erledigte seine Korrespondenz und koordinierte mit ihm zusammen die laufenden Außenmissionen.
In der Post dieses Tages fand sich eine kurze Notiz von Stewart Garth, einem Agenten aus dem Mutterhaus in Arlington/Virginia. Sie besagte, dass eine gewisse Claudia Bennet durch die Giftspritze hingerichtet worden war.
„Wer ist Claudia Bennet?“
„Nun, sie war die Anführerin einer Teufelssekte, die Ende der achtziger Jahre bei ihren schwarzen Messen Menschenopfer dargebracht hat. Aber man konnte es ihr nie nachweisen. Es gelang uns, jemanden in die Gruppe einzuschleusen. Zwei Monate später wurden alle Mitglieder der Sekte verhaftet. Die meisten sitzen lebenslang im Gefängnis. Claudia und ihr Stellvertreter – Jordan Knight – wurden zum Tod durch die Giftspritze verurteilt. Sein Urteil wurde bereits im letzten Jahr vollstreckt. Und ihres letzte Woche.“
Ich starrte auf das Schriftstück, das Franklin jetzt zur Seite legte. Nur durch das Einschreiten der Ashera war hier also eine grausame Mordserie beendet worden. Das brachte mich auf einen Gedanken.
„Habt ihr eigentlich nie versucht, Margret Crest anzuzeigen?“
Franklin hielt in seiner Arbeit inne. Er schaute mich mit offenem Mund an. Dann nickte er schließlich. „Ich verstehe, was du meinst, Melissa. Du denkst, der Tod deiner Mutter hätte gesühnt werden sollen. Nun, bei Margret lag der Fall anders. Es hätte keinen Sinn gehabt, sie anzuzeigen, weil uns jegliche Beweise dafür fehlten, dass sie mit Joannas Verschwinden zu tun hatte. Sie hat ihren Coven zu gut im Griff. Da hätte niemand geredet. Außerdem wurde Joannas Leiche nie gefunden. Sie galt als vermisst, nicht als tot. Auch wenn wir wussten, dass sie es ist. Uns blieb keine Wahl.“
„Euer Informant hätte doch etwas dazu sagen können. Der, der euch die Nachricht von ihrem Tod gebracht hat.“
„Auch dieser Informant hätte sich niemals gegen Margret gestellt. Aus gutem Grund.“
Wir konnten das Gespräch nicht fortführen, da Camille genau in diesem Moment hereinkam. Sie sah mich lange an, ehe sie das Wort an Franklin richtete.
„Könntest du Melissa wohl morgen einen Tag entbehren? Ich würde sie gern mitnehmen, wenn ich ein paar Freunde besuche. Sie bekommt noch eine Papierallergie, wenn sie sich weiterhin in deinem Büro verkriecht.“
Franklin
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