Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
Gedanken schneller, als sie mir selbst bewusst wurden.
„Sophie!“ rief er nach oben. „Sophie, mein Engel, komm doch bitte herunter! Wir haben Gäste zum Essen.“
Dieses Lächeln, das um seine Lippen spielte, jagte mir einen Eisschauer über den Rücken. Wir waren nicht zum Essen da, wir waren das Essen.
Eine Frau erschien an der Stelle, wo er zuvor gestanden hatte. Sie hatte blondes Haar, aber nicht so hell wie das von Angelique. Ihre Haut war fast durchscheinend. Kein Zweifel, sie hatte sich als die Frau in Purpur ausgegeben. Die Ähnlichkeit war beängstigend, auch wenn sie keinen purpurnen Mantel mehr trug, sondern ein hellblaues modernes Leinenkleid.
„Lemain, bitte. Isch will nischt noch mehr Opfer `ier.“
Ihre Stimme klang so hell wie eine Kirchenglocke und der starke französische Akzent war nicht gespielt. Sie war sanft im Wesen, das fühlte ich. Seltsam für einen Vampir.
Ich bemühte mich, meine Stimme wiederzufinden.
„Lemain!“ Er schaute mich an. Mit gespannter Aufmerksamkeit. „Ich bitte um Verzeihung, dass wir hier unerlaubt eindringen, aber wir haben einige Fragen und hoffen, dass Sie sie uns beantworten können.“
Verdammt, warum sagte George eigentlich nicht endlich mal was? Er war doch der erfahrene Part in unserem Team. Lemain lächelte noch bedrohlicher und boshafter als zuvor.
„Fragen? Ich glaube nicht, meine Teure, dass Ihr für Fragen hergekommen seid. Ihr seid wegen dem Amerikaner hier. Seid versichert, dass ich Euch als eine ebensolche Bedrohung ansehe wie ihn. Nur bin ich mir darüber im Klaren, dass ich bei Euch mit billigen Tricks nicht weit kommen werde.“ Er machte eine bedauernde Miene und zuckte die Achseln: „Also bleibt für Euch nur – der Tod.“
Er legte den Kopf in den Nacken und lachte. Ein hässliches, grausames Lachen. Ich wollte schreien, weglaufen, einfach vor ihm fliehen, aber das wäre zwecklos gewesen. Ich hatte bereits erlebt, wie schnell Armand war. Und Lemain würde ihm sicher in nichts nachstehen. „Nein, ganz sicher würde ich das nicht“, bestätigte er meine Befürchtung. „Da habt Ihr Recht, Werteste. Immerhin bin ich ein paar hundert Jahre älter als unser gemeinsamer Freund.“
Ich schnappte nach Luft. Er kannte Armand? Es wäre nicht ungewöhnlich. Schließlich waren sie beide Vampire. Kamen beide aus Frankreich. Aber ich wollte einfach nicht glauben, dass dieser Dämon meinen Liebsten kannte.
„Lemain!“ Die Frau war die Stufen zu uns heruntergekommen und berührte ihren Gefährten am Arm. Sie hatte lavendelblaue Augen. Schimmernd und unergründlich. Ich hatte nie zuvor solche Augen gesehen.
„Du weißt, dass isch es `ier nischt möschte. Es macht misch nervös, wenn sie ihr Leben `ier verlieren.“
„Du bist immer noch zu weich, mein Liebling.“
Seine Stimme klang sanft und liebevoll, während er mit ihr sprach, und die Geste, mit der er ihr das Haar zurückstrich, war zärtlich. Immerhin war er zu Gefühlen fähig. Oder er war ein erstklassiger Schauspieler.
„Es macht keinen Unterschied, wo du sie tötest.“
„Aber isch will es nischt in meine Haus. Du `ast schon zu viele … “
Er brachte sie mit einer herrischen Handbewegung zum Schweigen. „Du vergisst, wer dir das alles ermöglicht hat. Du wärst selbst eine von ihnen, wenn ich nicht gewesen wäre.“
Der kurze Wortwechsel ergab nur wenig Sinn für mich. Im Moment hatte ich andere Sorgen. Der pure Leichtsinn trieb mich dazu, ihn zu reizen.
„Sie behaupten also, ein Bekannter von Armand zu sein?“
O Göttin, mach, dass meine Stimme nicht so zittrig geklungen hat, wie ich glaube, betete ich im Stillen. Seine Aufmerksamkeit galt wieder mir. Erst lächelte er. Dann fing er an zu lachen. Ein hartes, verspottendes Lachen.
„Es hat keinen Sinn, diese Unterhaltung hier in der Eingangshalle fortzuführen. Außerdem ist mir Euer Begleiter lästig, Teuerste. Und Ihr beide, darüber seid Euch im Klaren, lebt nur aus dem einen Grund noch. Weil Ihr eine Freundin von Armand seid. Ich hätte mir sonst nicht mal die Mühe gemacht, ein Wort mit Euch zu wechseln, sondern Euch schon vorletzte Nacht getötet.“ Beiseinen letzten Worten war das Lachen aus seiner Stimme verschwunden, und er klang bedrohlicher als zuvor. „Sophie, bring den Mann nach unten und bleib bei ihm. Ich werde mich mit Armands neuer Eroberung unterhalten. Auf die eine oder andere Weise.“ An mich gewandt, fügte er hinzu: „Das liegt ganz bei Euch.“
Ich wehrte mich innerlich dagegen, mich
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