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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Gates
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Für einen nahezu endlosen Augenblick verspürte sie den drängenden Wunsch, an Ort und Stelle liegenzubleiben. Das Gejohle der Piraten verstummte wie auf einen unhörbaren Befehl. Auch Suvares Kameraden brachten vor Schreck keinen Laut hervor. Nur das schwere Atmen der Gegner war zu hören, der eine entwaffnet und auf den Knien, der andere vor ihm, bereit zum tödlichen Schlag.
    Da löste sich eine dritte Gestalt aus dem Kreis der Umstehenden und sprang von hinten auf den Anführer der Piraten zu. Ein Messer blitzte auf und fuhr quer über dessen ungeschützte Kehle. Shartans Augen weiteten sich vor Überraschung, aber er sah niemals Teras, dessen Hand die Klinge geführt hatte. Seine siegessichere Miene fror ein. Polternd fiel seine Klinge zu Boden, und er brach beinahe lautlos zusammen. Nur ein Röcheln entkam seinem offenen Mund, während ein dunkler Schwall Blut aus seiner Wunde herauspumpte und auf Suvares Gesicht spritzte.
    Aus der Gruppe der Piraten erklangen zornige Schreie. Säbel und Entermesser sprangen hervor. Corrya und die Männer aus Menelon packten ebenfalls ihre Waffen.
    »Ihr verfluchten Betrüger!«, kreischte der alte Garto. Sein Gesicht war eine Maske aus Wut und Enttäuschung »Das habt ihr von Anfang an vorgehabt. – Männer, rächt den Hecht!«
    »Wollt ihr wirklich für den da sterben?«, schrie Corrya ihm von der anderen Seite der Plattform aus entgegen. Seine Hand deutete auf den glatzköpfigen Piraten, der vor Suvare zusammengesackt war. Eine breite Blutlache hatte sich um ihn gebildet, im trüben Licht der Fackeln beinahe so schwarz wie Teer.
    »Er hat euch allen kein Glück gebracht. Ihm kann es jetzt egal sein, ob ihr für ihn siegt oder umkommt. Aber unser Angebot gilt noch immer. Zieht ab, gebt diese Insel auf – und bleibt am Leben.«
    Die Piraten wechselten unsichere Blicke, während Suvare sich mühsam und schwankend aufrichtete. Sie fühlte sich wie eine alte, gebrechliche Frau. Die Hand, mit der sie sich ihre blutige Wangen abwischte, wollte nicht aufhören zu zittern. Sie wechselte einen Blick mit Teras, der die Klinge seines Messers am Stiefelschaft abwischte.
    »Ich konnte mich nicht raushalten«, murmelte er. »Bei jedem anderen hätte ich zugesehen, aber nicht bei dir.«
    Sie nickte müde, aber zufrieden, was den alten Bootsmann, der sich bereits auf strenge Vorhaltungen eingestellt hatte, wunderte. Das Sprechen fiel ihr schwer. »Bei unseren Begleitern war ich mir sicher, dass sie nicht eingreifen würden. Es sind eben Krieger. Männer von Ehre, die ihre Eide nicht brechen. Aber dass du wieder mal nicht stillhalten würdest, trotz meines Befehls – das hatte ich von Anfang an gehofft. Du bist und bleibst mein bester Stein im Spiel.«
    Teras kratzte sich verlegen im Nacken, ohne etwas zu erwidern. Dabei sah er weniger wie ein alter Mann, sondern mehr wie der Junge aus, der er vor vielen Jahren einmal gewesen war. Sie hatte ihn also benutzt. Dennoch war er ihr nicht böse. Sie war am Leben geblieben, alles andere kümmerte ihn nicht.
    Suvares Blick glitt zu Shartan hinab, der sich nicht mehr regte. Hinter ihr standen ihre Begleiter, bereit, auf ihr Zeichen loszustürmen. Sie konnte fühlen, wie sie darauf drängten. Hatte sie nicht selbst diesen Moment der Vergeltung herbeigesehnt?
    Wie so oft in den letzten Wochen sah sie in Gedanken das tote Mitglied ihrer Mannschaft vor sich auf dem Boden liegen. Doch diesmal war etwas anders. Vor ihren müden, brennenden Augen verschmolzen Eivyn und Shartan zu ein und demselben reglosen Körper, aus dem das Leben für immer gewichen war – das Leben, das nicht danach fragte, wem es diente. Plötzlich musste sie an die Vellardinnacht denken.
    Ay, es hatte sich tatsächlich etwas geändert.
    Mit einem Ruck wandte sie sich an die Piraten.
    »Es ist wahr, wir haben uns nicht an die Regeln eines sauberen Zweikampfs gehalten«, rief sie. »Euer Anführer war zu geschickt, als dass man sich bei ihm an die Regeln hätte halten können. Jetzt ist es eure Entscheidung: Wollt ihr sinnlos sterben, oder ergreift ihr die Gelegenheit, woanders einen neuen Anfang zu machen? Niemand zwingt euch, bis ans Ende eurer Tage als Piraten zu leben. Auch das ist keine in Stein gemeißelte Regel, die ihr befolgen müsstet.«
    »Hört nicht auf ihr Geschwätz!«, schimpfte Garto hasserfüllt. »Der Hecht war euer Anführer. Er hat für euch gesorgt. Ihr schuldet ihm etwas, also rächt gefälligst seinen Tod und jagt sie davon!«
    »Nein«, erwiderte einer der

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