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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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stand, daß zwei Elefanten in der neuen Oper erscheinen sollten, und bemerkt mit shakespeareschem Witze: »Diese Elefanten sollen sich vorgeblich noch in Magdeburg verhalten.« Hat die »Magdeburger Zeitung« diese Notiz aus
meinem
zweiten Briefe geschöpft, so bedauere ich mit tiefem Seelenschmerz, daß ich Unglücklicher ihr diesen Witzblitz zugezogen. Ich widerrufe, und zwar mit so de- und wehmütiger Gebärde, daß die »Staatszeitung« Tränen der Rührung weinen soll. Überhaupt erkläre ich ein für allemal, daß ich bereit bin, alles zu widerrufen, was man von mir verlangt; nur darf es mir nicht viele Mühe kosten. Daß zwei Elefanten im »Rosenfest« vorkommen würden, hatte ich wirklich selbst gehört. Nachher sagte man mir, es wären nur zwei Kamele, später hieß es, zwei Studenten kämen drin vor, und endlich sollten es Unschuldsengel sein. – Den 28. war Freiredoute. Schon um halb neun fuhren Masken nach dem Opernhause. – Ich habe im vorigen Briefe eine hiesige Redoute beschrieben. Sie unterschied sich diesmal nur dadurch, daß keine schwarze Dominos zugelassen wurden, daß alle Anwesende in Schuhen waren, daß man sich um ein Uhr im Saale demaskieren konnte und daß die Einlaßbillette und Erfrischungen gratis gegeben wurden. Letzteres war wohl die Hauptsache. Wenn ich nicht den festen Glauben in der Brust trüge, daß die Berliner Muster von Bildung und feinem Betragen sind und mit Recht auf die Ungeschliffenheit meiner Landsleute verächtlich herabschauen; wenn ich mich nicht bei vielen Gelegenheiten überzeugt hätte, daß der powerste Berliner es im anständigen Hungerleiden sehr weit gebracht hat und meisterhaft darauf eingeübt ist, den schreienden Magen in die Formen vornehmer Konvenienz einzuzwängen: so hätte ich von den Leuten hier sehr leicht eine ungünstige Meinung fassen können, als ich bei dieser Freiredoute sah, wie sie das Büfett sechs Mann hoch umdrängten, sich Glas nach Glas in den Schlund gossen, sich den Magen mit Kuchen anstopften, und das alles mit einer ungraziösen Gefräßigkeit und heroischen Beharrlichkeit, daß es einem ordentlichen Menschenkinde fast unmöglich war, jene Büfettphalanx zu durchbrechen, um, bei der Schwüle, die im Saale herrschte, mit einem Glase Limonade die Zunge zu kühlen. Der König und der ganze Hof waren auf dieser Redoute. Der Anblick der Neuvermählten entzückte alle Anwesende. Sie glänzte mehr durch ihre Liebenswürdigkeit als durch ihren reichen Diamantenschmuck. Unser König trug ein bläulich dunkles Domino. Die Prinzen trugen meistens altspanische und ritterliche Tracht.
    Ich habe längst bemerkt, daß über die Rangordnung, womit ich Ihnen die hiesigen Begebnisse melde, bloß meine Laune entscheidet und nicht die Anciennität. Wollte ich letzterer folgen, so hätte ich meinen Brief mit Geheimrat Heims Jubiläum anfangen müssen. Aus den Zeitungen werden Sie hinlänglich erfahren haben, wie man hier diesen verdienten Arzt gefeiert. Zwei ganze Tage sprach man davon in Berlin; das will viel sagen. Überall hörte man Anekdoten aus Heims Leben erzählen, von denen einige höchst ergötzlich sind. Die drolligste derselben schien mir die Art, wie er seinen Kutscher mystifiziert, als ihm derselbe einstmals erklärte, er habe ihn jetzt so lange Zeit schon herumgefahren, er wünsche jetzt auch Arzt zu werden und das Kurieren zu lernen. Mehrere andre Dienstjubiläen fanden ebenfalls statt, und bei Jagor sprangen die Stöpsel der Champagnerflaschen. Überhaupt, ehe man sich dessen versieht, haben die Leute hier fünfzig Jahre abgedient. Das tut das Klima. – Auch eine Dienstmagd hat ihr Jubiläum gehalten, und in der »Eleganten« ist zu lesen, wie die Jubelmagd gefeiert und besungen wurde. Sogar eine Matrone aus der Unschuldsgasse hat, wie ich gestern höre, ihr Jubiläum gefeiert. Sie wurde mit Rosen und Lilien bekränzt; ein gefühlvoller Portepeejüngling überreichte ihr ein Kraftsonett, ganz im Geist der gewöhnlichen Jubelpoesie, worin Liebe, Triebe, riebe, schiebe sich reimten, und zwölf Jungfrauen sangen:
    »Du Schwert an meiner Linken,
    Was soll dein heitres Blinken?« usw. usw.
    Sie sehen, Theodor Körners Gedichte werden noch immer gesungen. Freilich nicht in den Kreisen des guten Geschmacks, wo man es sich schon laut gestanden, daß es ein besonderes Glück war, daß Anno 1814 die Franzosen kein Deutsch verstanden und nicht lesen konnten jene faden, schalen, flachen, poesielosen Verse, die uns gute Deutsche so sehr

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