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Sämtliche Werke

Titel: Sämtliche Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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glaube, daß es Aufsehn erregen wird. Ich habe Stellen daraus gehört, die des größten Meisters würdig sind. – Über Hoffmanns »Meister Floh« versprach ich Ihnen in meinem Vorigen mehreres zu schreiben. Die Untersuchung gegen den Verfasser hat aufgehört. Derselbe kränkelt noch immer. Jenen vielbesprochenen Roman habe ich endlich gelesen.
Keine Zeile
fand ich darin, die sich auf die demagogischen Umtriebe bezöge. Der Titel des Buches wollte mir anfangs sehr unanständig vorkommen; in Gesellschaft mußten, bei Erwähnung desselben, meine Wangen jungfräulich erröten, und ich lispelte immer: »Hoffmanns Roman, mit Respekt zu sagen.« Aber in Knigges »Umgang mit Menschen« (3. Teil, 9. Kapitel: Über die Art, mit Tieren umzugehn; das 10. Kapitel handelt vom Umgang mit Schriftstellern) fand ich eine Stelle, die sich auf den Umgang mit Flöhen bezog und woraus ich ersah, daß letztere nicht so unanständig sind wie »gewisse andre kleine Tiere«, die dieser tiefe Kenner der Menschen und Bestien selbst nicht nennt. Durch dieses humanistische Zitat ist Hoffmann geschützt. Ich berufe mich auf das Lied von Mephistopheles:
    Es war einmal ein König,
    Der hatt einen großen Floh.
    Der Held des Romans ist aber kein Floh, sondern ein Mensch, namens Peregrinus Tyß, der in einem träumerischen Zustande lebt und durch Zufall mit dem Beherrscher der Flöhe zusammentrifft und höchst ergötzliche Gespräche führt. Dieser, Meister Floh genannt, ist ein gar gescheuter Mann, etwas ängstlich, aber doch sehr kriegerisch, und trägt an den dürren Beinen große goldene Stiefel mit diamantenen Sporen, wie auf dem Umschlage des Buches zu sehen ist. Ihn verfolgt eine gewisse Dörtje Elverdink, die, wie man sagt, die Demagogie repräsentieren sollte. Eine schöne Figur ist der Student George Pepusch, der eigentlich die Distel Zeherit ist und einst in Famagusta blühte und der in die Dörtje Elverdink verliebt ist, die aber eigentlich die Prinzessin Gamaheh, die Tochter des Königs Sekakis ist. Die Kontraste, die auf solche Weise der indische Mythos mit der Alltäglichkeit bildet, sind in diesem Buche nicht so pikant wie im »Goldnen Topf« und in andern Romanen Hoffmanns, worin derselbe naturphilosophische Theatercoup angewandt ist. Überhaupt ist die Gemütswelt, die Hoffmann so herrlich zu schildern versteht, in diesem Romane höchst nüchtern behandelt. Das erste Kapitel desselben ist göttlich, die übrigen sind unerquicklich. Das Buch hat keine Haltung, keinen großen Mittelpunkt, keinen innern Kitt. Wenn der Buchbinder die Blätter desselben willkürlich durcheinandergeschossen hätte, würde man es sicher nicht bemerkt haben. Die große Allegorie, worin am Ende alles zusammenfließt, hat mich nicht befriedigt. Mögen andre sich daran ergötzt haben; ich glaube, daß ein Roman keine Allegorie sein soll. – Die Strenge und Bitterkeit, womit ich über diesen Roman spreche, rührt eben daher, weil ich Hoffmanns frühere Werke so sehr schätze und liebe. Sie gehören zu den merkwürdigsten, die unsere Zeit hervorgebracht. Alle tragen sie das Gepräge des Außerordentlichen. Jeden müssen die »Phantasiestücke« ergötzen. In den »Elixieren des Teufels« liegt das Furchtbarste und Entsetzlichste, das der Geist erdenken kann. Wie schwach ist dagegen »The monk« von Lewis, der dasselbe Thema behandelt. In Göttingen soll ein Student durch diesen Roman toll geworden sein. In den »Nachtstücken« ist das Gräßlichste und Grausenvollste überboten. Der Teufel kann so teuflisches Zeug nicht schreiben. Die kleinen Novellen, die meistens unter dem Titel »Serapionsbrüder« gesammelt sind und wozu auch »Klein Zaches« zu rechnen ist, sind nicht so grell, zuweilen sogar lieblich und heiter. Der »Theaterdirektor« ist ein ziemlich mittelmäßiger Schelm. In dem »Elementargeist« ist Wasser das Element, und Geist ist gar keiner drin. Aber »Prinzessin Brambilla« ist eine gar köstliche Schöne, und wem diese durch ihre Wunderlichkeit nicht den Kopf schwindlicht macht, der hat gar keinen Kopf. Hoffmann ist ganz original. Die, welche ihn Nachahmer von Jean Paul nennen, verstehen weder den einen noch den andern. Beider Dichtungen haben einen entgegengesetzten Charakter. Ein Jean Paulscher Roman fängt höchst barock und burleske an und geht so fort, und plötzlich, ehe man sich dessen versieht, taucht hervor eine schöne, reine Gemütswelt, eine mondbeleuchtete, rötlich blühende Palmeninsel, die, mit all ihrer stillen, duftenden

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