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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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sich unter der Hand beim Wappeninspektor oder bei einem Reichs-Hofkanzelisten gütigst zu erkundigen, wie ich meine Supplik eigentlich zu machen habe. Ich kann mir die verschiedensten Formularien gedenken. Die Hauptsache ist: ich weiß nicht, was die Reichsgesetze zu einem guten Poeten fodern, da es zwei ganz entgegengesetzte Arten oder Wege gibt, einer zu sein oder seinen Ideen die Vergoldung zu geben, nämlich die im Feuer und die kalte . Zieht die Reichskanzlei die kühlende Methode vor? Das wäre gerade die von Adelung , der nicht ohne Vernunft die Pegasus-Reiter gleichsam zur Degradierung unter das prosaische Fußvolk steckt. Von einem großen Dichter dieser Gattung wird, glaub’ ich, verlangt, daß er den Definitionen, die er versifiziert, die sich aber durch den Reim und durch das Metrum von prosaischen unterscheiden, eine solche Deutlichkeit erteilt, daß seine poetische Welt, fast wie die physische nach dem Diogenes von Apollonien, bloß aus frischem Wasser besteht – ein Bestandteil, bei dessen Schöpfung der Schweiß des Musensohns , so wie bei andern kalten Fiebern, nicht nur unschädlich ist, sondern auch gut und sogar kritisch , anstatt daß das Schwitzen des Musenvaters sonst nichts anzeigte als Niederlagen. Solche Gedichte können nie klar, hell und deutlich genug sein, wenn sie jener Kälte , die auch draußen an heitersten Tagen am größten ist, nicht Eintrag tun sollen, welche auf eine unschädlichere Art als der physische Frost die Neigung zum Schlafe belebt. Adelung sieht recht gut, wie nachteilig der erschlaffenden Schreib- und Kurart starke Bilder und Flügel sind – wenigstens bringt der Leser die lebhaften Ideen in den erbeuteten Schlaf mit hinüber und gewinnt nur einen mit Träumen durchbrochnen, auffahrenden. – Daher dringt er so sehr auf Klar- und Planheit, gleichsam auf eine heitre Luft, die zu dünn ist zum Fluge. Kommt es vielleicht daher, daß in der Mythologie den Wagen des Tages flügellose Rosse ziehen und den der Nacht geflügelte ? – Es tut überhaupt schon Schaden – denn es weckt –, daß man ein kühlendes Gedicht nicht ganz und gar aus reinen Reimen und Füßen machen kann, ohne Einmischung der geringsten Idee, wiewohl doch die bouts rimés und die über Verse gestellte leere Metra die Möglichkeit eines solchen Ideals zeigen. Silbenmaß und Reim aber ist in dieser edlern Prosa nicht nur kein Fehler, wie in der gemeinen Küchenprosa, sondern sogar eine wesentliche Schönheit und die größte. – Versichert mich nun der Wappeninspektor, daß die Reichs-Hof-Kanzlei hierin dem Herrn Adelung nach- und beitritt: so darf ich Schnälzlern als einen solchen kühlenden Poeten aufführen, als einen Vergolder mit ästhetischem Mattgold . Herr Rat Adelung behauptet zwar, dieses schöne kühle Zeitalter der deutschen Dichtkunst habe bloß von 40 bis 60 gedauert; er ist aber leicht mit meinem Schnäzler zurückzuschlagen, der noch lebt und das Muster der schlaffen Gattung nicht bloß darum ist, weil er unter solche geistliche Liederdichter gehört, die als figürliche zwitschernde Heuschrecken um die lutherischen Altäre in Gesangbuchs-Käfigen wie physische um die spanischen gehangen werden, sondern vorzüglich, weil er – anstatt daß jene kühlen Dichter ihr Frostwetter mit lauen Strophen unterbrechen und verderben, wie in die Winter schädliche warme Tage fallen, die die Bienen aus dem Winterschlaf reißen – sich niemals ungleich wird, wobei ihn freilich das meistens sinnlose Zusammenlegen des zerstreuten Auskehrigs sichtbar unterstützt. Einige solche Lieder dürft’ ich dem Gesuche anbiegen.
    Es könnte aber sein, bester Freund, daß das deutsche Reichs-Oberhaupt oder die Reichs-Hof-Kanzlei mit den Kraftgenies einverstanden wären, die nicht zur schlaffen , sondern zur straffen Gattung gehören und die auf glühenden Pflugscharen sowohl die Feuerprobe aushalten, als damit das Feld bestellen. Das wäre mir unangenehm und ein fataler Streich. Denn Schnäzler hat mit dem Phöbus, der ins glühende Zeichen des Krebses tritt, geringen Verkehr, er hat von Dichtern wenig, die in den Beinschellen des Metrums doch mit ungebundnen Flügeln steigen, wie Saturn seinen gefesselten Füßen mit offnen Flügeln nachhilft, ja er ist nicht einmal imstande – er würde vergeblich ansetzen –, es nur zu einiger leidlichen Dunkelheit der Gedanken zu bringen, mit der immer Größe derselben verknüpft ist, wie am Himmel die Planeten die größten sind, die sich von der Sonne am meisten

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