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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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Schönheit hervor. Anstatt der verzehrten Schulter wurde eine elfenbeinerne eingesetzt.
    Jetzt hatte Tantalos das Maß seiner Frevel erfüllt und wurde von den Göttern in die Hölle gestoßen. Hier wurde er von quälenden Leiden gepeinigt. Er stand mitten in einem Teiche, und die Wasser spielten ihm um das Kinn, dennoch litt er den brennendsten Durst und konnte den Trank, der ihm so nahe war, niemals erreichen. Sooft er sich bückte und den Mund gierig ans Wasser bringen wollte, entschwand vor ihm die Flut versiegend; der dunkle Boden erschien zu seinen Füßen; ein Dämon schien den See ausgetrocknet zu haben.
    So litt er zugleich den peinigendsten Hunger. Hinter ihm strebten am Ufer des Teiches herrliche Fruchtbäume empor und wölbten ihre Äste über seinem Haupte. Wenn er sich emporrichtete, so lachten ihm saftige Birnen, rotwangige Äpfel, glühende Granaten, liebliche Feigen und grüne Olivenbeeren ins Auge; aber sobald er hinauflangte, sie mit seiner Hand zu fassen, so riß ein Sturmwind, der plötzlich angeflogen kam, die Zweige hoch hinauf zu den Wolken. Zu dieser Höllenpein gesellte sich beständige Todesangst; denn ein großes Felsenstück hing über seinem Haupte in der Luft und drohte unaufhörlich, auf ihn herabzustürzen.
    So ward dem Verächter der Götter, dem ruchlosen Tantalos, dreifache Qual, niemals endend, in der Unterwelt beschieden.
    PELOPS
    So schwer der Vater an den Göttern sich versündigt hatte, so fromm ehrte sie sein Sohn Pelops. Er war nach der Verbannung seines Vaters in die Unterwelt in einem Kriege mit dem benachbarten Könige Trojas aus seinem phrygischen Reiche vertrieben worden und wanderte nach Griechenland aus. Eben erst bekleidete sich das Kinn des Jünglings mit dunklem Flaum, aber schon hatte er sich im Herzen eine Gattin ausersehen. Es war dies die schöne Tochter des Königes Önomaos von Elis, mit Namen Hippodameia. Sie war ein Kampfpreis, der nicht leicht zu erringen war. Das Orakel hatte nämlich ihrem Vater vorhergesagt, er werde sterben, wenn seine Tochter einen Gatten erhielte. Deswegen wandte der erschrockene König alles an, um jeden Freier von ihr zu entfernen. Er ließ eine Verkündigung in alle Lande hinausgehen, daß derjenige seine Tochter zur Gemahlin erhalten sollte, der ihn selbst im Wagenrennen überwinden würde.
    Wen aber er, der König, besiegte, der solle sein Leben lassen. Der Wettlauf geschah von Pisa aus nach dem Altare des Poseidon auf der Meerenge bei Korinth, und die Zeit zur Abfahrt der Wagen bestimmte der Vater also: er selbst wollte erst gemächlich dem Zeus einen Widder opfern, während der Freier mit dem vierspännigen Wagen vorausführe; erst wenn er das Opfer beendigt hätte, sollte Önomaos den Lauf beginnen und auf seinem von dem Wagenlenker Myrtilos geleiteten Wagen, mit einem Spieß in der Hand, den Freier verfolgen. Gelänge es ihm, den vorauseilenden Wagen einzuholen, so sollte er das Recht haben, den Freier mit seinem Spieße zu durchbohren. Als die vielen Freier, welche Hippodameia wegen ihrer Schönheit zählte, dieses vernahmen, waren sie alle getrosten Mutes. Sie hielten den König Önomaos für einen altersschwachen Greis, der, im Bewußtsein, mit Jünglingen doch nicht in die Wette rennen zu können, ihnen absichtlich einen so großen Vorsprung bewilligte, um seine wahrscheinliche Niederlage aus dieser Großmut erklären zu können. Daher kam einer um den andern nach Elis gezogen, stellte sich dem Könige vor und begehrte seine Tochter zum Weibe. Dieser empfing sie jedesmal freundlich, überließ ihnen ein schönes Viergespann zur Fahrt und ging hin, dem Zeus seinen Widder zu opfern, wobei er sich gar nicht beeilte. Dann erst bestieg er einen leichten Wagen, vor welchen seine beiden Rosse Phylla und Harpinna gespannt waren, die geschwinder liefen als der Nordwind. Mit ihnen holte sein Wagenlenker die Freier jedesmal noch lange vor Ende der Bahn ein, und unversehens durchbohrte sie der Speer des grausamen Königs. Auf diese Art hatte er schon mehr als zwölf Freier erlegt, denn immer holte er sie mit seinen schnellen Pferden ein.
    Nun war Pelops auf seiner Fahrt nach der Geliebten an der Halbinsel, die später seinen Namen führen sollte, gelandet. Bald hörte er, was sich zu Elis mit den Freiern zutrage. Da trat er nächtlicherweise ans Meeresufer und rief seinen Schutzgott, den mächtigen Dreizackschwinger Poseidon, an, der ihm zu Füßen aus der Meeresflut emporrauschte. »Mächtiger Gott«, rief Pelops ihn an, »wenn dir

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