Salomes siebter Schleier (German Edition)
bisschen länger in Jerusalem bleiben könnte, denn er will mich für eine geheime Mission einsetzen.›»
Ellen Cherry warf den Brief auf den Untersetzer aus Bambus. «Also, was hältst du davon?»
«Ich kann mir keinen Reim drauf machen», sagte Patsy. «Buddy quasselt andauernd davon, dass er und seine Juden das Armageddon auslösen wollen, aber du lieber Himmel, ich weiß auch nich. Auf alle Fälle werd ich ihn fragen, wenn wir ihn morgen treffen.»
«Onkel Buddy manipuliert Boomer. Er weiß genau, wie er das machen muss. ‹Geheime Mission›! Und Boomer fällt natürlich prompt auf diesen Blödsinn rein.»
«Ja, er hatte schon immer eine Schwäche für Spionagethriller.»
«Jedenfalls, was denkst du, Mami? Er redet davon, dazubleiben und sich mit Jerusalem ‹auseinanderzusetzen›, weil er sich mit allem im Leben, was ihm Angst macht, auseinandersetzen muss, und das ist relativ wenig, geb ich ja zu. Aber er macht sich selbst was vor, wenn das der Grund ist, denn du kannst mir glauben, das Einzige, wovor er momentan einen Heidenschiss hat, ist nach New York zurückzukommen und sich mit mir und Ultima Sommervell und seiner tollen neuen Karriere auseinanderzusetzen!»
Mit ihren miamipink lackierten Nägeln – Verlin hatte getobt und sie «Jezabel» genannt, als sie das Fläschchen kurz vor dem Abendessen aus der Einkaufstüte gefischt hatte – kratzte Patsy an den gelben Flecken, die das
tahini
auf der Tischdecke hinterlassen hatte. «Wenn du mich fragst, und das hast du ja getan, dann erinner dich bitte daran, dass Boomers Problem hauptsächlich darin besteht: Er liebt dich, aber er mag dich nicht. Er mag diese Ultima, aber er liebt sie nich. Und als Künstler kommt er sich vor wie ’n Hochstapler. Der Junge ist so verdammt durcheinander, dass der Nahe Osten im Moment wahrscheinlich genau das Richtige für ihn ist.»
«Alle Künstler kommen sich vor wie Hochstapler, außer vielleicht diejenigen, die wirklich welche sind. Sogar ich hatte manchmal das Gefühl. Heute dagegen hab ich das Gefühl, ich würde mich als Kellnerin ausgeben, was weniger anstößig ist. Jedenfalls … glaubst du wirklich, dass Boomer mich nicht mag, Mami?»
Noch bevor Patsy antworten konnte, flog die Tür auf, und Roland Abu Hadee stürzte herein, gefolgt von einem erregten Mann mit einer weißen Kopfbedeckung.
«Cherry!», rief Abu. «Weißt du, wo dein Vater ist? Spike hat einen Mann in der Toilette zusammenbrechen sehen.»
«Mr. Cohen?! Was?»
Die ganze Mannschaft eilte zur Herrentoilette. Dort fanden sie Verlin bereits wieder auf den Beinen, wenn auch aschfahl und benommen, der Hosenschlitz weit offen für die vier Winde, sieben Weltmeere, zwölf Apostel und neunundneunzig Bierflaschen an der Wand.
Nach einer ausführlichen Erklärung, gefolgt von einer ausführlichen Entschuldigung, während der Nabila das
dondurma
schmelzen und den Kaffee zu Traktordiesel verkochen ließ, stellte sich heraus, was passiert war.
Spike Cohen hatte ein ganz besonderes Geschenk für das I & I. Von der letzten Operation, der er sich zur Behandlung seiner Schusswunden hatte unterziehen müssen, war sein Kopf noch mit dicken weißen Verbänden umwickelt. Wie auch immer, um die Überraschung zu vergrößern, hatte Spike geplant, das Geschenk mit Unterstützung seines Sohnes und zweier Freunde seines Sohnes durch die Küche hereinzuschmuggeln. So hatten sie es alle vier zum Hinterhof geschleppt, den sich das I & I mit dem indischen Restaurant nebenan teilte. Da sich das Küchenfenster aber als zu hoch gelegen erwies, war Spike auf die Idee mit dem Toilettenfenster gekommen. Eigentlich alles ganz einfach. Aber die Beule an Verlins Kopf und die pleistozäne Brühe auf dem Boden der Kaffeekanne war es nicht wert.
Spike schüttelte Verlin die Hand und tätschelte über Patsys Pumps. «Nu,
darlink
, wo haben Sie bloß gefunden diese schicke Schuh in Dixieland?» Dann eilte er hinaus in den Hof und wies seine Helfer an, die Überraschung hereinzuhieven. Sie entpuppte sich als sehr großes, sehr modernes, sehr teures Fernsehgerät mit allem Komfort und Zurück. Der Bildschirm maß eins achtzig in der Diagonale, und es hatte eine revolutionäre neue Bildröhre, die eine optimale Bildauflösung bot. Spike hatte es aus Tokio einfliegen lassen, und es gab nicht einen Fernseher in ganz New York, der es damit aufnehmen konnte.
«Potztausend!», rief Verlin, der allmählich seinen Schock überwand. «Auf diesem Ding kann man bestimmt jeden
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