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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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fress ich ’nen Besen.»
    «Bud», sagte Patsy. «Du hast grad zu Abend gegessen.»
    «Dumme Sprüche schmuggeln dich nich durchs Radar des heiligen Petrus, Patsy Charles, und mir imponieren sie auch nich. Statt deinen Klugscheißerhumor zum Besten zu geben, solltest du lieber herkommen und dir ansehn, warum deine Tochter, die dir so verdammt ähnlich sieht, bis hin zu dem Jezabel-Kleister auf den Augen, warum sie hingehn und ihren Mann, mit dem sie im heiligen Bund der Ehe auf ewig vor Gott verbunden is, als Dämon darstellen muss. Als Bestie!»
    «Ich dachte, die Bestie wär eine Frau», sagte Ellen Cherry.
    «Bud, es is Weihnachten», mischte sich Verlin ein.
    «Ach, lass ihn doch keifen», sagte Patsy. «Er wird so ein Sodbrennen davon kriegen, dass er bei Gott um Gnade winseln wird.»
    «Also Patsy …»
    «Außerdem find ich das Thema interessant. Bud, wie dir sicher nich entgangen is, war es Mr. Boomer Petway, der sich aus dem Staub gemacht und meine Ellen Cherry sitzengelassen hat.»
    «Offen gesagt, das erstaunt mich nich.»
    «Und jetzt isser drüben in Is-ra-el, wie du es nennst. Reden wir mal im Augenblick nich davon, dass eine verlassene, betrogene Frau –»
    «Mami!»
    «– der er das Herz gebrochen hat, den Kerl nich unbedingt besonders schmeichelhaft darstelln würde. Doch wie gesagt, reden wir nich davon. Ich will dir mal ’ne theologische Frage stellen. Du hast gesagt, dass Ellen Cherry und Boomer in alle Ewigkeit vor Gott verbunden sind. Jetzt frag ich mich, was würde wohl passieren, wenn der alte Boomer da drüben in Is-ra-el umkommen täte? Wär es dann aus Gottes und aus deiner Sicht denkbar, dass Ellen Cherry sich einen neuen Ehemann nimmt?»
    «Das wäre das Letzte, was
ich
wollte», murmelte Ellen Cherry.
    «Bud?»
    Buddy zögerte. Er war misstrauisch. Das konnte leicht eine Fangfrage sein. «Ich weiß nich, worauf du hinauswillst, aber ja, es is vollkommen in Ordnung, wenn eine Witwe sich wieder verheiratet.»
    «Na schön, aber was, wenn die Witwe stirbt und in den Himmel kommt, mit wem teilt sie dann das Bett: Ehemann Nummer eins oder Ehemann Nummer zwei?»
    Verlin, der sich gerade von dem Spiel abgewendet hatte, um Patsy zum Schweigen zu bringen, verharrte mit offenem Mund. Donnerwetter, das war eine interessante Frage.
    «Man ‹teilt› im Himmel kein ‹Bett›», sagte Buddy mit einem Hauch von Verachtung in der Stimme.
    «Nein? Tut man nich? Also ruht man sich im Himmel nie aus? Erwartet ihr etwa von ’ner alten Witwe, dass sie vierundzwanzig Stunden am Tag auf den Beinen is?»
    «Du hast nich von ‹ausruhn› gesprochen.»
    «Nein? Wovon hab ich denn gesprochen, Bud?»
    «Patsy, verdammt noch mal, jetzt halt endlich die Klappe!», fluchte Verlin. «Lass ihn in Ruhe. Vergiss das blöde Bild, Bud, und sieh dir diesen Pass an. Sieht ganz so aus, als würde Washington gleich punkten.»
    «Na schön», sagte Patsy. «Tut mir leid. Wahrscheinlich is das nicht die Art Frage, mit der ein ernsthafter Theologe seine kostbare Zeit vertun würde. Es war dumm von mir. Ich mein, zunächst mal kommt natürlich Boomer in Jerusalem nich um.» Sie machte eine Pause. Und lächelte so zuckersüß, dass die Kakerlaken, denen beim Duft des Kuchens und der kandierten Süßkartoffeln bereits das Wasser im Mund zusammengelaufen war, aus ihren diversen Löchern spähten, um zu sehen, wo so viel Süße bloß herkam.
    «Was zum Teufel willst du damit sagen?»
    «Das genau würd ich gern rauskriegen. Ich würd gern was wissen, wozu Boomers Angetraute hier jedes Recht der Welt hat, nämlich: In welche finsteren Machenschaften willst du den Jungen da drüben eigentlich verstricken?»
    Buddy zerrte an seinem Krawattenknoten. Er sah sich im Apartment um. Aller Augen waren auf ihn gerichtet, einschließlich die seines Vetters. Washington musste ohne Verlin Charles punkten.
    I & I

Das ist der Raum mit der Wolfsmuttertapete. Der Raum, wo die riesige Motte mit papierdünnen Schwingen gegen den juwelengeschmückten Lampenschirm schlug. Der Raum, wo Jezabel ihre kholgeschwärzten Wimpern gegen die Fensterscheibe schlug. Wo das Windrad seine schwindelnden Kinder schlug, weil sie den Nordwind mit dem Weihnachtsmann verwechselt hatten.
    Nur wenige unbelebte Objekte glaubten an den Weihnachtsmann. Und wer hätte das besser wissen können als sie? Wenn ein alter Fettsack in einem roten Anzug mitten in der Nacht durch den Schornstein plumpste, würden Familie und Haustiere im Schlaf vielleicht nichts bemerken,

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