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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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war?
    Wenn Bud es tatsächlich fertigbrachte, so ein brutales biblisches Hirngespinst in die Tat umzusetzen, nur um gegen seine unerträgliche Frustration und Einsamkeit anzukämpfen, dann gab es da etwas, was sie tun konnte. Doch halt, nein, nicht mal, wenn es so einfach gewesen wäre, nicht mal, wenn sie sich mit Frustration und Einsamkeit so ausgekannt hätte, wie sie glaubte, hätte sie sich auf diesem Altar opfern können. Unmöglich. Lächerlich.
    Am nächsten Morgen, kaum dass sie den Vibrator wieder in die Wäscheschublade gelegt hatte, verstummte das pubertäre Gekicher der Höschen, und sie zwitscherten: «Wer? Wer? Wer?» Wer war es diesmal gewesen? Wessen Namen hatte sie laut gerufen, als sie spreizbeinig auf dem weißen Pony des Orgasmus davongeritten war? Norman? Raoul? Wieder mal Boomer? «Wer, Daruma, sagen Sie schon, wer?»
    Doch der Vibrator verriet nichts, bis die Höschen sich einigermaßen beruhigt hatten. Er lag neben der peinlichst berührten Spoon und intonierte mit tiefer Stimme die immer gleichen eintönigen japanischen Silben:
«Wooga go nami ne, Wooga go nami ne.»
Als endlich Ruhe in der Schublade herrschte, sagte er: «Die einsame Wolke am Mittagshimmel führt keine Entensauce.» Er wartete, um zu sehen, ob die Höschen protestieren würden, und als sie es nicht taten, fuhr er fort: «Gut. Der Name, den meine Herrin rief, war …»
    Spoon begann eine kleine Melodie zu summen, in der Hoffnung, den Namen zu übertönen, aber sie hörte ihn trotzdem.
    «Buddy», sagte der Vibrator. «‹Onkel Bud›, rief sie.»
     
    Auch Spoon köchelte die meiste Zeit vor sich hin. Leider im rein metaphorischen Sinne. Man hatte so lange nicht mit ihr gegessen, dass es ihr das Herz brach. Was auch immer passieren würde, wenn sie nach Jerusalem kam, zumindest würde man dort mit ihr
essen
. Jawohl, dafür würde sie sorgen. Nach ihrem Einzug in den Dritten Tempel würde Spoon schnurstracks in die Cafeteria gehen. Sich zwischen einen Priester und seinen Pudding werfen. Jetzt, da sie wieder glänzte und funkelte, vielleicht sogar zwischen den Messias selbst und … Das Sakrileg, die Lippen des Messias zu berühren, konnte sie sich schlechterdings nicht vorstellen, wohl aber, in seiner heilenden Hand zu liegen, einer Hand wie Samt und Seide. Der Messias speiste die Blinden mit Fischsuppe. Hungrige Waisenkinder mit Eiscreme. Und er würde Spoon benutzen, um einen magischen Kreis im Honigtopf zu ziehen. «Da», würde er zu seinen Aposteln sagen. «Das wird die Fliegen fernhalten.»
    Das Träumen war angenehm, das Köcheln weniger. Objekte schwimmen nicht in der Geschichte wie die Menschheit. Selbst jene seltenen Objekte, die die Fähigkeit, sich zu bewegen, wiedergewonnen haben, besitzen eine natürliche Geduld, nach der kein menschlicher Heiliger vernünftigerweise je streben sollte. Trotzdem sehnte Spoon die Wiedervereinigung mit ihren Reisegefährten herbei. Immer wieder stellte sie sich vor, wie sie ihnen vom Felsendom erzählen würde, von Mr. Petway, der in Jerusalem war, vor allem aber von Miss Charles’ Gemälden. Die Tatsache, dass Miss Charles dutzendfach Porträts von ihnen gemalt hatte – von
ihnen
: Dirty Sock, Can o’ Beans und Spoon –, konnte nur bedeuten, dass sie ihre von Gott auserwählte Fürsprecherin war.
    Und doch
, brütete Spoon,
wenn ich ihr so viel bedeute, warum hat sie mich dann in die Gesellschaft ihrer oberflächlichen, geschwätzigen Unterwäsche und dieses orientalischen Objekts ihrer Begierde verbannt
? Can o’ Beans hatte ihr erklärt, dass man von Ausländern eine Menge lernen kann, doch was phönizische Stöcke und japanische Dildos von sich gaben, machte nur in den seltensten Fällen Sinn. Und der Vibrator war noch weitaus unergründlicher als Painted Stick.
    «Wo kommen Sie her, Sir?», hatte Spoon gefragt, als sie sich kennenlernten.
    «Vom gleichen Ort wie das Guano, das der unsichtbare Vogel ins dunstige Meer fallen ließ.»
    «Das ist hübsch», sagte Spoon, um Höflichkeit bemüht. Damals war sie sich der obszönen Funktion des Burschen noch nicht bewusst gewesen und hatte ihn für einen Lockenstab gehalten.
    «Drei Pfund Flachs», sagte der Vibrator.
    Die Unterhöschen verstanden ihn auch nicht, aber sie taten, als sei er so weise wie Salomon (wenn Salomon denn weise gewesen wäre). Sie verbeugten sich vor ihm und nannten ihn «Meister» oder «Daruma», und so schwer es ihnen fiel, ihr Gekicher zu unterdrücken, intonierten sie doch täglich zwei Stunden

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