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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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lang mit ihm:
«Wooga go nami ne, Wooga go nami ne.»
    «Ich würde Kopfschmerzen davon kriegen», beschwerte sich Spoon. «Wenn ich einen Kopf hätte.»
    «Ah, kopflose Kopfschmerzen!», rief der Vibrator entzückt. «Gut. Es besteht noch Hoffnung für Sie.»
     
    Wenn sie sich selbst überlassen waren, schlugen die Unterhöschen die Zeit tot, indem sie über Mode, die neuesten Diäten, den Lebensstil von Prominenten und Popmusik plauderten. Selbst während sie unter Darumas Aufsicht meditierten, konnte Spoon sie manchmal über die Pfunde tuscheln hören, die diese Schauspielerin verloren oder jene angesetzt hatte. Mit besonderer Vorliebe stellten sie endlose und häufig sensationslüsterne Spekulationen über Ellen Cherry Charles an. Sie waren wie besessen von Miss Charles’ Sexualleben, was Spoon der Tatsache zuschrieb, dass sich eine nach der anderen, entsprechend dem Rotationsprinzip, in nächster Nähe zum, äh, Dreh- und Angelpunkt dieser vermuteten Aktivitäten befand.
    Zum Schutz vor dieser vulgären, peinlichen Tratscherei fing Spoon an, ihnen von ihren Abenteuern zu berichten: wo sie gewesen war, wo sie hinwollte, unter welchen Umständen und in welcher Begleitung. Da sie nichts lieber taten, als sich unterhalten zu lassen, hörten die Unterhöschen aufmerksam zu. Sie wussten eine gut erzählte Geschichte zu schätzen. Nicht den Bruchteil einer Sekunde lang jedoch glaubten sie, dass Spoon tatsächlich über die Fähigkeit verfügte, sich zu bewegen. Für sie war das alles nur Prahlerei. Gekränkt, dass die Unterhöschen ihre Wahrheitsliebe in Frage stellten, schlug Spoon ein paar schlappe Räder und führte ihnen eine unbeholfene Pirouette vor. Da ließen sie vor lauter Begeisterung ihre Gummibändchen schnappen. Von nun an hörten sie doppelt so gespannt zu. Und selbst Daruma war beeindruckt, trotz seines reservierten Gehabes.
    In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich tatsächlich bewegen konnte, war es den Höschen völlig schleierhaft, warum Spoon in dieser Wäscheschublade herumlag und vor sich hin köchelte. Wieso verduftete sie nicht nach St. Patrick’s und tat sich wieder mit ihren interessanten Freunden zusammen?
    «Erstens, weil ich den Weg nicht weiß», antwortete Spoon.
    «Der wahre Weg ist stets unbekannt», konterte der Vibrator.
    «Zweitens kriege ich schon bei der Vorstellung Angst.»
    «Jeder, der reist, muss den Staub mögen lernen», sagte Daruma.
    «Das Wichtigste aber ist: Wir unbelebten Objekte tragen die ethische Verantwortung dafür, dass wir das Realitätsbewusstsein der menschlichen Wesen nicht zerstören. In dieser Hinsicht versteht Conch Shell keinen Spaß. Wenn ein Mensch sähe, wie ich mich bewegte, würde er wahrscheinlich glauben, er spinne oder sei Zeuge eines Wunders. Can o’ Beans sagt, die Menschen sind zu zerbrechlich für Wunder.»
    «Honto des’»
, bemerkte der Vibrator weise. «Richtig. Vor zweitausend Jahren hat eine Jungfrau ein Kind geboren. Darüber ist die Menschheit heute noch nicht hinweg. Hahaha.»
    «Ich habe die unbefleckte Empfängnis nie in einem solchen Licht gesehen», erwiderte Spoon. «Und lustig finde ich sie auch nicht. Aber Sie könnten schon recht haben. Vielleicht musste Gott deswegen aufhören, Wunder zu wirken.»
     
    Da sie es zufrieden waren, Spoons Geschichten zu lauschen, stellten die Höschen selten Fragen. Daruma dagegen stellte auf seine coole Art eine unerschöpfliche Neugier zur Schau. «Je mehr Gerede und Gedanken, desto ferner die Wahrheit», pflegte er zu sagen, und gleichwohl löcherte er Spoon mit Fragen danach, wie der verzierte Stock und die Muschel es fertiggebracht hatten, von Jerusalem aus in eine Höhle in Utah zu gelangen (oder war es Wyoming?). Auch Spoon hatte sich darüber dereinst den Kopf zerbrochen. Mittlerweile wusste sie die Antwort.
    «Die Phönizier haben sie mitgenommen. Sie glauben wahrscheinlich, dass Kolumbus Amerika entdeckt hat, aber da liegen Sie ganz falsch. Er war ein guter, tapferer Katholik, und ich würde nur allzu gern glauben, dass er der Erste war, aber er war es nicht. Die Phönizier besaßen herrliche Schiffe, mit denen sie um die ganze Welt segelten. Nun ja, über den Pazifik vermutlich nicht, aber über die anderen Meere schon. Sie wussten schon Jahrhunderte vor Kolumbus von Amerika. Viele, viele Jahrhunderte. Ist das nicht sagenhaft? Nach der Zerstörung von Herodes’ Tempel durch die Römer im Jahre –» Spoon musste innehalten, um sich die Zahlen vor Augen zu führen. Sie sah eine

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