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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Turn Around Norman.»
    Sie meinte nicht Norman Mailer, den Schriftsteller, der auf der I & I-Party einen flüchtigen Blick – ob bei- oder abfällig, konnte sie nicht sagen – auf sie geworfen hatte. Nein, sie dachte an einen bestimmten Straßenkünstler, der … ach, lassen wir’s. Turn Around Normans Zeit wird kommen. Lassen wir Ellen Cherry erst mal ausschlafen.
     
    Poch! Poch! Poch!
Irgendwas hämmerte wie die Kolben in des Teufels Nash Rambler. Ellen Cherry hätte nicht sagen können, ob der Krach von draußen oder drinnen kam, ob ein Besucher an der Tür klopfte oder ob ihr Kater versuchte, in ihrem Schädel ein Bild aufzuhängen.
Das Massaker an den Unschuldigen
auf schwarzem Samt, gemalt von einem wasserköpfigen Pavian.
    Sie setzte sich hin und schlug die Augen auf. Vorsichtig, damit sie nicht zerbrachen. Ihre Augen schienen ohne ihre Beteiligung das Augenspiel zu spielen. Das Zimmer war dermaßen verschwommen, dass sie sich so lange hütete zu atmen, bis sie ganz sicher war, nicht unter Wasser zu sein. Aber sie hörte besser mit offenen Augen. Wie die meisten Leute.
Poch! Poch!
Es war an der Tür.
    «Wer ist da?», rief sie – und zuckte im gleichen Augenblick schmerzerfüllt zusammen.
    «Ich!»
    «Wer?»
    «Ich! Mach auf! Immerhin hab ich mal hier gewohnt! Yippie!»
    Warum jetzt, lieber Gott, warum ausgerechnet jetzt?
Sie hatte den Blödmann seit über einem Monat nicht gesehen, und
jetzt
musste er aufkreuzen, wenn sie nichts anhatte, mit einem Kater kämpfte und zweifellos aussah wie
Das Massaker an den Unschuldigen
auf schwarzem Samt, gemalt von einem wasserköpfigen Pavian. Die Tatsache, dass er sie hundertmal so gesehen hatte, frühmorgens nach einer harten Nacht, hatte nichts zu sagen. Das war damals gewesen, und dies hier war jetzt. Sie sprang aus dem Bett. «Gib mir fünf Minuten», rief sie und wusste ganz genau, dass sie allein schon länger dazu brauchen würde, sich die Tapete von der Zunge zu pellen.
    Dass sie ihr Haar nicht zu bürsten brauchte – was für einen Unterschied hätte es gemacht? –, wirkte sich günstig auf die Reparaturzeit aus. Nach genau acht Minuten zeigte der Spiegel sie nur unwesentlich vom Gipfel ihrer Möglichkeiten entfernt. Sicher, sie hatte nicht geduscht, aber ein, zwei Spritzer «Jungle Desire» würden es auch tun. Sie schraubte die Flasche zu und ging zur Tür.
    «Honigpfläumchen.»
    «Na, Boomer?»
    Er trug eins seiner alten, verschossenen Hawaiihemden und, wenn ihre Erinnerung sie nicht trog, dieselben mit Stahlkappen verstärkten Schuhe, in denen er sie geheiratet hatte, aber die Lederhose war neu und teuer. Eine Baskenmütze, rot wie ein Moskitorülpser, reduzierte die vom schwindenden Haaransatz freigelegte Kopfhaut auf eine kahle Fläche, die ein bisschen zu klein war, um noch zu Graffiti-Experimenten einzuladen. Die Baskenmütze war aber nicht neu. Er trug sie seit dem Tag, an dem er herausgefunden hatte, dass er ein Künstler war.
    Sie fischte ihm ein Bier aus dem Kühlschrank, ein Pabst Blue Ribbon, das er beim Auszug vergessen hatte. In der ganzen Wohnung war zwar kein Stück kalte Pizza mehr aufzutreiben, aber das machte nichts, weil er an dem Morgen schon drei verdrückt hatte.
    «Ich war zufällig in der Nähe …»
    «Ja. Sicher. Und – wie geht’s, Boomer?»
    «Ich schufte wie ein Schwein.»
    «Gut.»
    «Schlafe wie ein Bär.»
    «Fein.»
    «Fresse wie ein Scheunendrescher.»
    «Aha.»
    «Schwimme wie ein Fisch.»
    «Scheinst ein bisschen ausgetickt in letzter Zeit.»
    «Besser ausgetickt als ausgefickt.»
    «Macht sie dich so fertig?»
    «Sei doch nicht so kratzbürstig.»
    «Und wie geht’s der alten Ultima sonst?»
    «Ellen Cherry, ich kriege Ultima gar nie zu Gesicht. Oder jedenfalls kaum. Aber sie will dich sehen. Ich hab ihr gesagt, ich glaube, du malst wieder.»
    «Tja, da hast du falsch geglaubt.»
    «Und was ist
das
da?» Er nickte und deutete mit der Baskenmütze auf die zwanzig oder mehr Bilder, die sich vor der Wand stapelten.
    «Experimente.»
    «Ich verstehe nicht, warum –»
    «Nein! Wehe, du rührst sie an!»
    «Ich dachte, es wären nur Experimente.»
    Eine Zeitlang saßen sie schweigend da. Boomer trank sein Bier aus. Sie bot ihm kein neues an. Er zerdrückte die leere Dose in seiner großen Schweißerfaust und fing dann an, das Aluminium in die eine oder andere Form zu biegen. Sie fragte sich, ob er sie in seine Ausstellung aufnehmen würde.
    Nach einer Weile erkundigte er sich: «Kommst du klar?»
    «Oh,

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