Samurai 3: Der Weg des Drachen
getötet«, erwiderte Drachenauge unwirsch. »Ich frage sie nicht zuerst nach ihrem Namen.«
Seine Gleichgültigkeit brachte Jack in Rage. »Warum haben Sie ihn getötet? Was für eine Bedeutung hatte er für Sie?«
»Überhaupt keine. Du warst das Ziel, dein Freund stand im Weg. Du bist der Grund, warum er starb.«
Jack kämpfte mit Gewissensbissen. War er schon wieder an allem schuld? Nein, der Überfall hatte nichts mit ihm zu tun. Der Ninja hatte den Auftrag, die Ratsmitglieder und Satoshi zu ermorden.
»Aber Sie arbeiten doch für Pater Bobadillo? Warum überfallen Sie die, auf deren Seite er steht?«
»Ich arbeite für niemanden«, zischte Drachenauge. »Aber ich töte für jeden, der mich bezahlt.«
An seiner Hüfte blitzte etwas stählern auf. Instinktiv schlug Jack mit dem Schwert darauf. Er traf einen Wurfstern. Die tödliche Waffe flog über das Dach und verschwand in der Nacht.
Schon rannte Drachenauge auf ihn zu, doch Jack hob blitzschnell das Schwert. Der Ninja musste stehen bleiben. Jack hielt ihm die Schwertspitze an die Kehle.
»Du beeindruckst mich immer wieder, Gaijin«, sagte Drachenauge. Er schien völlig unbekümmert. »Ich würde auf einem Dach nicht mit einem Langschwert kämpfen, aber du gehst damit sehr geschickt um. Leider ist dein Talent als Samurai verschwendet. Ich könnte dir noch viel mehr beibringen, wenn du ein Ninja wärst.«
»Sagen Sie mir einfach, wo der Portolan ist.«
»Ich habe ihn nicht. Du weißt, wer ihn hat. Frage ihn selber.«
»Pater Bobadillo hat Sie also tatsächlich damit beauftragt, ihn zu stehlen.«
Drachenauge nickte kaum merklich. »Nicht nur damit. Ich soll dich auch töten.«
Ein kalter Schauer überlief Jack. Sein Verdacht hatte sich bestätigt.
»Ein schöner Priester ist das.« Drachenauge lachte. »Die Frage ist, bringst du es fertig, mich zu töten?«
Jack starrte das grüne Auge an und sah darin weder Angst noch Schuldgefühle oder Reue. Dieser Ninja hatte seinen Vater ermordet, ihn vor seinen Augen erdrosselt. Er hatte das unschuldige Dienstmädchen Chiro und Yamatos Bruder Tenno getötet. Drachenauge hatte nicht nur Jacks Leben zerstört, sondern auch das seiner Freunde. All der Kummer und das Leid, das er seit seiner Ankunft in Japan erfahren hatte, stiegen in Jack auf. Blinde Wut drohte ihn zu überwältigen.
Der Augenblick, auf den er sich so lange vorbereitet hatte, war gekommen.
»Ja«, sagte er leise und drückte die Schwertspitze fester gegen die Kehle des Ninjas.
»Ich glaube dir nicht«, höhnte Drachenauge. »Sonst hättest du es nämlich längst getan. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass man nie zögern darf!«
Hinter Jack tauchte wie aus dem Nichts ein Ninja auf, packte ihn und stieß ihn die Dachschräge auf der anderen Seite des Firsts hinunter. Jack verlor sein Schwert. Klappernd fiel es das Dach hinunter und verschwand in der Nacht.
Als er mit den Fersen gegen die Dachziegel schlug, gelang es ihm, seinen Sturz aufzuhalten. Im nächsten Moment landete der Ninja auf dem schmalen Sims zwischen Mauer und Dach. Jack richtete sich hastig auf und hob die Arme, um sich zu verteidigen. Doch er stand auf der Dachschräge und das war ein gefährlicher Nachteil.
Auf dem First über ihm erschien Drachenauge. Als schwarze Silhouette vor dem Mond wirkte er Furcht einflößender denn j e – ein schwarzes Gespenst in der Nacht.
»Dein letztes Stündchen hat geschlagen, Gaijin«, fauchte er. In seiner Hand blitzte die Klinge eines Messers. »Jetzt entkommst du mir nicht mehr.«
Jack spähte über den Rand des Daches. Von dort ging es endlos weit hinunter.
»Da oben!«, hörte er tief drunten jemanden rufen.
Ein Regen von Pfeilen flog auf ihn zu. Jack duckte sich hastig und die stählernen Spitzen prallten gegen Mauer und Dachziegel. Als er den Kopf hob, war Drachenauge verschwunden.
Der andere Ninja floh den Sims entlang.
Jack nahm die Verfolgung auf, während weitere Pfeile auf ihn als vermeintlichen Feind abgeschossen wurden. Der Ninja sprang auf das Dach des nächsten Stockwerks hinunter. Er flog durch die Luft wie eine Fledermaus. Jack merkte erst am Dachrand, wie tief es zum nächsten Stock hinunterging. Da war es bereits zu spät, um anzuhalten.
Er sprang und landete unsanft auf dem nächsten Dach. Die Dachziegel zerbrachen unter seinem Gewicht. Er verlor den Halt und stürzte an dem Ninja vorbei zum Rand des Dachs hinunter.
Da sprang der Ninja ihm nach und bekam ihn gerade noch am Arm zu fassen.
In schwindelnder
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