Samurai 3: Der Weg des Drachen
der Burg war einer betäubenden ständigen Angst gewichen. Die Schüler fühlten sich hin und her gerissen zwischen der Entschlossenheit zu kämpfen und dem Drang zu fliehen.
»Gewinnen wir denn?«, fragte Yori und versuchte zwischen Jack und Taro nach vorn zu sehen.
»Die Schlacht hat eben erst angefangen«, antwortete Taro.
»Aber wie steht es? Ich kann mit diesem blöden Helm nichts sehen.«
»Nimm ihn doch ab«, schlug Akiko vor und half ihm, das Band um sein Kinn zu lösen. »Er schadet dir mehr, als dass er nützt.«
Yori blickte ängstlich zum grauen Himmel auf. »Und wenn mich ein Pfeil trifft?«
»Wir stehen hinter Sensei Kyuzo. Er fängt ihn für dich auf!«, witzelte Yamato.
Nervöses Lachen breitete sich unter den Schülern aus.
»Konzentriert euch«, knurrte Sensei Kyuzo, der ihre Reihen abschritt.
Taro ließ die Ebene vor ihnen nicht aus den Augen und kommentierte den Verlauf der Schlacht. »Noch kann man nicht sagen, wer stärker ist. Aber eine Abteilung von uns greift die gegnerische Front in der Mitte an. Seht ihr die Samurai mit den schwarz-weiß gestreiften Bannern? Sie versuchen gerade durch Daimyo Kamakuras Leibwache zu brechen.«
»Warum denn?«, fragte Yamato. »Dort ist der Gegner doch am stärksten.«
»Das ist ein Ablenkungsmanöver. Damit der Gegner seine Kräfte innen zusammenzieht. Seht da drüben links! Da kommt plötzlich Bewegung in unsere Reihen. Wahrscheinlich will Satoshi Kamakura von hinten angreifen.«
»Dan n … verlieren die anderen also?«, fragte Yori hoffnungsvoll.
»Nein, sie wehren sich heftig. Kamakuras Kanonen und Arkebusen setzen unserer rechten Flanke schwer zu.«
Jack sah, wie Satoshis ashigaru ein ums andere Mal angriffen, doch stets wurden sie durch einen Hagel von Geschossen dezimiert. Daimyo Kamakura hatte seine Soldaten ausgebildet, in geordneten Reihen zu schießen, sodass immer mindestens eine Reihe feuerte, während die andere lud. Hinter den Schützen wartete eine gewaltige Streitmacht von Samurai darauf, den Gegenangriff zu eröffnen.
»Sie können jeden Moment durchbrechen«, sagte Taro.
Das zuversichtliche Lächeln auf Yoris Gesicht erlosch.
Es begann wieder zu nieseln wie schon am frühen Morgen und im Verlauf des Vormittags nahm der Regen sogar zu. Gegen Mittag schüttete es sintflutartig. Der Kampflärm ging im Geprassel des Regens unter und das Feuer der Kanonen und Arkebusen erstarb. Die Ebene verwandelte sich in einen blutigen Morast und verlangsamte das Vorrücken der Soldaten beider Seiten. Sie kämpften nun nicht nur gegen die Feinde, sondern auch gegen den Boden, der an ihren Füßen klebte und sie aus dem Gleichgewicht brachte. Die Soldaten der Reserve waren durchnässt und zitterten vor Kälte. Ihr Kampfwille war auf einen Tiefpunkt gesunken.
»Haben wir schon gewonnen?«, fragte Yori und zog am Ärmel von Taros Rüstung.
»Nein«, erwiderte Taro gereizt. »Frag nicht ständig.«
»Warum höre ich dann keine Schüsse mehr?«
»Er hat Recht«, sagte Yamato. Regen und Rauch verschleierten den Blick auf die Ebene. »Hat Kamakura sich ergeben?«
»Sieht nicht so aus.« Taro zeigte auf eine Abteilung von Kamakuras Armee, die sich erbittert gegen Satoshis Samurai zur Wehr setzte. »Obwohl sie unsere rechte Flanke nicht mehr beschießen.«
Jack grinste. Er kannte den Grund. Schließlich hatte auch die Alexandria Kanonen an Bord gehabt. »Wenn Schießpulver nass wird, zündet es nicht mehr!«
»Richtig! Das müsste uns eigentlich einen Vorteil verschaffen.« Taro schlug zufrieden mit der Faust an seinen Brustpanzer. »Seht doch! Unsere Truppen brechen durch die gegnerischen Linien.«
Jack kniff die Augen zusammen. Ein Bataillon von Satoshis Kerntruppe griff Daimyo Kamakuras Elite an. Ein Keil von Samurai mit schwarz-weißen Bannern schnitt tief in das Meer blau-gelber Fahnen ein. Bald würden die Angreifer vor Daimyo Kamakuras Leibwache stehen.
»Vielleicht gewinnen wir doch!«, sagte Taro ungläubig.
48
Die roten Teufel
Doch im Osten bot sich ihnen ein schrecklicher Anblick.
Es war, als ob der Horizont blutete. Eine ganz in Rot gekleidete Armee marschierte auf das Schlachtfeld. Nicht nur die sashimono der Soldaten leuchteten rot, auch die Helme, Brustpanzer und sogar das Zaumzeug der Reiter hatten die Farbe des Blutes. Daimyo Kamakura warf aus Angst vor der drohenden Niederlage seine Reservearmee, seine Geheimwaffe, nach vorn.
»Die Roten Teufel der Li«, flüsterte Taro und wurde kreidebleich.
Jack sah ihn fragend an,
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