Samurai 3: Der Weg des Drachen
hatte, hatten es durch tiefe Krater entstellt, als sei hier und dort das Fleisch weggefault. Und anstelle des Auges, das den Blattern zum Opfer gefallen war, war nur ein zerklüftetes schwarzes Loch zu sehen.
Wütend starrte Drachenauge Jack mit seinem grünen Auge an. »Du siehst dem Tod ins Auge!«, fauchte er. »Stirb, Samurai!«
Wie besessen stürzte er sich auf Jack, um ihn zu enthaupten. Jack riss sein Langschwert nach oben und wehrte den Schlag ab.
Die beiden Schwerter prallten gegeneinander. Und Schwarze Wolke zerbrach die Klinge Shizus in zwei Teile.
Entgeistert starrte Jack auf den nutzlosen Stummel in seiner Hand. Drachenauge versetzte ihm sofort einen Tritt in die Brust.
Jack landete auf einer brennenden Strohmatte, geriet mit der Hand in die Flammen und verlor sein Kurzschwert. Er rollte vom Feuer weg, doch eine Schwertklinge hielt ihn an.
»Kunitome hat bei seinem Leben geschworen, dies sei das beste Schwert, das er je gemacht habe«, sagte Drachenauge und betrachtete sein Schwert mit grimmiger Genugtuung. »Er hatte Recht. Knie nieder, Gaijin.«
Jack kniete sich hin. Die Spitze des Schwerts war auf ihn gerichtet.
Er hatte verloren. Zwar hatte er die Technik der beiden Himmel erlernt, aber Drachenauge war ein zu starker Gegner gewesen.
Drachenauge hob das Schwert und hielt inne. Ein schadenfrohes Grinsen breitete sich auf seinem entstellten Gesicht aus.
»Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als dich zu köpfen.«
55
Eine unmögliche Entscheidung
Jack erinnerte sich, was Masamoto einmal im Unterricht gesagt hatt e – alle Mittel und Waffen sind recht, die zum Sieg führe n –, und zog unbemerkt das Kampfmesser des Ninjas aus seinem Gürtel.
Während Drachenauge noch seinen Triumph auskostete, sagte Jack: »Sie haben mir einmal geraten, nie zu zögern.«
Dann schnitt er mit seinem Messer über das Bein des Ninjas.
Drachenauge schrie erschrocken auf und machte einen Schritt zurück.
Jack sprang auf. Doch Drachenauge fasste sich schneller, als er erwartet hatte. Blitzschnell holte er mit seinem Schwert aus.
Da explodierte die Wand neben ihnen und eine Kanonenkugel flog durch das Zimmer. Von der Jagdszene war nichts mehr übrig. Brennende Wandstücke flogen durch die Luft und warfen Jack und Drachenauge um.
Jack landete auf dem zerstörten Balkon. Um ihn rieselten Blattgoldschnipsel wie Schneeflocken herab. Benommen und mit dröhnendem Kopf starrte er zum Erdboden acht Stockwerke unter sich hinunter. Die Roten Teufel schwärmten wie Ameisen über den Hof. Der Boden schien ihn magisch anzuziehen. Übelkeit und Schwindelgefühl erfassten ihn.
Erschrocken wich er vom Rand des Balkons zurück. Das Messer hielt er noch in der Hand.
Links von ihm lag Drachenauge. Er schien kaum bei Bewusstsein. Jack kroch zu ihm.
»Jetzt bist du dran«, sagte er und hob das Messer zum tödlichen Stoß.
Jetzt würde er seinen Vater rächen.
Den Albtraum beenden.
Den Ninja töten.
Das dämonische Messer in seiner Hand schien wie ein Herz zu pochen.
Der in den Stahl gravierte Name glühte rot im Schein des Feuers und schien ihm etwas sagen zu wollen.
Töte, töte, töte!
Plötzlich hörte Jack wieder die warnende Stimme des Wirts aus dem Teehaus.
Eine solche Waffe dürstet nach Blut und treibt ihren Besitzer dazu zu morden.
Jack spürte es förmlich.
Blutgier drohte ihn zu überwältigen.
Er holte aus.
Doch dann fiel ihm ein, was Sensei Yamada in jener Nacht gesagt hatte, in der er sich für den Weg des Kriegers entschieden hatte, und er hielt inne. Der Zen-Meister hatte erklärt, was Bushido war und was es bedeutete, ein Samurai zu sein.
Der Weg des Kriegers hat nicht das Zerstören und Töten zum Inhalt, sondern die Förderung des Lebens. Seinen Schutz.
Drachenauge mochte noch so viel Kummer und Leid verursacht haben, mit Rache war ihm nicht beizukommen.
Im Unterschied zu ihm war Jack kein Mörder.
Vielleicht konnte er dadurch, dass er das Leben des Ninjas schonte, ein anderes retten. Das Leben von Akikos Bruder Kiyoshi.
»Halt!«, schrie eine Stimme, als er den Arm mit dem Messer senkte.
Jack warf das dämonische Messer über den Balkon und es verschwand in der Nacht. Er drehte sich um. Am oberen Ende der Treppe stand Akiko.
»Ich dachte, du wolltest ihn töten«, sagte sie und kam vorsichtig durch die brennenden Überreste des Zimmers näher.
Jack ließ den bewusstlosen Ninja liegen und eilte ihr entgegen. Er hatte sich noch nie so gefreut, sie zu sehen. »Fast hätte ich es
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