Samurai 3: Der Weg des Drachen
hatte, war die Haut dunkelrot geschwollen.
»Aber du hast dich tapfer geschlagen«, fügte Kazuki anerkennend hinzu. »Ich hatte erwartet, dass du gleich in der ersten Runde zu Boden gehst. Du hast zwar den Wettkampf verloren, aber meine Achtung gewonnen.«
Er verbeugte sich.
Dann wandte er sich grinsend an Jack. »Ich freue mich schon auf meinen Preis.«
Er ging.
»Tut mir leid«, sagte Yamato und wich Jacks Blick aus.
»Keine Ursache«, erwiderte Jack. Zwar hing Kazukis Drohung wie ein Fallbeil über ihm, doch er wusste, Yamato hatte sein Bestes gegeben. Niemand hatte geglaubt, dass er überhaupt so weit kommen würde. »Alle reden davon, dass du vier besiegt hast.«
Yamato seufzte. »Aber dann habe ich verloren. Nur das wird im Gedächtnis bleiben. Ein zweiter Platz bringt keine Ehre.«
»Ich werde mich an etwas anderes erinnern«, entgegnete Jack. »An einen Freund, der für mich und um die Ehre gekämpft hat.«
Yamato versuchte ein Lächeln, brachte aber keines zustande. Er hatte im letzten Moment die Chance vertan, sich zu beweisen. Masamoto kam auf sie zu und Jack sah, wie Yamato immer mehr in sich zusammenfiel. In gebeugter Haltung erwartete er das Urteil seines Vaters.
Masamoto musterte den Sohn streng.
»Du hast dich länger gehalten, als ich erwartet habe, Yamato-kun. Aber du hast dich von Kazuki täuschen lassen. Indem er dir verriet, wo er stand, wusste er zugleich, wo du angreifen würdest. Das war dein Fehler.«
»Ja, Vater«, murmelte Yamato.
Jack wusste, dass Yamato jetzt mehr brauchte als eine Belehrung darüber, was er hätte besser machen können. Er wollte von seinem Vater angenommen werden, egal wie der Kampf ausging.
Masamoto wandte sich zum Gehen. »Wenn du mit dem Schwert einmal so gut zurechtkommst wie mit dem Stock, bist du Tenno als Schwertkämpfer ebenbürtig.«
14
Yabusame
»In-yo, in-yo, in-yo!«, schrie Sensei Yosa.
Sie galoppierte auf ihrem schnaubenden Pferd so schnell vorbei, dass Jack nichts als einen farbigen Streifen erkennen konnte. Ein Pfeil sauste pfeifend durch die Luft und spaltete die neben Jacks Kopf hängende rechteckige, hölzerne Zielscheibe mit einem lauten Knall.
Die Schüler klapperten anerkennend mit ihren Köchern. Sensei Yosa ritt im Sattel stehend weiter. Das Pferd lenkte sie mit den Zehen, die Zügel hatte sie losgelassen, um Pfeile einlegen, den Bogen spannen und schießen zu können.
Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit näherte sie sich dem nächsten Ziel. Sie hob den Bogen und schoss den zweiten Pfeil.
Auch er traf ins Ziel. Das Zedernholzbrettchen brach in mehrere Teile auseinander.
Ihr blieben nur wenige Sekunden, um ein drittes und letztes Mal anzulegen. Im selben Moment, in dem ihr Hengst an der dritten Scheibe vorbeiraste, schoss sie den letzten Pfeil. Mit einem dumpfen Ton blieb er genau in der Mitte des Brettchens stecken und spaltete es in zwei Teile.
Die Schüler schüttelten ihre Köcher noch heftiger und lauter.
Sensei Yosa wendete und trabte zurück. Die speziell für diesen Zweck angelegte Bahn lag inmitten des malerischen, bewaldeten Parks um den alten Kamigamo-Schrein. Sie war auf beiden Seiten mit Seilen abgetrennt und mit drei hintereinander angeordneten, an hohen Pfosten hängenden Zielscheiben ausgestattet.
Ein Monat nachdem Jack und seine Freunde wieder in die Schule aufgenommen worden waren, hatte Sensei Yosa eines Tages angekündigt, ihre Schüler seien jetzt im Bogenschießen so weit fortgeschritten, dass sie mit kisha anfangen könnten, der Kunst des berittenen Bogenschießens. Sie hatten sich also am Morgen mit Pfeil und Bogen vor dem Stall der Schule versammelt und fünf Pferde für den Unterricht ausgewählt. Anschließend hatten sie sich zum Kamigamo-Schrein im Norden Kyotos begeben.
Sensei Yosa zügelte ihr Pferd vor den Schülern, die am Anfang der Bahn warteten. Sie band sich die langen schwarzen Haare zurück und zeigte dabei ihr ungewöhnlich schönes Gesicht mit den kastanienbraunen Augen. Hätte nicht eine aus der Schlacht davongetragene tiefrote Narbe die rechte Wange verunstaltet, hätte man sie statt für eine Kriegerin auch für eine königliche Geisha halten können.
»Die Art des kisha, die ihr lernen werdet, heißt yabusame«, erklärte sie und stieg mit einer fließenden Bewe-gung vom Pferd ab. »Ihr verbessert dadurch eure Fähigkeiten als Bogenschützen und vollzieht außerdem ein Ritual, das den Göttern gefällt und sie unserer Schule geneigt macht.«
Sie zeigte die Bahn
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