Samurai 3: Der Weg des Drachen
etwas Verschlagenes, Hinterhältiges an. Jack hatte ihm noch nicht gesagt, woher er kam, doch offenbar wusste der Priester es schon aus einer anderen Quelle. Jack hätte nach so vielen Jahren natürlich liebend gern wieder einmal Englisch gesprochen, wollte sich aber nicht für dumm verkaufen lassen.
»Gerne Japanisch«, erwiderte er deshalb. »Oder Portugiesisch, wenn Ihnen das lieber ist.« Gott sei Dank hatte seine Mutter, eine Lehrerin, ihm einige Brocken davon beigebracht.
Der Priester lächelte schmallippig. »Freut mich, dass ich es mit einem gebildeten Menschen zu tun habe. Ich fürchtete einen Moment schon, du könntest ein primitiver Schiffsjunge sein. Aber wir werden uns auf Englisch unterhalten. Bestimmt vermisst du deine Muttersprache. Ich bin Pater Diego Bobadillo, Bruder der Gesellschaft Jesu und Anführer der Missionare hier in Japan. Außerdem bin ich ein wichtiger Berater Seiner Hoheit Hasegawa Satoshi.«
Also das war der Mensch, dem er auf Bitten von Pater Lucius, dem Jesuitenpriester von Toba, das Japanisch-Portugiesisch-Lexikon hatte übergeben sollen.
»Ich sollte Sie aufsuchen«, platzte Jack heraus. »Ich kannte Pater Lucius.«
Der Priester hob eine Augenbraue, schien aber nicht weiter überrascht. Offenbar hatte Pater Lucius seinem Vorgesetzten von Jack berichtet.
»Er bat mich auf dem Sterbebett, dafür zu sorgen, dass Sie sein Lexikon bekommen. Leider wurde es gestohlen.«
»Das ist sehr schade, aber mach dir deshalb keine Sorgen«, antwortete der Priester mit einer gleichgültigen Handbewegung.
Jack war erleichtert und erstaunt zugleich. »Aber das Lexikon war Pater Lucius’ Lebenswerk. Er hat über zehn Jahre daran gearbeitet. Es sei das einzige seiner Art, sagte e r …«
»Weg ist weg.«
»Drachenauge hat es gestohlen, der Ninja.«
»Ich kann nicht behaupten, den Namen je gehört zu haben«, sagte der Priester stirnrunzelnd. »Aber was sollte ein Ninja mit einem Lexikon anfangen?«
»Er war nicht hinter dem Lexikon her, sonder n …«
Jack brach ab. Der Priester war schlau und verstand es, ihn zum Reden zu bringen, indem er Englisch mit ihm sprach. Wenn Jack nicht aufpasste, verplapperte er sich.
»Sprich weiter«, sagte Pater Bobadillo.
Da hatte Jack einen Einfall. Vielleicht konnte der einflussreiche Jesuit eine offizielle Suche nach Drachenauge anregen, sodass er den Portolan wiederbekam.
»Der Ninja wa r … hinter mir her«, verbesserte er sich. »Aber Pater Lucius meinte, die Jesuiten bräuchten ein solches Lexikon unbedingt, um ihren Glauben in Japan zu verbreiten. Sie wollen es doch bestimmt von dem Ninja zurückbekommen.«
»Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast: Wir stehen kurz vor einem Krieg«, sagte Pater Bobadillo mit beißendem Spott. »Ein Lexikon ist das geringste meiner Probleme. Ein viel größeres bist du.«
»Ich?«
Pater Bobadillo runzelte die Stirn. »Es stimmt doch, dass Pater Lucius dich nicht überreden konnte, dem rechten Glauben zu folgen, nicht wahr?«
»Ich folge bereits dem rechten Glauben«, erwiderte Jack heftig.
Pater Bobadillo stöhnte. »Wir wollen hier nicht über die Bedeutung von Wörtern oder über verlorene Seelen reden. Ich habe Seine Hoheit über die verräterischen Ziele der Engländer informiert.«
Er hob die Hand zum Zeichen, dass Jack ihn nicht unterbrechen sollte.
»Ich möchte klarstellen, dass deine Anwesenheit in dieser Burg nur geduldet wird, weil Masamoto-sama dich adoptiert hat. Wenn Seine Hoheit diesen Krieg gewinnt, wird der jesuitische Glauben Staatsreligion und Ketzer wie du sind hier nicht mehr willkommen. Endgültig nicht mehr.«
Jack fragte sich, wie der Priester so sicher sein konnte, dass die Jesuiten an die Macht kommen würden, doch dann fiel ihm das silberne Kreuz an Satoshis Hals ein. Offenbar hatte der Priester sich bei Satoshi und seinen engsten Vertrauten eingeschmeichelt und war zu Satoshis geistlichem Berater geworden.
»Ich will offen mit dir sprechen, Jack Fletcher. Du scheinst dich nicht ungeschickt anzustellen, sonst hättest du in Japan nicht so lange überlebt.«
Pater Bobadillo stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte die Fingerspitzen aneinander. »Als Engländer und Protestant bist du ein Feind meines Landes und meines Ordens. Aber angesichts deines Alters und deiner Bereitschaft, für Seine Hoheit zu kämpfen, mache ich dir einen Vorschlag. Wenn du mir keine Schwierigkeiten bereitest, verbürge ich mich persönlich dafür, dass du nach Kriegsende sicher nach
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