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Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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beobachtete ihn, aber es war klar, dass sie ihn fortgeschickt hatten. Dennoch war es vermutlich klüger, das Messer dort liegen zu lassen, wo es war. Nicht dass er selbst noch in Verdacht geriet.

    Sie bestatteten Robert im Schatten einer Tamariske, führten die Pferde aus der Höhle, füllten die Schläuche auf und hängten sie paarweise an die Packsättel. Auch Roberts Pferd wurde so beladen. Als sie endlich aufbrachen, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Stumm und stoisch ritten die Templer auf einem nach Osten führenden Saumpfad hintereinander her.
    Miraval folgte ihnen und betastete beim Reiten wieder und wieder Leonoras Nachricht. Es war wie ein Zwang, denn es kam ihm so vor, als knisterte der Brief an diesem Tag besonders gefährlich.

2.

    Die Schellen der Maultiere klingelten, als die Templer Damian und Olivier in die nahegelegene Kommanderie Brucafel brachten. Das weitläufige landwirtschaftliche Gut lag inmitten seiner Äcker, Wiesen und Rebfelder. Ein Dienender Bruder, der ihnen ihre Pflichten erklärte, brachte sie anschließend zum Präzeptor und befahl ihnen, sich bei ihm für ihre Rettung zu bedanken.
    Die Novizen ließen sich auf ein Knie nieder; der Präzeptor indes sah sie nur prüfend an.
    In der ersten Nacht schliefen sie vor Erschöpfung tief und traumlos, in der zweiten jedoch - auch weil das harte Mondlicht auf ihr Lager fiel - begannen sie leise miteinander zu flüstern.
    „Was war in der Scheune überhaupt los?“, zischte Olivier. „Was wollte die Magd von dir?“
    „Sie ließ mir eine Botschaft ausrichten.“
    „Von wem?"
    „Keine Ahnung. Ich soll bei den Templern bleiben.“
    „Aber weshalb?“
    „Wegen Montfort. Er ist hinter mir her.“
    Olivier setzte sich auf. „Hinter dir?“
    „Ruhe!“ tönte es von irgendwoher, „noch ein Wort und ihr hängt mit den Füßen voran am Balken!“
    Die Drohung wirkte. Steif wie ein Brett lag Damian auf seinem Strohsack. Er atmete nur flach, sehnte sich mit allen Fasern seines Herzens nach Saint-Polycarpe zurück, wo es „nur“ Löffel mit Nüchterling gab und man nicht aufgrund eines geflüsterten Wortes gehängt wurde. Was mochte es da erst für eine Bewandtnis mit dem „Kuss“ haben, vor dem ihn Gesine gewarnt hatte?
    Es fiel Damian schwer, an die Zukunft zu denken, ja, sogar nur an den nächsten Tag. Saint-Polycarpe existierte nicht mehr. Dérouca existierte nicht mehr. Wo sollte er fortan seinen Faden festmachen?
    Als er nach langem Grübeln einschlief, erschien ihm seine Mutter im Traum. Gefesselt an Händen und Füßen steckte sie zusammen mit einem roten Hahn im Zwiebelsack, der obendrein lichterloh brannte. Mit einem Aufschrei fuhr Damian hoch und starrte nach einem erneuten Rüffel eine halbe Ewigkeit in die Dunkelheit.

    "Toulouse rüstet sich für den Krieg gegen die Franzosen!", hatte Raymond seinen Verbündeten ausrichten lassen und sie in seine Stadt beordert. Dass der Krieg längst innerhalb der Mauern tobte, weil Fulcos Weiße Bruderschaft täglich drohend ihr Haupt reckte und Zwietracht unter den Leuten säte, wusste inzwischen jeder. Doch die von Roç ins Leben gerufene Schwarze Bußbruderschaft leistete erbitterten Widerstand.
    In die große Kriegsbesprechung platzte eine für Raymond furchtbare Nachricht: Baudouïn, sein jüngerer Bruder, so hieß es, hätte sich freiwillig Montfort unterworfen, ihm seine Burg Montferrand ausgehändigt und das Versprechen abgelegt, zukünftig auf Seiten der Kreuzfahrer gegen Toulouse zu kämpfen.
    „Im Namen des Allmächtigen, ein solcher Verrat und Treuebruch, verübt vom eigenen Bruder, das ist mein Ende!“, schrie Raymond auf. Sein Magen brannte und brennende Tränen liefen ihm über die Wangen, so dass Elzéar, sein Vogt, nach den Ärzten rufen ließ und alle ernsthaft befürchteten, dass er diesen Schlag nicht überlebte.
    Im Morgengrauen des darauffolgenden Tages kam die nächste Schreckensbotschaft: Die Wachen meldeten eine riesige Staubwolke. Über Nacht waren die Kreuzfahrer auf Sichtweite an die Stadt herangekommen. Es wurde ernst, auch wenn Toulouse vorgesorgt hatte: Die Kornspeicher waren gefüllt, die hölzernen Läden vor den Geschäften herabgelassen, Türen und Fenster verrammelt. Vor die wichtigsten Straßeneingänge hatte man schwere Ketten gespannt. Kampfbereit stand auch die Stadtmiliz, die sich aus Bürgern der Partidas , der zwölf Stadtviertel, zusammensetzte, um den jeweiligen Abschnitt der Stadtmauer zu verteidigen. Ähnlich verhielt es sich in den

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