Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Kittel.
O nein, nicht schon wieder!, dachte sie. Noch eine Untersuchung würde sie nicht ertragen, da würde sie auf der Stelle in den Wald abhauen und sich im Gebüsch verstecken.
Schredder, der Mann mit der riesigen Sonnenbrille, gehörte auch zu den Neuankömmlingen, und Ebersbach und Kroll waren ebenfalls eingetroffen. Wie immer leuchteten an ihrem Wagen die Scheinwerfer.
»Den zweiten Satz zuerst«, wiederholte Kim. »Daran ist nichts Ungewöhnliches.«
Dann lief sie zum Loch im Zaun und stieß ein lautes Grunzen aus, das Lunke hören musste, falls er irgendwo in der Nähe war und die Jäger ihn nicht am frühen Morgen erschossen hatten.
Sie fraß ein wenig, etwas Kohl, Kartoffeln, ein paar Äpfel und beobachtete dabei die ganze Zeit den falschen Munk. Er kümmerte sich gewissenhaft um sie, schaffte Ceciles Dreck aus dem Stall, brachte Stroh heran, füllte die Wassertröge auf und stellte auch die Eimer mit dem Körnerfutter bereit, wie Haderer es früher getan hatte. Dabei redete er unaufhörlich vor sich hin, ohne dass man genau verstehen konnte, was er sagte, aber jeder, der ihn beobachtete, begriff sofort, dass er viel allein gewesen war.
»Vielleicht mache ich Musik«, sagte er laut vor sich hin. »Fange in einer Bar an und suche mir dann eine Sängerin. Oder ich versuche mich als Maler. Genau wie Robert. Aber dann würden die Leute mich immer mit ihm vergleichen. Oder nein, ich fotografiere. Vielleicht sollte ich Dörthe fragen, ob sie eine Kamera hat und ich ein paar Fotos von ihr machen dürfte …«
Als Kim einmal laut aufgrunzte, um ihn zum Schweigen zu bringen, lächelte er sie an. »Meinst du auch, ich sollte sie fragen, kluge Kim?«, sagte er.
Sie wandte sich ab und suchte sich ein ruhigeres Plätzchen.
Nachdem sie gefressen hatte, legte sie sich in die Nähe des Lochs, vor das der falsche Munk lediglich eine Schubkarre geschoben hatte. In dem Schatten des einzigen Apfelbaumes, der im letzten Jahr zwei Früchte getragen hatte, ließ es sich aushalten. Leider hatte Brunst damals die beiden Äpfel erwischt. Wo blieb Lunke? Immer wieder suchte Kim den Wald ab und hob ihren Rüssel in den Wind, ob sie einen wilden Schwarzen in der Nähe riechen konnte. Doch der Wald schien verlassen zu sein. Nichts regte sich, nicht einmal ein Kaninchen hoppelte heran. Es war, als würden sie aus Angst vor den Jägern alle in ihren Verstecken hocken und sich nicht heraustrauen.
Auf dem Hof war dagegen große Hektik ausgebrochen. Schredder und Dörthe liefen umher, sahen sich jedes Bild an, das in Munks Atelier stand, und zwischendurch kamen auch Kroll und Ebersbach. Die beiden anderen, in weiße Kittel gekleideten Männer, von denen einer lange graue Haare hatte und der andere ein wenig hinkte, liefen zwischen dem Transporter und dem Haus hin und her und trugen Tische und Stühle hinein.
Kim spürte eine gewisse Erleichterung, während sie die beiden beobachtete. Also war der Transporter diesmal nicht ihretwegen gekommen.
Dann, als die Stühle alle in einer Ecke im Atelier aufgestapelt worden waren, begannen die Männer unter der Aufsicht von Schredder vorsichtig, die Bilder in den Transporter zu schaffen. Der Galerist trug wieder seine überdimensionale Sonnenbrille und gab bei jedem Gemälde, das aus dem Haus befördert wurde, laute, unfreundliche Anweisungen, die über die ganze Wiese zu hören waren.
Hinter seinem Rücken zogen die Arbeiter Grimassen und machten sich über sein Gebaren lustig.
Gelegentlich kam auch Dörthe an den Transporter und warf einen Blick hinein, aber sie hatte ein stilles, trauriges Gesicht, als würde man ihr etwas wegnehmen, das sie eigentlich nicht weggeben wollte.
»He, Babe!«, hörte Kim plötzlich eine Stimme hinter sich.
Sie fuhr herum. Lunke hockte im Gebüsch, nur seine braunen Augen lugten zwischen den Blättern hervor.
»Warum hast du vorhin nach mir gerufen?«, fragte er leise.
»Lunke! Endlich – bist du verletzt?« Kim sprang auf die Beine und bewegte sich auf das Loch zu. Der Schubkarre verpasste sie einen Stoß, so dass sie auf die Seite fiel.
»Hast du dir etwa Sorgen um mich gemacht?« Kim ahnte mehr, als dass sie es sehen konnte, dass Lunke spöttisch lächelte.
»Nicht direkt«, erwiderte sie zögernd, »aber Cecile hat etwas von Jägern erzählt, und da habe ich mich gefragt …« Sie verstummte. Nun, er brauchte ja nicht allzu genau zu wissen, wie sehr sie ihn vermisst hatte.
Ein paar Zweige im Gebüsch bewegten sich. Lunke kam jedoch nicht
Weitere Kostenlose Bücher