Saubere Verhältnisse
kümmerte sich um Buchhaltung und Verwaltung, und Malin und Louise, die bei den Kunden die Schreibtische aufräumten. Außerhalb des Kreises waren die Berater, Leute, die Vorträge hielten und Kurse leiteten. Mit manchen pflegten sie längerfristige und wiederholte Zusammenarbeit, andere beschäftigten sie nur einmal. Und dann gab es noch die vielen Kunden, Unternehmen und öffentlichen Institutionen. Auch hier gab es feste Partner und eher lose Verbindungen.
Aber diese drei, Yvonne, Lotta und Cilla, waren der harte Kern von »Deine Zeit«. Sie trafen sich hin und wieder zu solchen Mittagessen, meistens in Cillas Zimmer, sie hatte einen großen Tisch. Sie waren noch nicht beim Wesentlichen angelangt, sie aßen zuerst und tratschten ein bißchen.
Cilla hatte die Zeitung vor sich aufgeschlagen und las laut. Es war die Sonntagszeitung, sie hatte am Wochenende keine Zeit zum Lesen gehabt.
»Ich suche dich, du Frau aus Thailand oder Osteuropa, die das Leben wieder hell macht«, las sie weiter: »Mann, vorzugsweise schwarz, gesucht«. »Ich meine, verliebt man sich in einen Menschen, dann ist es eben so, dann kann es ein Afrikaner sein oder eine Thailänderin oder sonstwer. Man kann sich doch nicht zuerst die Rasse aussuchen. Das ist rassistisch, und es sollte nicht erlaubt sein, so etwas in einer schwedischen Zeitung zu schreiben.«
»Drückst du nicht ein bißchen sehr auf die moralische Tube?« sagte Lotta und brach ihr Karottenbrot in kleine Stücke. »Wenn eine Frau nun mal auf schwarze Kerle steht? Oder wenn so ein armer Mann Angst hat vor selbständigen schwedischen Frauen und eine kleine unterwürfige Thailänderin braucht, um sich wie ein Mann zu fühlen? Was geht uns das an?«
»Das meine ich nicht. Es ist die Art, wie sie es formulieren. Man kann sich heute nicht in ethnischen Begriffen ausdrücken. Das ist unzeitgemäß. Anstößig. Stell dir vor, ein Arbeitgeber gibt eine Anzeige auf: ›Spülkraft, vorzugsweise Türke oder Somalier‹. Oder: ›Kellnerin mit nordeuropäischem Hintergrund‹. Das wäre unmöglich.«
»Hast du nicht selbst eine Putzfrau aus Kroatien?« wandte Lotta ein.
»Bosnien. Aber ich habe keine bestimmte Nationalität bestellt.«
»Ja, ja, mich stört es nicht«, sagte Lotta. »Da ärgert mich schon mehr die hier: ›Mann, 47. Gutes Aussehen. Geordnete Finanzen. Gewinnendes Wesen. Sicheren Geschmack. Humor.‹ Was sagt ihr dazu?«
»Humor kann er definitiv nicht haben. Sonst hätte er sich über seine eigene Anzeige kaputtgelacht«, sagte Yvonne.
»Aber was habt ihr denn?« protestierte Cilla. »Vielleicht sieht er gut aus. Vielleicht hat er geordnete Finanzen, Humor und einen guten Geschmack. Habt ihr mal darüber nachgedacht?«
»Wenn er eine solche Perle ist, warum ist er dann allein?« fragte Yvonne.
»Gerade weil er so eine Perle ist. Und vor allem, weil er einen sicheren Geschmack hat. Es ist nicht leicht, einen Partner zu finden, wenn man selbst bestimmte Vorzüge aufzuweisen hat, das kann ich euch verraten«, fügte Cilla hinzu.
Yvonne wußte, daß Cilla aus Erfahrung sprach. Sie hatte zwei Hochschulabschlüsse (Psychologin und Personalverwalterin), ein gutes Einkommen, eine phantastische Kinnpartie und einen Körper wie ein Fotomodell, so daß sie trotz ihrer unfaßbaren zweiundfünfzig Jahre kurze Röcke oder schwarze Lederhosen tragen konnte. Sie ging jede Woche zu einem teuren Starfriseur und ließ sich ihr kurzes rotes Haar nachschneiden, es saß wie eine Bademütze auf ihrem wohlgeformten Schädel.
Cilla hatte in Direktionszimmern und Kontaktanzeigen gesucht, auf Golfplätzen und im Internet, aber keinen Ebenbürtigen gefunden. Eine Zeitlang war sie in einem Verein für Singles, die das gleiche Problem hatten wie sie, Club First Class. Einmal im Monat trafen sich die Schönen, Klugen und Reichen in einem Golf-Restaurant, um sich bei einem Glas trockenem Weißwein gegenseitig über Einkommen, Ausbildung und Golfhandicap zu informieren. Für Cilla war nichts dabei herausgekommen.
»Dann solltest du vielleicht antworten«, sagte Lotta.
Cilla stieß ein desillusioniertes Schnauben hervor und faltete die Zeitung zusammen.
»Okay«, sagte Lotta. »An die Arbeit.« Sie blätterte in einem dicken Spiralblock. »Der nächste Fortbildungstag. Ich habe mit dem Kunden gesprochen, sie sind für alles offen. Ich habe mir vorgestellt, daß Yvonne den Anfang macht mit
›Die Zeit gehört dir‹, praktisch und philosophisch, wie es so deine Art ist. Dann du, Cilla, mit
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