Saubere Verhältnisse
beeinträchtigt. Aber es ist nicht gefährlich.«
»Es tut auch weh. Im Nacken, in den Schultern und im Kiefer.«
»Das sind Verspannungen.«
Yvonne erinnerte sich an die Massagestunde, die sie während des Fortbildungstages auf der Fähre bekommen hatte. Da sie nicht weggehen konnte, hatte sie die Zeit genutzt und an den Programmpunkten teilgenommen, die sie interessierten.
»Ich habe mal einen Kurs in Entspannungsmassage gemacht«, fuhr sie fort, während Bernhard sich gequält den Nacken rieb.
»Die Putzfirma, für die ich sonst arbeite, hat ihn bezahlt. Für die ich Büros putze. Wir bekommen manchmal solche Fortbildungen. Sie wollen, daß wir Putzfrauen uns gegenseitig massieren. Zehn Minuten vor der Arbeit und zehn Minuten am Ende.«
»Aber das ist ja eine wunderbare Idee«, sagte Bernhard.
»Die Angestellten, bei denen wir putzen, bekommen natürlich richtige Massage. Von einer ausgebildeten Masseurin. Aber wir Putzfrauen massieren uns gegenseitig. Das ist die Billigversion.«
»Ja, ja. Aber besser als nichts.«
»Sie glauben, daß wir dann länger halten. Wir werden stark abgenutzt. Aber, wie gesagt, ich habe es ein klein wenig gelernt. Ich bin natürlich nicht richtig ausgebildet. Aber Soraya fand es okay.«
»Soraya?«
»Meine Kollegin. Wir putzen immer zu zweit.«
»Aha.«
»Wenn du es also versuchen willst. Aber dazu müssen wir ins Haus gehen.«
Bernhard lehnte den Rechen an die Bambusbüsche und machte eine Geste mit den Händen, die sagen sollte, er sei offen für alles.
»Natürlich will ich es versuchen. Wenn ich recht darüber nachdenke, glaube ich, daß wir in der Bank auch so etwas haben. Man kann irgendwo hingehen und sich auf Kosten der Bank massieren lassen. Ich habe es nie geschafft.«
Sie gingen über den Steinpfad zum Haus. Die Äpfel waren unter den Bäumen liegengeblieben. Bernhard hatte sich nicht um das Obst gekümmert, und jetzt war es zu spät. Die Luft war kühl, es war angenehm, ins Haus zu kommen.
»Du mußt den Oberkörper freimachen«, sagte Yvonne.
Bernhard knöpfte gehorsam das Hemd auf und schaute sich mit leuchtenden Augen um, als ob er an einem neuen, exotischen Ort wäre und nicht in seinem eigenen Wohnzimmer.
»Soll ich sitzen oder liegen oder was soll ich machen?« kicherte er.
Yvonne holte einen Stuhl vom Eßtisch.
»Hier. Setz dich da drauf, das Gesicht zur Lehne und den Rücken zu mir.«
Er machte sofort, was sie sagte, und setzte sich rittlings auf den Stuhl.
»Und jetzt?« fragte er erwartungsvoll.
»Einen Moment.«
Yvonne holte ein Kissen vom Sofa und legte es auf die hohe Rückenlehne. Sie hatte keine Ahnung, woher sie das hatte. Sie hatten es jedenfalls nicht an diesem Fortbildungstag gelernt.
»Du kannst den Kopf ans Kissen lehnen. Die Wange oder Stirn, wie du willst.«
»So?«
»Genau«, sagte sie und fragte sich, wo sie den sicheren Tonfall hernahm. »Eigentlich brauchte ich jetzt ein wenig Massageöl, aber es geht auch so.«
Sie begann, seinen Nacken zu massieren, er war breit und kurz. Er war muskulöser, als sie geglaubt hatte, die Muskeln waren hart und knubbelig, wie Baumwurzeln. Entlang der Wirbelsäule lief eine lange weiße Narbe, über der Hüfte begann eine zweite, die in seinen Hosen verschwand.
»Ein Unfall«, erklärte er, als er spürte, wie ihre Hände über die Unebenheit strichen. »Als ich noch jung war. Die Jugend ist eine gefährliche Zeit.«
»Ja«, sagte Yvonne und wartete, aber er sprach nicht weiter.
Sie legte ihre Handflächen neben seine Wirbelsäule und zog sie langsam nach unten. Er grunzte leise. Es gefiel ihm.
»Das hat Soraya am liebsten«, sagte Yvonne. »Sie findet es besser als Sex mit ihrem Mann.«
Yvonne spürte ein leichtes Schaudern unter den Händen, als ob er fröstelte. Als ihre Hände wieder bei den Schultern waren, drehte er sein Gesicht ihrer einen Hand zu und berührte sie leicht mit den Lippen, es war eine Geste der Zärtlichkeit und Dankbarkeit.
»Das ist Sirpas Favorit. Es hilft gegen Mopp-Arm«, flüsterte sie ihm ins Ohr und ließ die Hände über seine Schultern gleiten und dann in einer streichelnden Bewegung über seinen Brustkorb.
Er atmete schwer, legte rasch seine Hände auf ihre und hielt sie fest.
»Danke, Nora. Das reicht«, sagte er dumpf.
Er schob sie beiseite, stand auf und zog sein Hemd an.
»Habe ich etwas falsch gemacht?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich bin ein verheirateter Mann, Nora. Das solltest weder du noch ich vergessen.«
Er trug den Stuhl zurück
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