Scharfe Pranken
leises »Denk nicht mal dran« zuzischte.
Dee knurrte und ließ ihre leere Hand wieder an ihre Seite sinken. Ric schlang beide Arme um Blaynes Taille und setzte sich mit ihr hin.
»Warum leistest du uns nicht Gesellschaft, Dee?«, fragte er.
»Nee.«
»Oh, komm schon, Dee!«, grölte Blayne fröhlich. »Trink was mit uns. Oder wir tanzen!« Blayne versuchte, wieder aufzustehen, aber Ric hielt sie fest. »Wie wär’s, wenn ich dich mit allen bekannt mache?« Sie unternahm einen weiteren Versuch, sich zu erheben, aber Ric zog die übereifrige Wolfshündin sofort wieder auf seinen Schoß.
Mit einem entnervten Knurren und einem aufblitzenden Reißzahn wandte Dee sich ab und verschwand in der Menge.
»Geh nicht, Dee!«, rief Blayne ihr nach. »Dee! Deeeeee! «, bellte sie noch ein letztes Mal, bevor sie sich wieder an Rics Brust lehnte. Sie zog einen leichten Schmollmund. »Sie unternimmt überhaupt nichts mehr mit uns. Ich frage mich, warum.«
Rics und Locks Blicke trafen sich, aber beide drehten sofort wieder den Kopf weg, aus Angst, derjenige zu sein, der etwas sagte, das die süße, unschuldige, vollkommen ahnungslose Blayne Thorpe zum Weinen brachte.
Blayne fing Gwens Blick ein, aber beide drehten schnell wieder den Kopf zur Seite, aus Angst, so laut loslachen zu müssen, dass sie sich in die Hose pinkelten.
Glaubte Dee-Ann Smith ernsthaft, Blayne sei so dumm? Okay, Blayne hatte ihre Aussetzer. Das gab sie zu. Aber sie wusste, wann sie von einer dämlichen Kuh verfolgt wurde. Es war fast unmöglich, so viel Zeit mit dem O’Neill-Rudel zu verbringen wie sie, ohne sich gewisse Fähigkeiten anzueignen. Dank der O’Neills wusste Blayne immer, wann sie beschattet wurde. Außerdem hatte sie natürlich auch gelernt, wie man ein Auto kurzschloss, Geld wusch und Waffen nach Nordirland schmuggelte. Nicht, dass sie je etwas davon getan hätte. Das würde sie niemals. Aber das bedeutete nicht, dass sie nicht die Fähigkeit oder das nötige Wissen dazu hatte.
Aus irgendeinem Grund folgte ihr Dee-Ann Smith. Ständig.
Blayne hatte das Gefühl, dass Ric sie angeheuert hatte. Er machte sich Sorgen um Blayne. Sie wusste, dass mehrere Hybriden entführt und ihre Leichen erst Wochen oder Monate später mit aufgeschlitzten Kehlen oder zerfetzten Schlagadern gefunden worden waren, ihre Körper mit Narben überzogen. Auch wenn Vollblutgestaltwandler wie Bären oder Löwen von Vollmenschen, die mehr Geld als Verstand hatten, oft zu Jagdzwecken benutzt wurden, waren Hybriden immer ignoriert worden. Bis jetzt. Bis jemand beschlossen hatte, es sei eine gute Idee, sie in Pitbulls zu verwandeln.
Störte Blayne diese Schutzmaßnahme? Überhaupt nicht. Ein wenig Schutz von einer Südstaaten-Wölfin war tausendmal besser, als als Protagonistin eines illegalen Kampfes zu enden. Was Blayne hingegen nicht verstand und warum sie mit Dee-Ann und Ric ein Spielchen spielte, war die Frage, warum sie ihr nicht einfach die Wahrheit sagten.
Vielleicht befürchtete Ric ja, Blayne würde sich nicht wohl dabei fühlen, dass sie sozusagen Geld von ihm annahm. Und normalerweise hätte sie das auch nicht getan. Andererseits: Wenn sie die Wahl hatte, entweder ein kleines Almosen von einem Freund anzunehmen oder mitten in einem illegalen Kampf zu landen, fiel Blayne Thorpe die Entscheidung nicht schwer. Trotzdem gefiel es ihr nicht, dass die beiden so ein Geheimnis daraus machten. Und am wenigsten gefiel ihr, dass Ric, den sie zu ihren engsten Freunden zählte, nicht ehrlich mit ihr war.
War es grausam, mit ihm zu spielen? Vielleicht.
Würde Blayne damit aufhören? Zweifelhaft.
Zumindest nicht, solange sie ihr nicht die Wahrheit sagten. Außerdem brauchte es so wenig, um die Wölfin auf die Palme zu bringen. Alles, was Blayne tun musste, war, sie selbst zu sein. Oder besser gesagt: Sie selbst unter dem Einfluss imaginärer Aufputschmittel. Sie musste sozusagen den Verstärker aufdrehen. Und sie liebte es, den Verstärker aufzudrehen. Sie drehte den Verstärker auf, seit sie festgestellt hatte, dass es ihrem Vater hochnotpeinlich war.
Ehrlich, diese Militärtypen waren einfach viel zu leichte Beute.
Ein Schatten fiel auf ihre Runde, und Blayne setzte sich grinsend auf, da sie annahm, Dee sei zurückgekehrt. Als der Schatten jedoch immer weiterwuchs, wusste sie, dass es nicht Dee war. Es war Novikov.
»Hey!«, rief sie fröhlich und freute sich, dass er sich die Mühe gemacht hatte, herzukommen. »Du bist hier!«
»Hey«, erwiderte Novikov und
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