Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Bretonen lebte. Drei seiner Druiden waren Bretonen – Padern, Karanteq und Gwenhael. Derrien war sich nicht sicher, ob seine Druidenkraft der Anführerschaft ausreichen würde, sie bei der Stange zu halten, sobald sie erfuhren, was er getan hatte.
Ihm war klar, dass ein wenig mehr Licht in seinem Zelt nur minimalen Einfluss auf den Verlauf der Versammlung haben würde. Aber selbst minimalste Auswirkungen konnten hier entscheidend sein. Derrien hatte nicht alles auf diese eine Karte gesetzt, nur um sie dann leichtfertig zu verspielen. Deshalb setzte er sogar ein Lächeln auf. Es fühlte sich merkwürdig an. Lächeln war noch nie seine Stärke gewesen. Mit einem Seufzer lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und wartete.
»Herr Derrien?«, erklang Baturix’ Stimme von draußen.
Der Helvetier war der Erste. Der Mann hatte vermutlich seit sechsunddreißig oder gar achtundvierzig Stunden nicht geschlafen, und dennoch folgte er ohne Murren Derriens Befehl, während seine Männer von den Waldläufern mit heißem Eintopf undwarmem Met versorgt wurden. Derrien kannte niemanden, der diensteifriger und loyaler war als Baturix.
»Komm rein!«, rief er.
Der Zelteingang wurde aufgezogen, doch der Mann, der eintrat, sah im ersten Moment völlig anders aus als der Baturix, den Derrien in Erinnerung hatte. Er wirkte hager und schmal, seine Wangen eingefallen und mager. Baturix hatte tiefe Ringe unter den Augen. Der sonst recht sorgsam gepflegte Bart war einfach nur einmal quer abgeschnitten, pragmatisch und gedankenlos. Das Haar, das unter seiner Wollmütze zum Vorschein kam, war dunkel und strähnig. Der Helvetier verbeugte sich steif und begann, sich den Waffengurt abzuschnallen, den er über seinem Umhang trug. Derriens Herz schlug ein wenig schneller, als er die Scheide wiedererkannte, die an dem Gurt hing. Es war
Waldsegen …
»Herr«, murmelte Baturix und reichte ihm das Schwert.
Als Derrien danach griff, war es, als ob er die Klinge nie aus der Hand gegeben hätte. Das Gewicht der Scheide in seiner Linken war ihm so vertraut wie das seiner Arme oder Beine. Als er die Rechte um den mit Leder umwickelten Griff legte und die Klinge etwa eine Handbreit aus der Scheide zog, war ihm, als ob das kalte Metall kurz aufstrahlte. Es war natürlich eine Illusion, doch das magische Pulsieren des Druidenschwertes, das über seinen Arm in seinen Körper lief, war Realität.
Er hatte
Waldsegen
wieder. Für einen Moment waren Sorge und Unsicherheit vergessen.
»Herr?« Baturix räusperte sich umständlich.
Derrien begriff, dass er die Augen geschlossen hatte. Mit einem Ruck und einem metallischen Klacken schob er die Klinge zurück in die Scheide und sah den Helvetier an. »Was?«
»Herr, ich habe eine Frage an Euch.« Baturix sah ihm mit festem Blick in die Augen und holte tief Luft. »Warum habt Ihr Trollstigen an die Nain ausgeliefert?«
Derrien musste zwinkern, die Worte zweimal durch seinen Kopf gehen lassen, um zu akzeptieren, dass sie tatsächlich ausBaturix’ Mund gekommen waren. Eine solche Frage, so selbstbewusst ausgesprochen, war etwas, was ganz und gar nicht zu dem stets gehorsamen, beflissenen Hauptmann passen wollte. Offenbar hatte sich in den letzten Wochen nicht nur Baturix’ Äußeres verändert.
Eigentlich stand dem Helvetier eine solche Frage nicht zu. Doch es würden noch andere nachfragen, Männer, denen Derrien eine Antwort schuldig war, weshalb er beschloss, Baturix nicht wegen seiner Unverfrorenheit zu maßregeln. »Gedulde dich noch für ein paar Augenblicke«, antwortete er stattdessen und versuchte, seinen Ärger hinunterzuschlucken. »Sobald die Druiden hier sind und deinen Bericht gehört haben, wirst du eine Antwort bekommen. Setz dich! Die anderen kommen gleich.«
Der Helvetier neigte den Kopf und murmelte: »Habt Dank, Herr«, bevor er sich am Rand des Lagers niederließ. Es gab nur einen Stuhl in Derriens Zelt.
Die Druiden ließen nicht lange auf sich warten. Ryan der Fuchs war der Erste, ein kleiner, leicht untersetzter Ire Ende vierzig, mit wettergegerbtem Gesicht und zerzaustem, kupferrotem Haupthaar. Seinen ausladenden Bart hatte er mittlerweile abgeschnitten und nur die Koteletten stehen lassen. Ihm folgten Padern und Karanteq, die beiden Vettern, beides Kundschafter-Druiden, die sich zum Verwechseln ähnlich sahen, etwa eins achtzig groß, mit schlaksigem Körperbau. Die beiden Bretonen waren die Einzigen von Derriens Druiden, die sich noch immer die Mühe machten, ihr Gesicht glatt
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