Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
Toten, so dass die Verhandlungen vorzeitig abgebrochen worden waren. Die diplomatische Situation zwischen den Germanen und ihren Feinden hatte sich zum Schlechteren gewandt anstelle zum Besseren. Der Attentäter selbst war nie gefasst worden, ihm und einer Handvoll anderer war im Tumult der Nacht die Flucht gelungen.
    Jeder, der in dieser Nacht geflohen war, war verdächtig, dem Attentäter geholfen zu haben. Einem Attentäter, der
seine
Gudrun hatte töten wollen! Die wütenden Ahnenstimmen in Wolfgangs Kopf kreischten nach Vergeltung. Es war, als ob seine Müdigkeit nie existiert hätte. Töte sie! , brüllten sie und warfen sich wutentbrannt gegen das Gefängnis, das Wolfgang in seinem Kopf für sie errichtet hatte. Wir wollen ihr Blut sehen! Töte sie! Töte sie!
    Wolfgangs Herz begann, wild in seiner Brust zu schlagen. Bring sie um! , brüllte eine durchdringende Stimme, Auge um Auge! Er spürte kaum, wie sich seine Hand um das Heft des Kurzschwerts an seiner Seite legte. Du hast sie geliebt , keifte eine, sie haben sie angegriffen, jetzt ist sie tot! Der Zusammenhang war unlogisch, argumentierte der immer kleiner werdende, rationaldenkende Teil in Wolfgangs Verstand, schließlich war es dem Attentäter nicht gelungen, Gudrun zu töten. Sie war erst auf Trollstigen im fernen Norwegen umgekommen, gestern oder vorgestern. Aber die Ahnen hatten sich noch nie um Logik geschert.
    Sie ist im Turmkeller! , zischte eine ungewöhnlich kohärente Stimme. Nimm deine Autorität als Jarl und verschaffe dir Zugang! Quetsche sie aus, tu ihr weh, lass sie schreien! Sie weiß, wer noch dabei war!
    Rote Nebelschleier quollen in Wolfgangs Bewusstsein. Er nahm seine letzte Kraft zusammen und brüllte verzweifelt: »HAAAAAAAALT!«
    Plötzlich waren die Stimmen verschwunden. Die Krieger in der Nähe starrten ihn überrascht an, und selbst Herwarth und Æthelbert, die als Jarle die Ahnenstimmen aus eigener Erfahrung kannten, waren überrascht.
    Wolfgang atmete tief durch. So schlimm war es noch
nie
gewesen. Die Bilder, die ihm die Ahnen in den Kopf gesetzt hatten …
    »Alles in Ordnung?«, fragte Herwarth.
    »Ja …« Wolfgang wischte sich kalten Schweiß von der Stirn. »Es waren nur die Stimmen. Ich musste an das Attentat denken. An Gudrun …«
    Der Fürst nickte verständnisvoll und klopfte ihm sanft gegen die Schulter. »Wir vermissen sie auch«, murmelte er leise. Dann ging er mit Æthelbert im Schlepptau davon.
    Was wisst ihr schon!
, wollte Wolfgang ihm schon hinterherschreien, doch er hielt sich zurück. Ihm war klar, dass auch das sie nicht zurückbringen würde.

KEELIN (1)
     
     
    Harburg bei Hamburg, Deutschland
    Montag, 01. November 1999
    Die Innenwelt
     
    Dunkelheit umgab Keelin. Um sie herum war nichts als Dunkelheit. Dunkelheit und Stille.
    Es war die absolute Finsternis, die man nur in einem geschlossenen, fensterlosen Raum finden konnte, so düster, dass Keelin sich immer wieder durch Zwinkern vergewissern musste, dass ihre Augen tatsächlich offen waren. Es gab nichts zu sehen außer Schwärze.
    Mit einem Seufzer richtete sie sich in eine sitzende Position auf und lehnte sich an das kalte Mauerwerk des Verlieses. Die Kette, mit der ihre gefesselten Handgelenke mit der Wand verbunden waren, klimperte kurz. Dann war wieder alles ruhig.
    Die Abstände, in denen sie sich bewegen musste, wurden immer kürzer. Ihre Blase drückte, doch sie konnte sich noch immer nicht dazu durchringen, den hölzernen Eimer zu benutzen, den die Germanen in ihr Gefängnis gestellt hatten. Sie hatte keine Lust, hier ihre Hose herunterzuziehen. Zum einen wollte sie nicht auf dem Topf erwischt werden, falls sich irgendwann doch noch einmal jemand in ihrem Gefängnis blicken ließ, zum anderen hatte sie die Befürchtung, mit ihren gefesselten Händen ihre heruntergelassene Hose nicht mehr hinaufziehen zu können. Keelin konnte einfach nicht aus ihrer Haut. Die Vorstellung, hier unten ohne Hosen von einem Mann erwischt zu werden, machte ihr Angst. Solche Angst, dass sie lieber die Bauchkrämpfe ignorierte, mit denen sie von ihrer Blase bestraft wurde.
    Schon längst war die Kälte aus der Wand durch ihr Hemd in ihren Körper gedrungen. Fröstelnd starrte Keelin in die Finsternis.Sie fühlte sich ausgebrannt und leer. Sie konnte nicht einmal Ärger darüber empfinden, dass die Germanen sie in Fesseln gelegt und in dieses Verlies gesteckt hatten. Die Fähigkeit, Emotionen zu empfinden, schien in ihr abgestorben. Und dies war vermutlich auch

Weitere Kostenlose Bücher