Schattengefährte
schlängelte.«
»Das klingt hübsch«, meinte sie verträumt. »Gab es auch Rotkehlchen in deinem Garten? Eichhörnchen? Schwammen kleine silbrige Fische im Bach?«
Er kniff die Augen zusammen, als müsse er sich entsinnen, dann nickte er. Das wäre wohl möglich.
»Dies alles werde ich für dich erschaffen, Alina. Du sollst Blumen und Gräser um dich haben, das Rauschen der Zweige über dir vernehmen und dich über den Gesang der kleinen Vögel freuen.«
Sie sah prüfend in sein Gesicht, das vor Begeisterung glühte. Was schwatzte er da für ein Zeug? Er schien seinen Traum noch nicht verlassen zu haben.
»Erschaffen? Wie soll das gehen? Bist du ein Zauberer?«
»Es ist nicht so schwer, wie du glaubst«, fuhr er aufgeregt fort. »Es gibt Schächte, die bis hinunter in die Berghöhlen führen. Wer dort unten steht, kann das Tageslicht und den blauen Himmel sehen. In einer dieser riesigen Höhlen tief im Berg werden wir den Garten anlegen …«
Ungläubig starrte sie ihn an. Redete er im Fieber? Er glaubte doch nicht etwa wirklich daran, aus einer kalten, düsteren Höhle einen blühenden Garten zaubern zu können? Doch er redete beharrlich weiter, steigerte sich immer mehr in seine Idee hinein und erschien ihr dabei so glücklich, dass es sie rührte.
»Die Zwerge werden uns dabei behilflich sein, für Etains Tochter sind sie zu allem bereit. Wir werden fruchtbaren Erdboden herbeischaffen, Bäume und Kräuter pflanzen, die Zwerge werden die Schächte erweitern und neue in den Berg hacken, so dass das Licht die Pflanzen nähren kann …«
»Aber Fandur …«
»Ich werde dir einen weißen Palast bauen, Alina. Nicht so prächtig wie es der Feenpalast einmal war, aber zierlich und schön. Vögel werde ich in Käfigen herbeitragen, meinetwegen auch Eichhörnchen, wenn du unbedingt willst. Du wirst Blumen pflanzen das ganze Jahr über, denn die Zwerge werden deinen Garten mit glühender Kohle beheizen …«
»Das klingt alles wie ein Traum«, murmelte sie hilflos.
»Wenn man es nur ernsthaft will, dann wird es Wahrheit werden«, versicherte er ihr mit glänzenden Augen. »Du sollst bei mir glücklich sein, meine schöne Fee. Berge will ich dafür versetzen und Schluchten überwinden. Eis und Dunkelheit will ich für dich besiegen und im tiefen Berg soll Mirdirs Palast neu erstehen.«
Er schien ihr wie im Rausch, glücklich und von seinem Plan vollkommen eingenommen, redete er davon, dass er gleich nachher mit Morin und Gora einen passenden Ort auswählen wolle, um die Arbeit zu beginnen. Den Ruf des seltsamen Vogels, der sich nun wieder schrill und zornig erhob, schien er gar nicht zu hören.
»Es ist nicht leicht, das Herz einer Fee zu gewinnen«, sagte er schmunzelnd und umschloss sie fest mit den Armen. »Aber ich werde nicht eher ruhen, bis ich mein Ziel erreicht habe. Ohne Reue sollst du bei mir bleiben, einzig darum, weil du mich liebst.«
Sein Gesicht tauchte in ihr Haar, und er fand ihr Ohrläppchen, das er ganz vorsichtig zwischen die Zähne nahm, um daran zu knabbern. Alina spürte den süßen Schauer dieser Berührung, doch sie wehrte sich dagegen, ein deutliches Gefühl sagte ihr, dass hinter seinem irrsinnigen Vorhaben etwas verborgen war, das er ihr nicht eingestehen wollte.
»Weshalb ist es einfacher, Berge zu versetzen und in düsteren Felshöhlen blühende Gärten anzulegen, als im Hügelland mit mir zu leben?«
Er hielt mit seiner Beschäftigung inne und blies einen ärgerlichen Seufzer in ihr Ohr.
»Das habe ich dir doch erklärt«, sagte er unwillig.
»Weil du ein Rabenkrieger bist? Den Grund sehe ich nicht ein.«
»Dann bitte ich dich, mir einfach zu glauben.«
»Das fällt mir schwer, Fandur.«
Wieder gellte der grauenhafte Schrei durch die Burg, lauter als je zuvor und von solcher Schärfe, dass die Eiszapfen in der Fensternische mit einem hellen Klirren zersprangen. Fandur sprang zornig auf, fuhr in seine Stiefel und schlug den Wandteppich zur Seite. Ein Schatten strich vor dem Fenster vorbei, und Alina glaubte, die schwarzen Schwingen eines großen Raben gesehen zu haben.
»Ich muss fort«, verkündete Fandur düster, während er sein Gewand anlegte. »Doch ich werde noch vor dem Abend zurück sein. Bis dahin hast du Zeit, darüber nachzudenken, ob du mir Glauben schenken willst.«
Er raffte das Rabenkleid vom Boden auf, blieb dann einen Augenblick lang wie unschlüssig stehen, dann schwand der Zorn aus seinen Zügen, und er blickte sie mit einem flehenden Ausdruck
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