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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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erleichtert – wenngleich nicht so erleichtert, dass ich leichtsinnig geworden wäre.
    Feuer aus dem Mal einer Höllenbrut. Es war Teil unseres Abkommens, auch wenn Perry wütend auf mich war.
    Er hätte mich einfach nicht so nennen dürfen. Und er hätte keiner Frau mit Vergewaltigung drohen dürfen, auch keiner Sorrow.
    Dieser Gedanke unterbrach meine Konzentration, doch die Hitze ließ trotzdem nicht nach. Ich hörte ein Rascheln, schluckte und öffnete die Augen in eben dem Moment, als die letzte Faser des zähen Leders verkohlte. Nur leider konnte ich es nicht sehen unter der metallenen Handschelle, die meinen Arm in einem äußerst unbequemen Winkel ausstreckte und mir jegliche Bewegungsfreiheit nahm. Mit meinen Beinen war es das Gleiche.
    Die Sorrow sind gut darin, Leute festzubinden.
    Dann wurde mir klar, dass das leise raschelnde Geräusch von Samtroben stammte, die über den Fußboden huschten. Und im nächsten Moment mischte sich darunter ein anderer, furchterregender Laut.
    Ein langgezogenes Stöhnen wie von jemandem, der unter Drogen stand. Unmöglich zu sagen, ob es von einer Frau oder einem Mann stammte. Ein kalter Lufthauch streichelte über meine Haut und ich erschauderte.
    Die plötzlichen, harschen Sinneseindrücke, die dank der entblößten Narbe nun auf mich einprasselten, reichten völlig, um mir eine Ganzkörper-Gänsehaut zu verpassen. Hätte ich gewollt, hätte ich sogar den Kopf heben und sehen können, ob meine Nippel hart waren.
    Was für ein Zeitpunkt, nackt an einen Altar gekettet zu sein, Jill! Mit dir findet der Spaß einfach kein Ende! Ich atmete tief und leise ein, während ich beobachtete, wie sie in Paaren herantraten.
    Zwei. Vier. Sechs. Acht.
    Spätestens jetzt wurde mir irgendwie mulmig. Bisher hatte ich angenommen, dass Inez eine Abtrünnige war und auf eigene Faust handelte, aber natürlich auch nur, weil Belisa mir das so erzählt hatte. Auf einmal mehr als nur eine Sorrow vorzufinden, war ein ganz, ganz schlechtes Zeichen. Welches der verhüllten Miststücke war wohl die Schlampe, die meinen Lehrer umgebracht und mich so reizend manipuliert hatte?
    Zehn. Zwölf. Die letzten beiden trugen zwischen sich den bleichen Körper einer Frau. Und das undeutliche Stöhnen, das nun abermals erklang, kam von ihr. Sie war betäubt.
    Gott sei Dank, wenigstens wird sie keine Schmerzen haben, falls ich sie nicht mehr rechtzeitig retten kann. Himmel, wie um alles in der Welt soll ich hier nur rauskommen?
    Die Gestalten hatten ihre Gesichter allesamt hinter schwarzblauen Kapuzen aus Samt verborgen, doch die dreizehnte trat offen herein. Dunkles Haar fiel über ihre Schultern, in das die Kerzen blutrote Strähnen malten, als sie auf eine der Bronzepfannen zulief – diejenige, die direkt neben dem Opferaltar stand – und etwas hineinwarf. Es zischte kurz auf, dann waberten süße Dämpfe in die Luft.
    Ambra. Bernstein. Nelken.
    Der Weihrauch der Beschwörungsrituale. Ein neuerlicher Schauer rann mir über die Haut. Ich war kurz davor, in einen Schockzustand zu fallen.
    Nein, Julian! Hör zu. Beobachte. Leg dir einen Plan zurecht!
    Was für einen Plan? Ich war fester verschnürt als eine Weihnachtsgans. Doch der Gestank angekokelten Leders erinnerte mich daran, dass ich nicht völlig hilflos war.
    Denk nach, Jill. Und mach verflucht noch mal die Augen wieder auf!
    „Es wird dir nichts nützen, weißt du.“ Sie sprach leise und mit französischem Akzent, lullte mich ein, bohrte, drückte, suchte nach einem Weg in meinen Kopf. Auf Samtpfoten glitt sie dann zum Altar, diese Sorrow mit den blutenden Haaren.
    Plötzlich blickte ich in ein markantes, nicht unschönes Gesicht. Ihre Augen waren vollkommen schwarz, und ihre Aura war bis ins Mark verwüstet. Dann stieg mir ein neuer Geruch in die Nase, der in Schwaden aus Scharlachrot und Gold von ihrer Robe aufstieg.
    Sie war weit mehr als eine Hohepriesterin. Dieser Duft konnte nur eins bedeuten.
    Ich blickte der Großen Mutter eines Sorrow-Hauses entgegen, einem Haus der Leiden – einer der erfolgreichsten Gottesanbeterinnen, die die Welt je gesehen hatte. Nur noch eine Stufe unterhalb einer Mutterkönigin, einer brütenden Termite, die dazu fähig ist, wie eine Bienenkönigin den eigenen Stock zu verlassen, um einen neuen zu gründen. Fähig, lebensmüde Kinder zu sich zu rufen, damit sie ihr als Sorrow-Neophyten dienten.
    Mit anderen Worten – ich saß mächtig in der Tinte.
    In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken, ich war kurz vorm

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