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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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nur noch mein Vater und sein Wahnsinn zurückgeblieben waren, sah genau so schäbig und verlassen aus, wie ich es mir vorgestellt hatte. Seitdem Jonas’ Aufenthalt in der Psychiatrie auf unbegrenzte Zeit verlängert worden war, hatte sich niemand weiter um das Haus gekümmert. Es hätte mich auch schwer gewundert, wenn Sina mit ihrer Familie eingezogen wäre. Ihre kleine Wohnung war zweifelsohne ein besseres Zuhause für die zwei Kinder als dieser düstere Ort, an dem man auch ohne übersinnliche Begabung die Nachwirkungen der schlimmen Geschehnisse, die sich hier abgespielt hatten, wahrnahm.
    Unschlüssig blieb ich vor der offen stehenden Gartenpforte stehen. Kein Mensch war zu sehen, aus den umliegenden Häusern drang ein Mix aus Radiogedudel und den überdrehten Stimmen aus irgendwelchen Talkshows. Bislang hatte mich nur einer aus der Nachbarschaft wiedererkannt, und das war Kramers Bullterrier-Mischling gewesen, der freudig kläffend gegen seinen Zwinger gesprungen war. Obwohl mir keineswegs der Sinn danach stand, schaute ich mich um. Die ganze Straße machte nicht viel her, lauter heruntergewohnte Bauten mit einem Streifen Grün drumherum, der mal mehr, mal weniger gepflegt aussah.
    Unser Garten bestand nur aus Rasen, oder viel mehr aus Moos. Früher hatte meine Mutter ein paar Blumenbeete gehabt,
doch die waren schon längst zugewuchert. Einmal hatte ich begonnen, sie wieder freizulegen, aber Jonas hatte mir mit ein paar kräftigen Ohrfeigen deutlich gemacht, dass er nicht viel von solchen Sentimentalitäten hielt. Sogar der Apfelbaum – ein hübsches kleines Ding, dessen Früchte ich in der Regel bereits im halb reifen Zustand aß, einfach weil es so großartig war, etwas im eigenen Garten zu ernten – war einem Wutanfall meines Vaters zum Opfer gefallen, als gerade niemand anderes greifbar gewesen war. Die Axt, die er dafür verwendet hatte, hatte ich noch am Abend im Meer verschwinden lassen. Halb aus Rache, halb aus Furcht, er könnte sie ansonsten eines Tages gegen mich einsetzen. Jonas’ Wahnsinn hatte nicht erst eingesetzt, als er mir die Zeichen in den Arm geritzt hatte. In dieser Hinsicht war ich mir sicher.
    Alles an dem Haus sah so aus wie immer, einmal davon abgesehen, dass in roter Schrift »Mörder« quer über die Eingangstür gesprayt stand und das Küchenfenster eingeworfen war. Irgendjemand hatte daraufhin von außen eine Folie über das Loch geklebt, die ich jetzt ablöste. Dann stieg ich ein, was angesichts der im Rahmen steckenden Glassplitter nicht gerade einfach war. Als ich in der Küche stand und meine schmutzigen Hände an der Jeans abwischte, stieg mir ein beißender Geruch in die Nase. Offenbar hatte bereits jemand anders den Weg durch das Fenster genommen und sich an der Einrichtung ausgetobt. Die Schubladen des Küchenschranks waren herausgerissen und der Inhalt über den Fußboden verteilt. Genau wie die wenigen Dinge, die der Kühlschrank hergegeben hatte. Die angetrocknete Lache mit den schwarzen Klumpen, die den Boden bedeckte, war dem zerbrochenen Glas nach zu urteilen Carbonarasoße gewesen. Na, mal gut, dass das alles bereits hart geworden war, wobei es auch so noch scheußlich stank. Den
Bier- und Schnapsvorrat, den Jonas stets im Kühlschrank aufbewahrte, hatten die Besucher freundlicherweise nicht gegen die Wände geschmissen, sondern kurzerhand mitgenommen. Genau wie den Fernseher, wie ich beim Gang durch das Wohnzimmer feststellte. Wer auch immer sich das alte Ding unter den Nagel gerissen hatte, ich wünschte ihm viel Spaß damit.
    Während ich die Treppe hochstieg, konnte ich weitere Schmierereien an den Wänden lesen. »Kinderquäler« und »Mögest du in der Hölle schmoren, du Schwein« waren noch die harmloseren Verwünschungen. Welche Befriedigung mochten diese Verunglimpfungen den Leuten wohl bringen, die sich fünfzehn Jahre lang nicht darum geschert hatten, dass Jonas Bristol seine Familie rund um die Uhr tyrannisierte?
    Als ich im oberen Flur ankam, wusste ich nicht, in welches Zimmer ich zuerst gehen sollte. In mein altes Zimmer, das Badezimmer oder in den Raum, in dem Jonas geschlafen hatte … das war wie die Wahl zwischen Pest und Cholera.
    Ich wollte hier nicht sein.
    Meine Vergangenheit als Sam Bristol, der in diesem verrotteten Haus aufgewachsen war, hatte ich mit meinem Eintritt in die Sphäre hinter mir gelassen. In den letzten Monaten hatte ich kaum einen Gedanken an meine Zeit in diesem Haus verschwendet. Fast war es mir so vorgekommen, als

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