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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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loofen. Und unsereenen
holen se aus de Häuser für diese Drecksmaloche. Gestapo-
Methoden sind det.«
    » Die haben wenigstens die Richtigen abgeholt«, rief einer
vom gegenüberliegenden Rand des Bombentrichters.
    Der Satz traf Leo wie ein Schlag ins Gesicht. Von einem
Augenblick zum anderen war er stocksteif. Friedrich legte ihm
eine Hand auf die Schulter. Ruhig bleiben, sagte sein Blick.
Betont freundlich wandte er sich an den Dicken.
    »Sagen Sie, wohnen Sie alle hier in der Gegend?«
    »Na klar doch. Die janze Budapester Straße ham se durchjekämmt,
wa.«
    »Da kennen Sie nicht zufällig einen Kurt Mackensen?«
    »Doch, natürlich. Wohnt ja sozusagen nebenan, der Mackensen
Kurt. Wenn man det noch wohnen nennen kann in
die durchjepustete Bude.«
    »Also sind Sie sicher, dass er dort immer noch wohnt?«
    Der Dicke schaute sie verständnislos an. »Ja, wo soll er denn
sonst wohnen, wenn nüscht bei sich selber zu Hause, wa?«
    »Und wieso ist er dann nicht hier wie der Rest der Nachbarschaft?«
    Der Dicke lachte schallend auf. »Na, ick nehme an, det der
um diese Zeit zum Schippen schon wieder zu besoffen is, wa!«

Nach zwei Stunden war der Bombentrichter zugeschüttet, und
ein sowjetischer Offizier tauchte auf, um den Arbeitseinsatz zu
beenden. Es hätte zwar noch allerhand zu tun gegeben, aber
offenbar wollten die Russen selbst Feierabend machen und
hatten keine Lust mehr, die Arbeiter weiter zu beaufsichtigen.
Der Offizier redete ein paar Worte mit Bernhard, dann durften
alle die Schaufeln weglegen und waren entlassen. Halblaut
schimpfend zerstreuten die Leute sich. Nur Marlene wäre am
liebsten geblieben. Sie strahlte über das ganze Gesicht.
    »Kommt einfach wieder, wenn ihr Lust habt«, sagte Bernhard
zum Abschied.
    »Lust auf was?«, gab Friedrich bissig zurück. »Auf Strafkolonie?«
    Bernhard grinste fröhlich. »Was wollt ihr denn?«, fragte er.
»Wir holen die Leute von der Straße!«
    »Ja, aber die falschen«, sagte Friedrich finster.
    Bernhard blickte einer Gruppe von Arbeitern hinterher, die
sich in Richtung Ausgang trollten.
    »Da waren auch ein paar von den Richtigen dabei, das
kannst du mal glauben«, sagte er mehr zu sich selbst. Dann
wandte er sich wieder an die drei. »Meine Einladung war ernst
gemeint. Wenn ihr kommt, nehmt den Eingang in der Lichtensteinallee.
Da steht nie ein Posten.«
    Er winkte noch einmal lässig und stapfte davon. Sein Oberkörper
hatte von der Sonne eine rosarote Farbe angenommen.
    »Na dann, auf zu Mackensen«, sagte Friedrich. »Falls der
noch ansprechbar ist.«
    Sie eilten zurück durch die verwüstete Zoolandschaft.
    »Was hast du eigentlich genau vor?«, fragte Leo im Gehen.
    »Ich erzähle ihm, dass ich meinen Vater suche. Von dem
Absturz weiß er ja wahrscheinlich nichts. Und dann versuche
ich, das Gespräch auf diesen Einsatzstab zu bringen. Vielleicht
redet er ja von selbst.«
    »Kann ich mir kaum vorstellen. Der muss doch wissen, dass
es klüger ist, wenn er den Mund hält.«
    »Du unterschätzt die Selbstgefälligkeit dieser Leute. Und
wenn es stimmt, was der Dicke gesagt hat, dann lockert der
Schnaps ihm vielleicht die Zunge.«
    »Na, wollen wir's hoffen«, sagte Leo.
    Leo, Friedrich und Marlene passierten das Elefantenportal
und bogen in die Budapester Straße ein. Die Adresse von
Mackensen war nur wenige Hundert Meter entfernt auf der
gegenüberliegenden Seite.
    Wie der Dicke schon angedeutet hatte, war das Haus durch
einen Luftangriff schwer mitgenommen. Die Bombe, die auf
der Straße explodiert war, hatte ein Loch in die Fassade gerissen,
durch das man in die dahinterliegenden Räume der ersten
beiden Stockwerke schauen konnte. Trotzdem wohnten
hier noch Leute.
    Eine Haustür gab es nicht mehr, wahrscheinlich war sie von
der Wucht der Explosion aus den Angeln gerissen worden. Sie
traten in ein kühles Treppenhaus. In jedem Stockwerk gab es
vier Wohnungen, zwei nach vorn und zwei nach hinten. Leo
blickte auf die Namen an den Türen im Erdgeschoss. Nichts.
    Im ersten Stock wurden sie fündig: Mackensen stand auf
dem Messingschild neben der vorderen rechten Wohnung –
der Wohnung, die genau hinter dem Loch in der Fassade liegen
musste.
    Friedrich klopfte so laut an die Tür, dass es im ganzen Treppenhaus
widerhallte. Leo war unwohl. Er hatte keine Lust,
sich noch einmal solche Bemerkungen anzuhören wie vorhin
im Zoo. Und er wusste nicht, ob er den Mund halten würde,
falls Mackensen sich zu so etwas hinreißen ließ. Und warum
auch? Der Krieg war

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