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Schattensturm

Schattensturm

Titel: Schattensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Schatten warfen als Licht. Im vorderen Bereich waren einige Lager auf dem Boden, wahrscheinlich die der Garde des Feldherrn. Hinten befanden sich neben einem Feldbett und ein paar von Cintorix’ Möbeln auch ein Tisch und ein paar Stühle. Medredydd saß mit dem Rücken zur Tür, leicht zu erkennen an dem kunstvoll bestickten gelben Umhang mit dem Sonnensymbol über dem Stuhl. So intensiv, wie das Kleidungsstück gefärbt, so sorgfältig, wie es bestickt war, hatte es wahrscheinlich ein Vermögen gekostet. Ihm gegenüber saß die Spinne selbst, ein durchschnittlich großer Mann mit sorgfältig gescheiteltem grauem Haar und einem annähernd kreisförmigen Oberlippen- und Kinnbart. Der Obmann des Rates hatte sanfte, beinahe weibliche Gesichtszüge und blitzende, dunkle Augen. Zwischen ihnen lag ein aufgeschlagenes Buch.
    Sein Buch.
    Cintorix sah auf, als Derrien, ohne anzuklopfen und angekündigt zu werden, in die Halle platzte. Sein Gesicht war ungehalten, doch er ließ sich nicht dazu herab, eine stärkere Emotion zu zeigen. Medredydd dagegen enttäuschte Derrien nicht. Mit selbstgerechter Stimme rief er: »Was geht hier vor?«
    Ohne Antwort zerrte Derrien Baturix durch die Halle und stieß seinen Kopf auf den Tisch, so heftig, dass die schnelle Bewegung feine rote Blutspritzer auf dem Buch und Cintorix’ blassen Händen hinterließ. Derrien beugte sich zu Baturix auf die Platte. »Jetzt erzähl deinem Herrn, was du getan hast!«, zischte er, die Wut kaum unter Kontrolle.
    »Herr!«, flüsterte Baturix mit gepresster Stimme. »Verzeiht, dass ich … dass ich das Buch des Fürsten Derrien gestohlen habe, um es Euch geben zu können!«
    »HURENSOHN!«, schrie ihn Derrien an. »ER war es! Er hat dir den Auftrag dazu gegeben!« Damit zeigte er mit dem Finger der freien Hand in Cintorix’ Gesicht.
    »Es gab keinen Auftrag«, stöhnte Baturix.
    »NATÜRLICH gab es einen Auftrag!«
    »Nein, Herr!«
    »Bist du bereit, dafür deinen Kopf hinzuhalten, für diesen … diesen …« Ein kleiner Teil in Derriens Verstand war froh darüber, dass ihm kein geeigneter Fluch einfiel, den er dem Fürsten entgegenschleudern konnte, doch der größte Teil verfiel nur in noch größere Wut. »Willst du wirklich dein Leben opfern für diesen Intrigenschmied?!«
    »Herr«, murmelte Baturix, »ich schiebe nicht die eigene Schuld auf andere …«
    »VERFLUCHT sollst du sein!« Er zerrte den Helvetier wieder auf die Beine und schleuderte ihn nach hinten in Richtung des Ausgangs. Baturix strauchelte, fiel aber nicht und machte sich schleunigst davon. Derrien sollte es recht sein. Der Helvetier würde später noch genug für sein Verbrechen büßen, dafür würde schon Cintorix selbst sorgen. »Und Ihr?«, herrschte er die Spinne an. »Ihr wollt Eurem treuen Gefolgsmann auch nicht zur Seite eilen, indem Ihr es zugebt?«
    Cintorix’ Gesicht war noch bleicher geworden als zuvor. Seine Nasenflügel zitterten, doch ansonsten hatte er sich wirklich gut unter Kontrolle. Er hielt Derriens Blick mühelos stand.
    Doch hinter ihm sprang Medredydd auf. »Was beim göttlichen Licht Lugs wollt Ihr hier unterstellen, Derrien?«
    »Wenn ich Euch das tatsächlich noch erklären muss«, wütete Derrien, »dann seid Ihr noch einfältiger, als ich dachte, Häuptling!«
    Medredydds Gesicht wurde zu einer hässlichen Fratze, als er nach seiner Waffe griff. Doch Derrien flog geradezu auf seiner Wolke aus Wut und Ahnenhass,
Wasserklinge
war aus der Scheide und
sang
, noch bevor der Waliser sein Schwert auch nur halb gezogen hatte.
    »Wagt es, Eure Waffe gegen mich zu ziehen, Häuptling Medredydd!«, zischte Derrien, während
Wasserklinge
weiter mit hohemTon vibrierte. »Traut Euch! Ich konnte Euch noch nie leiden! Zieht Eure Klinge und streckt mich damit nieder, wenn Ihr es wagt!«
    Wenn Blicke töten könnten, hätte sich Derriens Hirn schon längst über die Spinne und die Wand dahinter verteilt. Medredydd war rasend und kämpfte ohne Zweifel mit den Ahnenstimmen, die ihn dazu trieben, tatsächlich sein Druidenschwert zu ziehen. Doch Derrien sah Angst und Zweifel in seinen Augen und wusste, dass er es nicht wagen würde.
    Derrien wartete noch zwei Augenblicke, bis der Entschluss, die Herausforderung nicht anzunehmen, in den Augen des Walisers endgültig gereift war, bevor er ihm den Todesstoß versetzte: »Dann nehmt Eure Hand vom Heft und haltet das Maul!« Er wandte sich erneut zu Cintorix. »Und nun zu Euch, Feldherr. Ich habe gehört, was hier im Lager vor

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