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Schattenwanderer

Schattenwanderer

Titel: Schattenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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stammelte der Bursche, »Mylord Arziwus hat mir aufgetragen, Euch nicht in den Turm des Ordens zu bringen. Er hat mich gebeten, Euch in eines der Häuser hier in der Nähe zu führen.«
    »Soll mir recht sein. Los!«
    Glaubte Arziwus etwa, ein Dieb würde sein magisches Heiligtum entweihen?
    Die vielen Menschen in den Straßen erklärten sich vor allem durch das Wetter. Es war für Juni erstaunlich schön. Normalerweise erinnert der Juni im nördlichen Vagliostrien eher an den frühen April irgendwo an den südlichen Grenzen des Königreichs. Das kalte Wetter hält sich noch den Juli über, dann tritt bis Anfang September erdrückende Hitze ein, die schließlich Regenschauern und bedecktem Wetter weicht, das in Schnee und Frost bis Ende März übergeht. Der Frühling beginnt bei uns erst im April. Heute brannte die Sonne jedoch fürchterlich. Ich fing sogar an, unter dem Umhang zu schwitzen. Und nicht nur ich allein. Viele Menschen zeigten schweißglänzende Gesichter. An mir ging ein Bewohner des Grenzkönigreichs vorüber, der in seinem Kettenhemd röstete und kochte. Die Grenzreicher trugen stets Rüstung, unabhängig davon, wo sie waren – eine Gewohnheit, die sie sich infolge der Nachbarschaft mit den Wäldern Sagrabas angeeignet hatten.
    Wenn dieses Wetter bis Ende August hielt, würde die Hälfte der Stadt noch unter der Hitze sterben. Erste Gerüchte waren bereits zu hören, der Unaussprechliche wolle uns auf diese Weise prüfen.
    »Garrett! He, Garrett!«
    Ich drehte mich in die Richtung um, aus welcher der Schrei kam. Neben dem Messer und Beil stand Gosmo und winkte mir verzweifelt zu.
    Zu spät, alter Freund, ich habe bereits einen Kontrakt. Einen tödlichen, wenn man so will. Trotzdem packte ich Arziwus’ Lehrling am Ärmel und bedeutete ihm mit einem Nicken, mir zu folgen. Der Bursche wollte zwar einwenden, seine Magierschaft sei um einiges wichtiger als ein Schankwirt, hatte auch schon den Mund geöffnet, doch ich drehte ihm einfach den Rücken zu und wechselte auf die andere Straßenseite hinüber. Dem jungen Magier blieb nichts anderes übrig, als mir zu folgen.
    »Was gibt’s, Gosmo?«, wollte ich leicht ungehalten wissen. »Warum teilst du der ganzen Stadt mit, dass ich Garrett bin?«
    »Also … äh …« Der bucklige Schankwirt warf einen fragenden Blick auf meinen Begleiter.
    »Lädst du mich zu einem Bier ein?« Ich nickte in Richtung Tür. »Dann können wir alles besprechen.«
    »Komm rein!«
    Die Schenke war leer, wie nicht anders zu erwarten. Die Gäste kamen erst gegen Abend, wenn die Dunkelheit heraufzog. Die Tische, Stühle und Hocker wirkten fremd, so einsam und verlassen. Der Kamin brannte nicht. Die Tische nahe der Tür waren mit umgedrehten Stühlen vollgestellt, deren Beine kläglich zur Decke aufragten. Die Sängerin hatte vorübergehend die Profession gewechselt und fuhrwerkte eifrig mit einem Putzlappen herum. Einer der Türsteher half ihr. Gosmos Leute waren wirklich vielseitig.
    »Geh vor, Garrett, zur Theke, dein Bekannter soll sich derweil hier hersetzen. Was wollt Ihr trinken, junger Herr?«
    »Wasser.« Der Lehrling des Magiers fühlte sich nicht wohl, da er sich zum ersten Mal in einer solchen Einrichtung befand. Seinem Gesicht hatte sich zudem die Verwunderung darüber eingemeißelt, sich aus freien Stücken an einen derart zweifelhaften Ort begeben zu haben.
    Gosmo setzte eine finstere Miene auf und schaute mich an. »Mit wem hast du dich denn da eingelassen?«
    Ich zuckte die Achseln, und Gosmo brachte ein volles Glas Wasser an den Tisch des Zauberlehrlings, stellte sich anschließend mir gegenüber hinter die Theke, um einen Krug mit Bier aus einem gut getarnten Fass zu füllen. Es war sein Spezialfass, er selbst trank ausnahmslos von diesem Bier und teilte es selten mit jemandem. Ich nahm einen großen Schluck und nickte Gosmo anerkennend zu. Das Bier war in der Tat vorzüglich. Der alte Gosmo mutete seinen Eingeweiden nicht dasselbe Gebräu zu, das er ohne falsche Scham den meisten seiner Stammgäste vorsetzte.
    Der ehemalige Dieb verzichtete diesmal auf sein Bier, trippelte nervös von einem Bein aufs andere und sah mich immer wieder angstvoll an. Was hatte er denn? Da er jedoch kein Wort sagte und ich noch nie an übermäßiger Neugier gelitten habe, trank ich schweigend mein Bier und wartete auf eine Erklärung des Schankwirts.
    Gosmo fing allmählich zu schwitzen an. Die Hitze? Wohl kaum. Ich stellte den leeren Krug ab, blickte zu dem ungeduldig auf seinem

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