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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird Kostenlos Bücher Online Lesen
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Erica zu Alison? Hatte Erica mehr als nur ihre Kette zurückgelassen, vielleicht etwas Wertvolles, was sie in dem Haus versteckt hatte? Und war das der Grund dafür, dass Alison auf meiner Schwelle aufgetaucht war und sich alle nur erdenkliche Mühe gegeben hatte, sich mit mir anzufreunden? Was glaubte sie, was ich besaß?
    »Gütiger Gott«, sagte ich, nahm leicht benommen meine Handtasche, rannte die Treppe hinunter und stürmte aus dem Haus. Glaubte ich wirklich, dass Alison vorhatte, mein Häuschen bis zum Ende der Woche zu räumen? Dass Lance und sie mit leeren Händen abziehen würden?
    Ich stand wie gelähmt neben meinem Wagen und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nur, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, dass ich nicht länger im Haus bleiben konnte und dass ich mit jemandem reden musste.
    Ich musste mit Josh reden.
    Mit neuer Entschlossenheit ging ich ins Haus zurück, schloss die Haustür hinter mir ab und marschierte zielstrebig zu dem Telefon in der Küche. Ich tippte die vertraute Nummer und wartete, während das Telefon einmal, zweimal, dreimal klingelte, bevor jemand abnahm.
    »Schwesternzimmer Station vier, hier ist Margot.«
    »Margot, hier ist Terry.« Verzweiflung klang in meiner Stimme mit, als hätte sie jemand in einen tiefen Abgrund gestürzt.
    »Was ist los? Du klingst ja furchtbar.«
    »Ich glaube, ich kann heute nicht zur Arbeit kommen.«
    »Sag nicht, dass dich dieser schreckliche Grippevirus erwischt hat, der gerade umgeht.«
    »Ich weiß nicht. Schon möglich. Kommt ihr auch ohne mich klar?«
    »Das müssen wir wohl. Wir wollen ja nicht, dass du krank zur Arbeit kommst.«

    »Es tut mir wirklich Leid. Es ist ganz plötzlich gekommen.«
    »Das tut es ja meistens.«
    »Gestern Abend ging es mir noch bestens«, schmückte ich weiter aus, obwohl ich wusste, dass ich lieber aufhören sollte, solange ich noch einen Vorsprung hatte, weil ich mich, je mehr Lügen ich erzählte, immer wahrscheinlicher selbst darin verstricken würde. Genau wie Alison.
    »Na, dann geh wieder ins Bett, nimm zwei Aspirin und trink möglichst viel. Aber das weißt du ja.«
    »Ich hab ein wirklich schlechtes Gewissen.«
    »Sieh einfach zu, dass du dich besser fühlst«, wies Margot mich an.
    Ich rannte die Treppe hoch in mein Schlafzimmer, zog die Schwesternuniform aus und eine blaue Hose und einen passenden blauen Pulli an. Die Uniform stopfte ich zusammen mit Kleidung zum Wechseln und frischer Unterwäsche in eine große Reisetasche, die ich in einer Ecke meines Kleiderschrankes aufbewahrte. Ich wusste nicht, wie lange ich fort sein und wo ich übernachten würde, aber eines war kristallklar – nicht hier.
    Würde Josh darauf bestehen, dass ich bei ihm übernachtete, fragte ich mich und packte mein gelbes Kleid mit dem tiefen Ausschnitt in die Tasche, falls er mich nett zum Abendessen ausführen würde. Vielleicht würde ich auch in einem dieser schrillen kleinen Art-déco-Hotels in South Beach absteigen. Durchaus möglich, dass Josh bei mir bleiben würde, malte ich mir tollkühn aus, öffnete die unterste Kommodenschublade und nahm das aufreizende lavendelfarbene Nachthemd heraus, das Lance mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Als ich es in die Tasche warf, musste ich über die Ironie, dass ich ein Geschenk meines Möchtegern-Mörders zu einem Rendezvous mit meinem Möchtegern-Liebhaber tragen würde, fast lächeln und merkte, dass ich nicht nur tollkühn war, sondern am Rand einer veritablen Hysterie stand.

    Ich atmete mehrmals tief ein, um mich zu beruhigen, weil ich wusste, dass ich mich albern, ja direkt irrational verhielt. Doch es war, als hätte ich, indem ich mich endlich zur Tat entschlossen hatte, einen viel zu lange unterdrückten Teil von mir von der Leine gelassen – den Teil, der das Leben um jeden Preis genießen, Wagnisse eingehen und Spaß haben wollte. Den Teil, der es leid war, ständig von Tod umgeben zu sein. Den Teil, der leben wollte.
    Als ich fertig gepackt hatte, überlegte ich, ob ich Josh anrufen und meinen Besuch ankündigen sollte, beschloss jedoch, ihn zu überraschen. Ich hatte keine Zeit für überflüssige Telefonate, sagte ich mir, aber vielleicht hatte ich auch nur Angst, dass er sagen würde, ich solle nicht kommen, weil er zu beschäftigt sei. Und das konnte ich nicht riskieren. Ich brauchte Josh. Er musste für mich da sein.
    Erst im Wagen fiel mir auf, dass ich meine Schwesternschuhe neben dem Bett hatte stehen lassen, und die würde ich brauchen, wenn ich am

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