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Schlaflos - Insomnia

Titel: Schlaflos - Insomnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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tot.«
    Sie nickte und fing an zu weinen. »Ich wusste es. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber irgendwie habe ich es doch gewusst.«
    »Es tut mir sehr leid.«
    »Wir hatten so viel Spaß, bevor sie gekommen sind - ich meine, wir waren nervös, aber wir haben auch viel gelacht und viel geplaudert. Wir wollten den Rest des Tages damit verbringen, uns auf die Rede vorzubereiten … Die Veranstaltung und Susan Days Rede.«
    »Wegen heute Abend muss ich mit dir reden«, sagte Ralph so behutsam er konnte. »Glaubst du, sie werden trotzdem …«
    »Wir haben Frühstück gemacht, als sie gekommen sind.« Sie sprach weiter, als hätte sie ihn gar nicht gehört; Ralph vermutete, dass sie ihn tatsächlich nicht gehört hatte. Nat sah über Helens Schulter, und obwohl sie noch hustete, hatte sie aufgehört zu weinen. In den schützenden Armen
ihrer Mutter sah sie voll lebhafter Neugier von Ralph zu Lois und wieder zu Ralph.
    »Helen …«, begann Lois.
    »Guckt mal! Seht ihr das?« Helen deutete auf einen alten braunen Cadillac neben dem baufälligen Schuppen, in dem sich damals, als Ralph und Carolyn gelegentlich hierher gekommen waren, noch die Apfelpresse befunden hatte; wahrscheinlich hatte er High Ridge als Garage gedient. Der Caddy war in einem schlechten Zustand - gesprungene Windschutzscheibe, verbeulte Schweller, ein Scheinwerfer mit Paketband geklebt. Die Stoßstange war mit Anti-Abtreibungs-Aufklebern gepflastert.
    »Mit dem Auto sind sie gekommen. Sie fuhren hinter das Haus, als wollten sie es in unserer Garage abstellen. Ich glaube, dadurch konnten sie uns zum Narren halten. Sie fuhren einfach nach hinten, als gehörten sie hierher.« Sie betrachtete das Auto einen Moment, dann schaute sie wieder mit vom Rauch geröteten, unglücklichen Augen zu Ralph und Lois auf. »Jemand hätte auf die Aufkleber an der verdammten Karre achten sollen.«
    Plötzlich musste Ralph an Barbara Richards bei WomanCare denken, Barbie Richards, die sich entspannt hatte, als Lois auf sie zugekommen war. Es hatte sie nicht weiter gekümmert, dass Lois etwas aus ihrer Handtasche holte; Lois war eine Frau, nur das zählte. Sandra McKay hatte den Cadillac gefahren; Ralph musste Helen nicht fragen, um das zu wissen. Sie hatten die Frau gesehen und die Aufkleber nicht mehr beachtet. We are Family, I’ve got all my sisters with me.
    »Als Deanie sagte, dass die Leute, die aus dem Auto ausstiegen, Armeekleidung trugen und bewaffnet wären, hielten
wir es für einen Witz. Das heißt, alle außer Gretchen. Sie sagte uns, wir sollten, so schnell wir könnten, nach unten gehen. Dann ging sie in den Salon. Um die Polizei anzurufen, vermute ich. Ich hätte bei ihr bleiben sollen.«
    »Nein«, sagte Lois und ließ eine Locke von Natalies feinem kastanienbraunen Haar durch die Finger gleiten. »Sie mussten auf die Kleine hier aufpassen. Das müssen Sie noch.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Helen düster. »Wahrscheinlich. Aber sie war meine Freundin, Lois. Meine Freundin .«
    »Das weiß ich, Liebste.«
    Helen verzog das Gesicht, es zerknitterte wie ein ausgewrungenes Putztuch, und fing an zu weinen. Natalie sah ihre Mutter einen Moment mit einem Ausdruck komischen Erstaunens an, dann fing sie ebenfalls an zu weinen.
    »Helen«, sagte Ralph. »Helen, hör mir zu. Ich muss dich etwas fragen. Es ist sehr, sehr wichtig. Hörst du mir zu?«
    Helen nickte, hörte aber nicht auf zu weinen. Ralph hatte keine Ahnung, ob sie ihn wirklich hörte oder nicht. Er sah zur Hausecke und fragte sich, wie viel Zeit ihnen noch bleiben würde, bis die Polizisten angestürmt kamen, dann holte er tief Luft. »Glaubst du, es besteht die Möglichkeit, dass die Veranstaltung heute Abend trotzdem stattfinden wird? Die geringste Möglichkeit? Du hast Gretchen nähergestanden als jede andere. Sag mir, was du meinst.«
    Helen hörte auf zu weinen und sah ihn mit ruhigen, großen Augen an, als könnte sie nicht glauben, was sie gerade gehört hatte. Dann füllten sich diese Augen allmählich mit einem erschreckend heftigen Zorn.

    »Wie kannst du das fragen? Wie kannst du das auch nur fragen? «
    »Nun … weil …« Er verstummte, da er nicht weitersprechen konnte. Mit Wut hätte er zu allerletzt gerechnet.
    »Wenn sie uns jetzt aufhalten, haben sie gewonnen«, sagte Helen. »Begreifst du das nicht? Gretchen ist tot, Merrilee ist tot, High Ridge ist mit allem, was die meisten Frauen besaßen, bis auf die Grundmauern niedergebrannt, und wenn sie uns jetzt aufhalten, dann haben sie

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