Schmetterlinge im Gepaeck
umgehängt und stellt etwas an seinem Verstärker ein. Gleich geht es los. »Danach stellt du uns einander vor, ja?«
Max war zu beschäftigt, um rauszukommen und Hallo zu sagen. Ich habe ein schlechtes Gewissen deswegen. Heute Abend habe ich wegen allem ein schlechtes Gewissen. »Klar. Versprochen.«
»Du hast vergessen zu erwähnen, dass er viel cooler ist als wir.« Sorge hat sich in ihre Stimme geschlichen.
St. Clair, ganz der Alte, hat offensichtlich schon wieder eine gehässige Antwort parat, deshalb freue ich mich, dass er genau in dem Moment den Mund öffnet, als Amphetamine mit ihrem Set loslegen. Seine Worte â und die aller anderen abgesehen von denen meines Freundes â gehen unter.
Die Intensität, die von Max ausgeht, spiegelt das brennende Gefühl wider, das ich in mir spüre. Seine Texte sind abwechselnd sanft und zart, bissig und grausam. Er singt darüber, sich zu verlieben und sich zu trennen und davonzulaufen. Es ist nichts, was nicht schon jemand anderes gesungen hätte, aber es ist die Art, wie er es singt. Jedes einzelne Wort ist mit harter Wahrheit durchtränkt.
Johnny und Craig spielen einen treibenden, aggressiven Rhythmus und Max attackiert mit Saiten zerreiÃender Wildheit seine Gitarre. Die Songs werden unverhüllt feindselig, als wäre nicht mal dem versammelten Publikum zu trauen. Und als es Zeit ist für die Akustik-Nummer, wird Maxâ übliches In-sich-Gehen streitlustig und zynisch. Seine bernsteinfarbenen Augen heften sich quer durch den Saal auf meine und seine boshafte Haltung springt auf mich über. Ich weiÃ, dass es falsch ist, aber dadurch begehre ich ihn nur noch mehr. Die Menge ist wie im Fieberwahn. Es ist der beste Auftritt, den er je hatte.
Und er ist für mich.
Als sie fertig sind, drehe ich mich zu meinen Freunden um und warte auf ihre Reaktion. Anna und St. Clair sehen schockiert aus. Beeindruckt, aber ⦠eindeutig schockiert.
»Er ist gut, Lola. Er ist richtig gut«, sagt Anna endlich.
»Hat er mal über eine Therapie nachgedacht?«, fragt St. Clair und Anna knufft ihm mit dem Ellbogen in die Rippen. »Autsch.« Ich funkle ihn böse an und er zuckt mit den Achseln. »Es war unglaublich«, fährt er fort. »Ich wollte bloà auf seinen unbändigen Zorn hinweisen.«
»Wie kannst du â¦Â«
»Ich muss aufs Klo«, sagt Anna. »Bitte bring meinen Freund nicht um, während ich weg bin. Und geh nicht weg, bevor ich Max kennengelernt habe!«
Der bahnt sich gerade einen Weg durch die Menge auf uns zu. Die Leute klopfen ihm auf den Rücken und versuchen, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, aber Max drängt an ihnen vorbei und hat nur Augen für mich. Mein Herz schlägt höher. Die dunklen Ansätze seiner blondierten Haare und sein schwarzes T-Shirt sind verschwitzt. Ich muss an den Abend denken, als wir uns kennengelernt haben, und in mir flammt etwas auf, das man fast animalisch nennen könnte.
Max versteift sich, als er mich umarmen will. Er hat St. Clair bemerkt. Er taxiert ihn mit vorgeschobenem Unterkiefer, doch St. Clair stellt sich ihm auf lockere Art vor. »Ãtienne St. Clair. Meine Freundin Anna«, er zeigt auf sie in der Menge, »und ich arbeiten mit Lola im Kino. Du musst Max sein.«
Mein Freund entspannt sich. »Richtig.« Er schüttelt St. Clairs ausgestreckte Hand und zieht mich dann zur Seite. »Komm. Lass uns rausgehen.«
Max. Ja, ich will mit Max zusammen sein.
»Danke, dass ihr gekommen seid. Sag Anna Tschüs von mir, ja?«
St. Clair sieht stocksauer aus. »Klar. Sicher.«
Max führt mich den Block runter zu seinem Lieferwagen. Er öffnet die Schiebetür, und ich bin überrascht, dass der Wagen noch leer ist. Wir klettern rein. »Die nächste Band benutzt Johnnys Schlagzeug. Ich hab die Jungs gebeten, ein paar Minuten zu warten, bevor sie den Rest einladen.«
Ich ziehe knallend die Tür zu und wir fallen übereinander her. Ich drücke meine Lippen fest auf seine. Er erwidert meinen Kuss noch fester. Es dauert nicht lange.
Wir fallen hin.
Ich schlieÃe die Augen. In meinen Schläfen pulsiert noch seine Musik. Ich höre das Klicken von Maxâ Feuerzeug, doch der darauf folgende Geruch kommt nicht von Zigarettenqualm. Er ist süà und pappig. Max bietet mir mit einem stummen Anstupsen etwas an. Ich lehne ab. Der Rausch, den mir seine Berührung
Weitere Kostenlose Bücher