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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Mutter hatte nicht mehr mit ihr gesprochen. Patrizia begriff, dass ihre Mutter tot war. Dennoch aß sie, jammerte, vegetierte dahin. Obwohl sie tot war. Patrizia hatte begonnen, Plüschtiere zu sammeln. Ihnen vertraute sie ihre Schmerzen, ihre Träume an. Aber ein Plüschtier gibt keine Antworten. Ein Plüschtier ist eine hübsche tote Sache. In diesem Augenblick hatte sie, genauso wie ihre Mutter, zu sterben begonnen. Sie setzte sich neben ihn aufs Bett. Scialoja legte seinen Kopf zwischen ihre kleinen Brüste. Sie sog seinen Geruch ein, gemeinsam mit dem Ledergeruch der Jacke. Sie zerzauste seine Haare.
    – Tut mir leid, flüsterte sie.
    Und in diesem Augenblick hatte er das unangenehme Gefühl, dass sie es allmählich ernst meinte.

Pino Marino und Valeria
    Der merkwürdige, sanfte und freundliche Junge hatte sie zu einem Weekend eingeladen, bei dem es nur um Drogen und Sex gehen sollte. Valeria hatte zugesagt. Vielleicht ein wenig enttäuscht. Er war doch wie alle anderen, obwohl er auf den ersten Blick anders wirkte. Gut, auch recht, so ist nun mal die Welt. Sie hatte etwas, was ihm wichtig war. Und er hatte etwas, was ihr sehr wichtig war. Sie beherrschte nur das, was ihm wichtig war. Und er hatte versprochen, ihr großzügig zu geben, was ihr so wichtig war. Allerbestes Peschwar. Vielleicht sogar unverschnitten. Sie musste sich schon seit geraumer Zeit mit minderwertiger Qualität zufriedengeben. Deshalb musst du bei der Dosis aufpassen, Valeria. Oder scheiß drauf, ein schöner Schuss und Amen, das beschissene Leben ist vorbei.
    Während der Fahrt über die Pontina, auf der es nur so wimmelte von Fernlastern und Verrückten, die ununterbrochen die Spur wechselten, hatten sie kein einziges Wort gewechselt. Er fuhr konzentriert, sie ließ gleichgültig die öde Landschaft der Peripherie an sich vorüberziehen, die Fabriken und Supermärkte in Pomezia, die Felder und die Schuppen in Aprilia, die unheimliche Silhouette der Vororte von Latina. Irgendwann hatte er eine Kassette mit neapolitanischer Musik eingelegt. Aber keine traditionelle Musik, nein,
neomelodische
Lieder. Sie hatte ihm zu verstehen gegeben, dass ihr das unerträgliche Gejeier auf die Nerven ging. Pino war rot geworden. Valeria hatte an den Knöpfen herumgedreht. Khaled war vielleicht okay. Bei den Klängen zu
Didi
schlief sie ein. Als sie aufwachte, waren sie in Sabaudia.
    – Als ich ein Kind war, bin ich mit meiner Familie hierhergefahren, sagte sie, nur um irgendetwas zu sagen, mit einem Anflug von Wehmut.
    – Die Wohnung gehört einem Freund, antwortete Pino Marino lächelnd.
    Und aus irgendeinem Grund fügte er hinzu:
    – Es ist eine sichere Wohnung.
    Valeria zuckte mit den Schultern. War ihr doch egal …
    Kaum waren sie aus dem Auto gestiegen, bat sie ihn um Stoff. Pino meinte, dass sie zuerst das Gepäck ausladen und wegräumen müssten. Sie hatte so gut wie nichts mitgenommen, gerademal ein paar Pullover, falls vom Meer her Kälte aufstieg, immerhin war es schon Herbst, und Wäsche zum Wechseln. Er trug mühelos einen Rucksack und einen Koffer.
    Als die Sache mit dem Gepäck erledigt war, bat sie ihn um Stoff.
    – Willst du nicht zuerst schwimmen gehen?
    – Spinnst du?
    Pino hatte auf das Schwimmen verzichtet. Menschenleerer Strand. Er erzählte ihr von der Schönheit des Berges. Er beschrieb das Profil Circes, sprach lange über ihren spitzen Busen und die dunkelgrünen Bäume, die bis zum Meer reichten und aussahen, als wären sie Circes Haare. Er hatte sie noch nicht einmal berührt und sprach wie ein Dichter. Sie hielt es kaum noch aus. Sie hatte seit zwölf, nein seit fünfzehn Stunden keinen Schuss mehr gehabt. Sie war fertig.
    – Stoff.
    – Willst du nicht was essen?
    – Nein. Verdammt, wir haben eine Abmachung getroffen. Fick mich und gib mir den Stoff. Oder gib mir den Stoff und leck mich am Arsch.
    – Ich hab Hunger. Ich glaube, du wirst noch warten müssen.
    Barbecue. Koteletts. Rotwein. Pino Marino sprach von Bildern, von der Schönheit Roms, von Caravaggio. Sinnloses Zeug. Worte, die er einer anderen Valeria hätte sagen sollen. Aber was zum Teufel wollte dieser Idiot von ihr? War er ein Verrückter? Würde er sie in Stücke hacken und auf dem Rost grillen? Sie war allerdings so müde, dass sie nicht einmal Angst verspürte. Immer müder. Das Verlangen nach Stoff brüllte in ihrem Hirn. Das Verlangen nach Stoff zerquetschte ihre Eingeweide. Stoff. Stoff. Stoff. Der Junge hatte aufgehört zu reden und betrachtete

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