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Schneegeflüster

Titel: Schneegeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind , Rebecca Fischer , Steffi von Wolff , Andrea Vanoni
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umzudrehen.
    »Sind nicht unsere«, sagte Tommy und deutete auf die Marihuanapflanzen. »Wir bewahren sie nur für jemanden auf. Wir gießen, schneiden zurecht, ernten manchmal …«
    »Nachts?«
    »Woher weißt du?«
    »Ach … nur so«, sagte Ben und überlegte, wie er am Schnellsten die Wohnung verlassen könnte.
    »Ne kleine Kostprobe?«
    »Nein, nein …«

    »Is super Qualität!«
    »Danke, aber bei meinem Heuschnupfen …«
    Tommy musterte ihn verwirrt. »Im Winter?«
    Ben lächelte nervös und hoffte, dass ihm schnell eine bessere Ausrede einfallen würde.
    »Kann ich dich mal was fragen?« Tommys Gesicht, sonst so chronisch gut gelaunt, legte sich in Sorgenfalten. »Ist dir irgendwas an Mandy aufgefallen?«
    »Aufgefallen?«
    »Na, wie sie ist. Zu mir.« Tommy seufzte und rieb sich über die Augen. »Ich glaube, sie will mich verlassen.«
    »Also, ich kenne sie ja überhaupt nicht, deshalb …«
    »Aber du bist doch - wie lange bist du mit deiner Frau zusammen?«
    Ben kratzte sich verlegen am Nacken. »Genau genommen seit der Schulzeit …«
    »Eben! Ihr habt diesen ganzen Beziehungsscheiß schon tausendmal durchgemacht! Du musst doch wissen, was die Warnzeichen sind.«
    »Das … kann so vieles sein.«
    »Ständig hängt sie am Telefon - und dann tut sie so, als hätte sich bloß jemand verwählt!«
    Ben schluckte. »Nun, das … muss nichts bedeuten.«
    »Was?«, fuhr Tommy ihn an. »Es ist doch wohl klar, wer da immer anruft! Das ist der andere! Der Kerl, für den sie wohl schon die ganze Zeit die Beine breit macht!«
    Ben verzog das Gesicht. Er wollte nichts mehr davon hören, schon gar nicht, während Tommy so nah vor ihm stand, dass Ben seinen Atem auf dem Gesicht spüren konnte.
    »Eins schwöre ich dir«, fauchte Tommy. »Wenn sie mich verlässt, bring ich sie um.«

    Ben erstarrte.
    »Ja, nich jetzt irgendwie sadistisch oder so«, erklärte Tommy. »Ganz schnell und sauber. Kopfschuss. Hier.« Er schob sich an Ben vorbei zur Toilette, kniete nieder und hebelte daneben eine Badezimmerfliese hoch. Aus dem Hohlraum darunter zog er eine Kleinkaliberpistole hervor.
    Ben wich unwillkürlich zurück.
    »Ganz ruhig. Hat Mandy eigentlich nur zur Selbstverteidigung gekauft.«
    »Gegen wen?«
    »Man weiß ja nie«, sagte Tommy achselzuckend. »Genau genommen könntet sogar ihr irgendwelche gemeingefährlichen Psychopathen sein.«
    Ben lächelte gezwungen.
    »Ich könnt’s echt nich ertragen, wenn Mandy mich verlässt.« Tommy seufzte verzweifelt. »Was soll ich denn ohne sie machen?«
    »ESSEN KOMMEN!«, ertönte von draußen plötzlich Mandys Stimme.
    »Scheiße«, fluchte Tommy und wedelte mit den Händen vor seinen tränenden Augen. »Sieht man mir irgendwas an? Ich will nicht, dass sie weiß, dass ich ihretwegen weine.«
    Ben schwieg. Starr vor Angst behielt er die Kleinkaliberpistole im Auge, die Tommy auf dem Toilettendeckel abgelegt hatte, während er sich im Badezimmerspiegel betrachtete. »Verdammt, meine Augen sind total rot!«
    Er fuhr zu Ben herum und grinste plötzlich. »Aber das können wir ja verschleiern.«
    »Ver…«
    »Rote Augen kriegt man nicht nur vom Heulen«, erklärte
Tommy und deutete auf die Marihuana-Gespenster, die hinter Ben in der Badewanne kauerten.
     
    Während Mandy den mit seiner blutroten Farbe und der klumpigen Konsistenz gewöhnungsbedürftig aussehenden Eintopf ins Wohnzimmer trug, eilte Ben in die Küche, um Theresa von seinem Badezimmererlebnis zu berichten. Theresas tränennasse Augen ließen ihn jedoch verstummen.
    Auf der Anrichte sah Ben ihr Handy liegen. Mit wem sie wohl telefoniert haben mochte? Ob sie deswegen weinte? Bevor er sie jedoch fragen konnte, war Mandy schon wieder da, hakte ihn und Theresa fröhlich unter und zog sie ins Wohnzimmer.
    Jetzt kauerten sie zu viert vor dem zu niedrigen Couchtisch, jeder einen Teller Eintopf vor sich. Und während Theresas gerötete Augen mit einer stillen Traurigkeit einhergingen, begleitete eine alberne Ausgelassenheit die von Tommy.
    »He, ich weiß was! Wir singen erst noch’n Lied!« Er strahlte in die Runde.
    »Was denn für’n Lied?«, fragte Mandy.
    »’n Weihnachtslied! Wie wär’s mit ›I’ve been looking for freedom‹?«
    »Das is doch kein Weihnachtslied«, protestierte Mandy.
    »Für mich schon.« Tommy lächelte in die Runde. »Das lief im Radio, als wir zum ersten Mal miteinander …«
    »Und was ist da jetzt drin?«, fragte Ben und deutete auf den Eintopf.
    »Lauter Geheimnisse«, antwortete Mandy

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