Schneerose (German Edition)
Hose und wirft sich
sein weißes Hemd über die Schultern, ehe er in Begleitung von Mary aus seinem
Zimmer hastet und zum nächsten Fenster im Erdgeschoss stürzt.
Tatsächlich! Vor
den Toren Moundrell Manors steht eine menschliche Frau mit dem Rücken zu ihnen.
Unruhig geht sie auf und ab, wobei ihre hautenge Jeans bei jedem Schritt ihren
knackigen Po betont. Eine hauchdünne rote Bluse schmiegt sich eng an ihren
schlanken, aber wohlgeformten Körper. Die blonden Haare sind zu einer
aufwendigen Hochsteckfrisur aufgetürmt, sodass ihr blasser Schwanenhals, wie
zur Provokation, komplett frei liegt.
Allein an dieser Aufmachung hätte er sie erkannt, doch als sie sich umdreht,
leuchten ihm smaragdgrüne Augen wie Signalfackeln durch die Dämmerung entgegen
und räumen jeden Zweifel aus dem Weg. Wie ist das nur möglich? Er hat ihr nie
gesagt, wo er wohnt. Wenn sie nur wüsste in welcher Gefahr sie ihn und vor
allem sich selbst damit bringt. Wenn Mary sie gesehen hat, ist sie sicher auch
von anderen Augen nicht unbemerkt geblieben.
„Soll ich schon
mal rausgehen und ihr sagen, dass du gleich kommst?“, bietet ihm Mary ganz
hibbelig an, aber Orlando schüttelt nur geschockt den Kopf und läuft zurück in
sein Zimmer, um seine Schuhe zu holen.
„Das ist aber
nicht sehr höflich! Man lässt eine Dame doch nicht vor der Tür warten. Wo ist
denn nur dein Benehmen geblieben?“
„Sie sollte gar
nicht hier sein!“, knurrt Orlando verärgert.
Normalerweise
verlässt er das Anwesen nicht durch den Haupteingang, sondern durch den Ausgang
im Keller, doch dieses Mal bleibt ihm wohl kaum etwas anderes übrig. Auch Marys
lauter Protest, dass sie mitwolle, hält ihn nicht ab, sodass er ihr die Tür vor
der Nase zuschlägt. Noch ist es still im Anwesen, wenn er Glück hat, haben die
anderen sie vielleicht noch nicht gesehen. Es würde jedoch schier an ein Wunder
grenzen.
Als Lia ihn
erblickt, setzt sie ein strahlendes Lächeln auf und will ihn bereits in eine
Umarmung ziehen, aber er greift nur grob nach ihrem Arm und zieht sie energisch
durch den italienischen Garten, direkt hinter die nächste mit Olivenbäumen
bewachsene Ecke. Anstatt verletzt zu reagieren, amüsiert Lia sich auch noch
über sein Verhalten und beginnt zu lachen, wobei sie ihm spielerisch über seine
Wange streichelt. Sie ist viel zu laut und zu aufgedreht.
„Was ist los?
Schämst du dich für mich?“, neckt sie ihn schelmisch und wenn Orlando es nicht
bereits an ihrem Outfit und ihren eisigen Augen erkannt hätte, dann spätestens
jetzt an ihrem betont verführerischen Benehmen und ihrer samtenen Stimme.
Jedoch hat dieses Gehabe auf ihn keinerlei Anziehungskraft mehr, ganz im
Gegenteil, es macht ihn wütend. Sie behandelt ihn wie einen kleinen, dummen
Schuljungen. Er weiß, dass Lia gerade nicht sie selbst ist, sondern eine
Person, die sie eigentlich gar nicht sein will.
„Woher weißt du
wo ich wohne?“, will er ernst von ihr wissen, während er sie in enormer
Geschwindigkeit hinter sich her durch die bereits verlassene Pfade des Parks
zerrt.
„Ich habe dich
gespürt!“, haucht sie ihm mit heißem Atem entgegen, bevor ihre Lippen sich an
seinem Ohrläppchen zu schaffen machen. Streng fasst Orlando sie an ihren
Oberarmen und hält sie von sich, sodass sie ihm in die Augen blicken muss.
„Du darfst NIE
wieder hier herkommen! Hast du mich verstanden?“
Lia lacht. „Ich
verstehe, du willst, dass unsere kleine Affäre geheim bleibt. Mir soll es recht
sein, dass macht es um so aufregender und so erübrigt sich auch direkt die
Frage, ob wir zu mir oder zu dir gehen.“
Ihr anzügliches
Grinsen geht ihm zwar unter die Haut und vor nicht mal einer Woche hätte er
nicht eine Sekunde gezögert das Angebot anzunehmen, doch das ist vorbei. So
anziehend er diese Frau auch fand, bevor er die wahre Lia kannte, stößt sie ihn
nun immer mehr ab und er sieht sie als das, was sie im Grunde auch ist: Ein Dämon. Aber Dämonen sind nicht
unbesiegbar, das weiß er aus eigener Erfahrung und das wird er auch Lia
beweisen.
So folgt er ihr
nach Hause und lässt sie ganz in dem Glauben ihr Spielchen mitzuspielen, jedoch
nur um sicher zu gehen, dass sie nichts Dummes anstellt. Noch eine vollkommen
untypische Tat für ihn, denn sonst war ihm immer egal was aus den Mädchen wird,
mit denen er seinen Spaß hatte. Aber keine von ihnen hatte er je kennen
gelernt, so wie Lia. Sie ist nicht mehr irgendein Mädchen für ihn, sondern
jemand Besonderes. Jemand, der es
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