Schrei in Flammen
woher dieses Geld stammen könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, keine Ahnung. Aber ist Schwarzgeld in dieser Branche nicht ziemlich üblich? Könnte das nicht die Erklärung sein?
»Doch«, sagte Jens, »das wäre möglich.«
»Tja, es tut mir leid, aber dazu kann ich Ihnen wirklich nichts sagen.« Er holte tief Luft.
»Wie hat sie eigentlich mit Ihnen Kontakt aufgenommen?«, fragte Katrine. »Ihre Telefonnummer ist nicht auf ihrer Telefonliste gewesen.«
»Zuerst hat sie mir einen Brief geschrieben. Einen ganz normalen, herkömmlichen Brief, in dem sie mir gesagt hat, wer sie ist und dass ihr, also unser Vater tot ist und sie mich gerne treffen würde. Sie gab einen Ort und einen Zeitpunkt an, falls ich sie treffen wollte.«
»Und das nächste Mal?«
»Das haben wir gleich bei unserem ersten Treffen vereinbart. Wir wollten uns drei Wochen Zeit lassen, in denen wir uns Gedanken machen und in uns hineinhören sollten, ob wir diesen Kontakt überhaupt wollten. Getroffen haben wir uns dann wieder am gleichen Ort und zur gleichen Zeit. Sie hat mir ihre Nummer gegeben, damit ich sie anrufen könnte, falls etwas dazwischenkam.«
»Und beim dritten Mal?«, fragte Katrine.
Er zuckte mit den Schultern. »Das Gleiche.«
»Haben Sie diesen Brief noch?«
»Nein, den habe ich leider nicht mehr«, antwortete Christian und zögerte etwas, bevor er fortfuhr. »Ich darf doch wohl mit Ihrer … Diskretion rechnen? Ich würde gern selbst entscheiden, ob, wann und wie ich meine Familie darüber in Kenntnis setze.«
»Hm.« Jens zögerte. »Es gibt da ein kleines Detail, das das ein bisschen schwierig macht. Wir müssen nämlich wissen, was Sie am Abend des 7. Mai gemacht haben. Das war ein Freitag. Und sollten Sie mit jemandem zusammen gewesen sein, brauchen wir von dieser Person eine Bestätigung.«
»Ich war … sagen Sie mal … fragen Sie mich nach einem Alibi?«, wollte Christian empört wissen.
»Das ist reine Routine.«
»Ja, aber … okay.« Er nahm sein Telefon und scrollte sich durch den Kalender. »Freitag, den 7. Mai war ich hier mit meiner Familie zusammen. Wir haben Take-away geholt, die Kinder haben Disney-Channel geschaut, und meine Frau und ich haben eine Flasche Wein getrunken.«
»Ausgezeichnet«, sagte Jens und stand auf. Katrine und Christian taten es ihm nach. »Das müssen wir der Ordnung halber nur noch von ihrer Frau bestätigt bekommen.«
»Das …«, Christian Letoft wurde vor Wut blass. »Dazu haben Sie kein Recht.«
»Was das angeht, sind wir nicht ganz einer Meinung«, sagte Jens entschieden.
Christian Letoft verließ den Raum ohne ein Wort und kam kurz darauf mit seiner Frau zurück. Sofia Letoft sah ängstlich aus.
»Ich verstehe nicht, um was es hier eigentlich geht«, sagte sie mit zitternder Stimme.
»Wir möchten nur von Ihnen wissen, wo Sie beide sich am Freitag, den 7. Mai aufgehalten haben? Abends.«
»Ja, also, da waren wir hier«, sagte Sofia und runzelte die Stirn. »Freitags haben wir nie irgendwelche Verabredungen. Das ist unser Familienabend. Da sind wir immer mit den Kindern zusammen.«
»Dann waren Sie beide den ganzen Abend hier?«
»Ja«, antwortete sie, jetzt mit festerer Stimme.
»Und um wie viel Uhr sind Sie ins Bett gegangen?«
»Das muss so …« Sie sah Christian an. »Das war doch der Abend, an dem wir den Film gesehen haben mit diesem …«
»Ich hatte zwei Filme ausgeliehen«, sagte Christian. »Einen Actionfilm und so eine romantische Komödie,
Die Hard 4
und
Love Actually
. Den haben wir uns zuerst angeschaut, und bei
Die Hard
bist du dann eingeschlafen. Gegen zwölf sind wir beide ins Bett gegangen.«
»Ja, ich bin auf dem Sofa eingenickt.«
»Wunderbar, danke, das war’s schon. Fürs Erste haben wir dann keine Fragen mehr«, sagte Jens und sah zu Katrine, um sich zu vergewissern, dass sie gleicher Meinung war.
»Fürs Erste?«, fragte Christian. Der Gedanke behagte ihm offensichtlich nicht.
»Ich muss Sie noch um Ihre Handynummer bitten«, sagte Jens. »Vielleicht können wir alles Weitere dann telefonisch regeln.«
Christian gab Jens seine Visitenkarte.
*
Ich begann, nachts von meinem Bruder zu träumen.
Von dem Moment an, als ich erfahren hatte, dass es ihn gibt, bis zu unserer ersten Begegnung – haben wir viel miteinander erlebt. Wir hatten so viel nachzuholen. All das Versäumte.
Ich wollte alles über seine Kindheit wissen und über seine Jugend bei seinen neuen Eltern. Wir würden zusammen lachen und weinen und uns
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