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Schrei in Flammen

Schrei in Flammen

Titel: Schrei in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanette Øbro , Ole Tornbjerg
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Opfer leiden?«
    »Ja, genau. Ein amerikanischer Psychologe hat das Böse auf 22 Stufen verteilt. Auf Stufe 22 steht der sadistische Mörder, der sein Opfer quält und diese Qualen genießt.«
    »Das klingt ziemlich dämonisch.«
    »Hier würde Svendsen argumentieren, dass es eben genau um den Genuss am Leid anderer geht, nicht um den Genuss, böse zu sein.«
    »Und wie heißen die anderen? Nein, warte, sag mir erst, was auf Stufe eins der Skala steht?«
    »In Notwehr jemanden zu töten.«
    »Hm, was ist böse daran, wenn man seine eigene Haut retten will? Also, was sind die übrigen Kategorien des Bösen?«
    »Da ist einmal das ›instrumentelle Böse‹. Dabei ist man sich bewusst darüber, anderen Schreckliches anzutun, tut es aber trotzdem, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Hier nennt er als Beispiel die Finanzmärkte.«
    »Dazu gehören dann wahrscheinlich die etwas intelligenteren organisierten Kriminellen, oder?«
    »Absolut. Und dann wäre da noch das ›idealistische Böse‹: Man tut Böses im Glauben, Gutes zu tun. In früheren Zeiten galt das etwa für Hexenprozesse oder die Kreuzzüge. In neuerer Zeit für Faschismus und Kommunismus, die Millionen Menschen das Leben gekostet und unfassbares Leid verursacht haben. Und dann natürlich der Terrorismus. Man könnte fast sagen, dass George Bush den Begriff wiederbelebt hat, in dem er nach dem elften September die Bezeichnung
Achse des Bösen
einführte.«
    »Wir Menschen sind schon merkwürdige Wesen, oder?«
    »Ja, und die Frage ist: Warum? Ist das unsere Natur? Oder unser kulturelles und historisches Erbe? Ich persönlich neige zu einer Fifty-Fifty-Erklärung: Wir sind beeinflusst von unseren Genen, das lässt sich nicht leugnen, aber wir werden auch in hohem Maße von unserer Umgebung geprägt.«
    »Und unser Aufwachsen und unsere Erziehung kehren die schlechtesten oder besten Seiten in uns hervor.«
    »Ja, oder von allem etwas? Die einen argumentieren, es wäre mehr Erbgut als Umwelt, die anderen sehen das umgekehrt. Und damit wären wir wieder bei den Wissenschaften gelandet.«
    »Und im Polizeipräsidium.«
    Jens parkte den Wagen, und sie gingen die Treppe hoch und überquerten den runden Innenhof.
    Hoffentlich ruft Bistrup bald an, dachte Katrine.
    *
    Die Nachmittagssonne erhellte mit ihren langen, goldenen Strahlen Majas leere Wohnung. Einer davon streifte Katrines Gesicht, als sie allein in Majas Wohnzimmer stand. Die Techniker waren fertig und hatten ihr grünes Licht gegeben, sich alles anzugucken.
    Jens war im Präsidium geblieben, nachdem er sich ihre Ergüsse über Torstens Benehmen angehört hatte. Sie war auf hundertachtzig gewesen, weil der Idiot sie nicht angerufen hatte. Wenn sie in der Wohnung fertig war, würde sie nach Hause fahren und sich endlich an den Computer setzen, um das verflixte Konzept für Melby fertig zu schreiben.
    Sie ging durch die drei Zimmer, nahm sich Zeit, beobachtete, spürte nach. Ging weiter. Machte Fotos. Schaute in Schubläden und Schränke.
    Alles war weiß und kühl. Ein totaler Kontrast zu den warmen Farben, mit denen der
Salon S
eingerichtet war. Als hätte Maja in ihrer Freizeit das Bedürfnis nach einem neutralen Ort gehabt. Sie hatte ein ausgeprägtes ästhetisches Gespür, besonders in den kleinen, edlen Einrichtungsdetails. Nichts in der Wohnung erinnerte auch nur im Entferntesten an den Salon. Die beiden Orte waren wie zwei getrennte Welten.
    Katrine begutachtete die Kleidung auf dem Stuhl, auf dem Sofa und auf dem Bett. Als hätte sie alles Mögliche anprobiert und danach auf das nächste Möbelstück geworfen. Die Sachen waren ein Vermögen wert, Markenware, edle Stoffe. Feminin, ohne romantisch oder rüschig zu sein. Im Garderobenschrank standen unendlich viele Schuhe, High Heels, Stilettos. Es gab auch Sportsachen und DVD s mit diversen Trainingseinheiten. Offenbar hatte Maja lieber zu Hause trainiert als im Fitnesscenter.
    Auf den ersten Blick war das die Wohnung einer ganz normalen, modebewussten Frau. Einer Krankenschwester, die über ein gewisses Vermögen verfügte oder einen ordentlichen Kredit aufgenommen hatte. Andererseits fiel Katrine auch etwas ganz anderes auf. Es fehlte etwas, etwas, das den Großteil von Mordermittlungen begleitete: die trauernden Angehörigen. Da war natürlich Ditte. Aber Familie, ein Partner, enge Freundschaften, längere Beziehungen … all das schien in Majas Leben nicht existiert zu haben. Majas Einsamkeit war auffällig. Aber Einsamkeit war ein

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