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Schwaben-Gier

Schwaben-Gier

Titel: Schwaben-Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Wanninger
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suchten. Die haben nur ein einziges Thema heute Mittag bei Frau Kindlers Beerdigung. Wenn wir die Frau nicht bald finden, greift die Revolverpresse das auf. Ich warte nur darauf, dass Bayer dort auftaucht. Und dann fangen die selbst an, den Friedhof umzugraben.«
    »Das ist zu befürchten, ja. Nichts Neues sonst?«
    »Nein. Niemand hat am Montagabend etwas Auffälliges gesehen. Auch nicht diesen Bosbach.«
    »Er führte am Montag seinen Hund nicht aus?«
    »Er wurde jedenfalls von niemandem gesehen. Was immer das zu bedeuten hat.«
    »Schade. Ich hatte schon gehofft, wir könnten unser Gespräch genau damit beginnen.«
    Neundorf winkte ab. »Ich habe mir überlegt, wie wir am besten vorgehen. Sollte er irgendetwas mit dem Mord oder dem Verschwinden Sabine Layers zu tun haben, muss er Angst bekommen. Ich hoffe, wir können ihn dann zu einer Kurzschlussreaktion zwingen.« Sie teilte ihm ihre Strategie mit, fand seine Zustimmung.
    Braig schaute auf seine Uhr. »Wir können«, sagte er.
    Sie verließen den Marktplatz, folgten der angegebenen Straße, suchten nach der Hausnummer.
    »Eines soll ich dir von der Engelsanbeterin noch mitteilen«, erklärte sie.
    »Ja?«
    »Richten Sie Ihrem Kollegen, der mich diese Tage besucht hat aus, er solle sich vor dem Mörder in Acht nehmen. Er hat es auf ihn abgesehen.«
    »Vielen Dank«, sagte Braig, »zum Glück weiß ich jetzt Bescheid.«
    »Die Frau kam mir vor wie meine Mutter«, meinte Neundorf, »immer nur schwarz sehen, um andere Leute mit ihrem Geschwätz zu beeindrucken.«
    Braig erinnerte sich, wie sie ihm vor längerer Zeit von der nervenaufreibenden Manie ihrer Mutter erzählt hatte, angeblich in die Zukunft sehen zu können, kam nicht mehr dazu, nach deren gegenwärtiger Verfassung zu fragen, weil sie die gesuchte Hausnummer erreicht hatten.
    »Hier, Immobilien Bosbach.« Sie wies auf das Schild, schaute in die Höhe. »Im ersten Obergeschoss. Du bist soweit?« Sie sah sein Nicken, drückte auf die Klingel. Wenige Sekunden später summte der Türöffner.
    Sie folgten den hellen marmorierten Stufen nach oben, kamen an mehreren hoch gewachsenen Blumenstöcken vorbei. Der Boden war frisch geputzt, roch angenehm nach dezentem Blütenduft. Sie erreichten das erste Obergeschoss, sahen einen freundlich lächelnden Mann Mitte vierzig an der Tür stehen, der sie aufmerksam musterte. Er hatte dünne blonde Haare, ein schmales, leicht gebräuntes Gesicht, trug einen anthrazitfarbenen Anzug, ein blauweiß gestreiftes Hemd und eine dezente dunkle Krawatte. Braig und Neundorf traten auf ihn zu, zeigten ihre Ausweise, stellten sich vor.
    »Braig vom LKA«, sagte er, wies auf Neundorf, »das ist meine Kollegin Neundorf. Wir haben miteinander telefoniert.«
    »Bosbach.« Ihr Gegenüber reichte ihnen der Reihe nach die Hand, öffnete vollends die Tür, bat sie einzutreten. »Freitagnachmittag genießt meine Sekretärin schon ihr Wochenende. Sie müssen also mit mir allein vorlieb nehmen. Aber ich denke, das ist sowieso in Ihrem Interesse.«
    Die Kommissare betraten das Büro, das aus einem hellen, mit vielen Pflanzen geschmückten Vorzimmer und einem großen, von einer weiten Fensterfront geprägten Raum bestand, nahmen an einem schmalen Tisch Platz, auf dem gelbe Primeln einen süßlichen Duft verbreiteten.
    »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
    Braig sah die fragende Miene ihres Gastgebers, bemerkte die schwarze Thermoskanne und die Tasse auf dessen Schreibtisch.
    »Sie sehen, es macht keine Arbeit. Er ist bereits fertig gekocht.« Bosbach hatte seinen Blick bemerkt, wies in Richtung seines Arbeitsplatzes.
    »Wenn es Sie nicht aufhält, gerne.«
    Der Mann holte die Kanne, stellte zwei leere Tassen samt Untertasse dazu, brachte sein eigenes Gedeck. »Milch, Zucker?«
    Braig und Neundorf bedankten sich, warteten, bis Bosbach ihnen Kaffee eingeschenkt hatte. Der Kommissar nahm sich eine der winzigen Milchpackungen, öffnete sie, träufelte die weiße Flüssigkeit in die Tasse. Er merkte, dass der Mann sie beobachtete, griff nach seiner Tasse.
    »Darf ich fragen, was Sie zu Ihrem Besuch veranlasst?«
    Braig stellte seine Tasse zurück, wischte sich mit der Hand über den Mund. »Der Kaffee schmeckt sehr gut«, sagte er.
    »Danke.« Bosbach hatte Mühe, seine Neugier in Zaum zu halten. Er schob sein Gedeck auf dem Tisch vor sich hin und her, trommelte mit dem Zeigefinger auf den Tellerrand.
    Braig ließ sich Zeit. »Wie definiert sich Ihr Beruf?«, fragte er.

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